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Dorftratsch

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
322 Seiten
Deutsch
Gmeiner Verlagerschienen am13.02.20122012
Niederösterreich 1971. In dem kleinen Ort Tratschen wird der Trainer der örtlichen Fußballmannschaft tot im Clubhaus aufgefunden. Verhaftet wird Manfred Sedlak, Platzwart des Vereins, der am Vorabend Streit mit dem Opfer hatte. Sofort kursieren im Dorf Gerüchte über das Motiv des angeblichen Mörders. Doch Postenkommandant Leopold Strobel hat Zweifel an der Schuld Sedlaks. Er findet heraus, dass mehrere Personen gute Gründe für den Mord gehabt hätten und stößt auf einen Sumpf aus Scheinheiligkeit, Neid und Korruption hinter der dörflichen Idylle.

Oskar Feifar, 1967 in Wien geboren, verbrachte die ersten 13 Jahre seines Lebens in der Großstadt, bevor er in die niederösterreichische Provinz zog. Heute arbeitet er bei der Kriminalpolizei und lebt mit seiner Lebensgefährtin in Salzburg. 'Dorftratsch' ist sein erster Kriminalroman.
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Verfügbare Formate
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Produkt

KlappentextNiederösterreich 1971. In dem kleinen Ort Tratschen wird der Trainer der örtlichen Fußballmannschaft tot im Clubhaus aufgefunden. Verhaftet wird Manfred Sedlak, Platzwart des Vereins, der am Vorabend Streit mit dem Opfer hatte. Sofort kursieren im Dorf Gerüchte über das Motiv des angeblichen Mörders. Doch Postenkommandant Leopold Strobel hat Zweifel an der Schuld Sedlaks. Er findet heraus, dass mehrere Personen gute Gründe für den Mord gehabt hätten und stößt auf einen Sumpf aus Scheinheiligkeit, Neid und Korruption hinter der dörflichen Idylle.

Oskar Feifar, 1967 in Wien geboren, verbrachte die ersten 13 Jahre seines Lebens in der Großstadt, bevor er in die niederösterreichische Provinz zog. Heute arbeitet er bei der Kriminalpolizei und lebt mit seiner Lebensgefährtin in Salzburg. 'Dorftratsch' ist sein erster Kriminalroman.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783839237885
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2012
Erscheinungsdatum13.02.2012
Auflage2012
Reihen-Nr.1
Seiten322 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.2429595
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;1;8
2;2;15
3;3;24
4;4;28
5;5;35
6;6;41
7;7;45
8;8;50
9;9;62
10;10;65
11;11;70
12;12;76
13;13;92
14;14;105
15;15;113
16;16;117
17;17;123
18;18;128
19;19;136
20;20;141
21;21;148
22;22;153
23;23;161
24;24;166
25;25;171
26;26;179
27;27;190
28;28;196
29;29;200
30;30;209
31;31;215
32;32;229
33;33;236
34;34;244
35;35;254
36;36;260
37;37;267
38;38;271
39;39;277
40;40;283
41;41;294
42;42;301
43;43;309
44;44;314
45;Nachwort;321
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Leseprobe

1. Kapitel

Bevor ich meine Geschichte erzähle, musst du wissen, dass es ein Irrglaube ist, dass in den kleinen Dörfern auf dem Land ein jeder alles über den anderen weiß. Jeder kennt einen jeden und kann irgendwas über ihn erzählen, aber die Wahrheit, und damit meine ich die richtige Wahrheit, die kennen die wenigsten. Weil, was hinter den verschlossenen Haustüren der Leute passiert, bleibt auch auf dem Land oft im Verborgenen. So und nicht anders war es damals auch bei uns in Tratschen. Ein kleines, abgelegenes Dorf, umgeben von Wiesen, Feldern und Weinbergen, wo die Leute in der Hauptsache von der Landwirtschaft gelebt haben. Der Ort hat fast ein bisschen verschlafen gewirkt damals. Ruhig und friedlich hat er ausgesehen. Das war er im Grunde auch. Vielleicht sogar ein bisschen zu ruhig. Rundherum hat es auch nicht wirklich was Nennenswertes gegeben. Nur sehr viel Gegend, wie man so sagt. Noch dazu war Tratschen fast schon das Ende der Welt. Zumindest an seiner nördlichsten Seite. Denn dort hat der sogenannte Eiserne Vorhang eine unüberwindliche Barriere in Form eines hässlichen Stacheldrahtzaunes gebildet. Das hast du aber, wenn du auf den Ort zugefahren bist, nicht bemerkt. Alles, was du zu sehen gekriegt hast, war Idylle pur.

Eingebettet in die leicht hügelige Landschaft ist der Ort dagelegen. Neben den paar schmalen Straßen sind so viele Kirschbäume gestanden, dass du das Gefühl gehabt hast, du kannst das ganze Land mit den Früchten versorgen. Das Meer von blühenden Sonnenblumen auf den Feldern hat das Bild abgerundet.

Der Ort selbst ist gewesen, wie viele andere auch. Unspektakulär, aber gepflegt. Die Häuser sind links und rechts von der Hauptstraße gestanden und waren so angeordnet, dass man das Gefühl bekommen hat, durch einen großen Schlauch zu fahren. Mit ihren großen Einfahrtstoren haben sie alle fast gleich ausgesehen. Nur die Fassadenfarben und eben diese Tore selbst haben sich voneinander unterschieden. Da hat es alle möglichen Farben, Muster und Materialien gegeben. Die einen haben viel darauf gehalten, ein schönes Tor zu haben, und deshalb jede Menge Geld dafür ausgegeben, es aus Holz machen zu lassen. Teilweise sogar mit netten Schnitzereien. Dann hat es Holztore der schlichten Art, die völlig schmucklos waren, gegeben. Die meisten Leute haben aber eher auf die praktische Seite gesetzt und funktionelle Tore aus Eisen machen lassen. Überhaupt war vielen Bewohnern die Präsentation ihrer Behausungen unheimlich wichtig, und sie haben jedes Frühjahr sehr viel Zeit darauf verwendet, ihre Vorgärten entsprechend herzurichten und Blumenkästen zu bepflanzen, um sie vor die Fenster zu hängen. Nur einige wenige haben offenbar nichts von schönen Toren und repräsentativen Häusern gehalten und sind deswegen als Ortsbildverschandeler ins Gerede gekommen. Zumindest diejenigen unter ihnen, die entlang der Hauptstraße gewohnt haben. Da ist es dann und wann schon einmal vorgekommen, dass der Herr Bürgermeister höchstpersönlich vorgesprochen und die Hausbesitzer mit hoch erhobenem Zeigefinger zur Herstellung einer dekorativen Garten- und Fensteroptik aufgefordert hat. Bei den Häusern abseits der Hauptstraße war es ihm und den anderen Saubermännern und -frauen im Ort allerdings egal.

Insgesamt war es sehr sauber entlang der Hauptstraße. Das war ja damals noch kein so großes Thema mit der Umweltverschmutzung und dem Klimawandel. Zumindest nicht in Tratschen. Dort haben die Menschen noch ein klein wenig umweltbewusster gelebt. Da hast du dich schief anschauen lassen müssen, wenn du ein Stück Papier oder einen Zigarettenstummel auf die Straße geworfen hast. Ja, sogar ein ausgespuckter Kaugummi war Anlass zum Kopfschütteln.

Auch der Straßenverkehr ist damals kein Thema gewesen. Der hat nämlich so gut wie gar nicht stattgefunden. Natürlich haben die Leute in Tratschen auch schon Autos gehabt, aber weil sie halt den ganzen Tag auf den Feldern gearbeitet haben, sind sie nicht so viel herumgefahren. Vielleicht ist das aber nicht nur am Umweltbewusstsein gelegen, sondern auch an der Tatsache, dass es weit und breit keine Tankstelle gegeben hat. Da hast du schon dreißig Kilometer fahren müssen, wenn du Benzin haben wolltest. Da es aber rundherum nichts gegeben hat, das eine Ausfahrt unbedingt nötig gemacht hätte, haben sich das die meisten Autobesitzer gespart und sind brav mit dem Fahrrad gefahren. Der wenige Straßenverkehr war vielleicht auch eine Erklärung dafür, warum man in Tratschen keine Gehsteige angelegt hat. Es gibt nämlich keine. Damals noch nicht und heute auch nicht. An ihrer Stelle hat man irgendwann weiße Linien auf den Asphalt gemalt. Andererseits haben die Ortsbildverschandeler wegen dem wenigen Verkehr nicht verstanden, warum sie ihre Häuser schön herrichten sollten. Es sind sowieso kaum Fremde durch den Ort gekommen. Und wenn doch, sind sie nie geblieben, um die hübschen Häuser zu bewundern.

Die Stadtmenschen, die sich ab und zu doch nach Tratschen verirrt haben, haben oft respektlos Kuhdorf gesagt. Aber das hat gar nicht gepasst. Weil es Kühe nicht wirklich gegeben hat. Ein paar schon, aber nicht so viele, dass die Bezeichnung gerechtfertigt gewesen wäre. Die Bauern haben mehr mit Schweinen zu tun gehabt. Aber das ist jetzt auch schon vorbei. Damals, im Jahr 1971, da hat es noch viele Schweine gegeben.

Das war eine gute Zeit. Zumindest haben das die alten Leute immer gesagt. Ich selbst weiß es nicht so genau, weil ich fast noch ein Kind war. Ich habe aber mitbekommen, dass viele Menschen weggezogen sind aus dem Ort. Möglicherweise war es doch nicht so toll, wie man meinen möchte. Vielleicht ist es auch daran gelegen, dass man beruflich nicht viele Möglichkeiten gehabt hat. Als Mann hast du bestenfalls Bauer oder Förster werden können. Für die Frauen war die Auswahl an Berufen auch nicht viel berauschender. Für die hat es Berufe wie Friseurin oder Verkäuferin in einem der beiden Supermärkte gegeben. Für alles andere hast du den Ort verlassen und in die benachbarten Städte fahren müssen, um Arbeit zu finden. Die waren aber gar nicht so nahe. Dreißig Kilometer waren es bis zur nächsten größeren Stadt. Die war aber auch nicht viel anders wie Tratschen. Nur größer eben. Sei s drum.

Jedenfalls sind damals viele junge Leute weggegangen. In die Stadt sind sie gezogen, weil sie geglaubt haben, dass dort alles besser ist. Jetzt könnte man meinen, dass mit der Zeit immer weniger Menschen im Ort gelebt haben, weil so viele gegangen sind. Vom Logischen her ist das auch richtig. Aber so wie auf der einen Seite die Landflucht, war auf der anderen Seite die Stadtflucht in vollem Gange. Es ist bei den Stadtmenschen damals richtig modern geworden, ein Wochenendhaus auf dem Land zu haben. Und so haben die Städter die Häuser aufgekauft, die von den Landfluchtlern geräumt worden sind, und sind in unser Kuhdorf gezogen. Und weil die Stadtmenschen halt so oft Kuhdorf gesagt und Tratschen damit beleidigt haben, haben sich auch die Tratschener einen Namen für die Städter ausgedacht. Die Frischluftdepperten haben sie zu ihnen gesagt. Philosophisch betrachtet könnte man sagen, dass das irgendwie gerecht war. Aber nett war es nicht.

Das Leben im Dorf ist größtenteils ereignislos verlaufen. Ich will nicht sagen, dass es fad war. Nein. Es ist halt nur nicht viel passiert. Für die meisten war ein Tag wie der andere. Aber das ist den Menschen gar nicht so recht aufgefallen. Sie haben ja nichts anderes gekannt. Arbeiten, Wirtshaus, Feuerwehr und am Wochenende zuerst Kirche und dann das Fußballmatch vom örtlichen Verein. Mehr hat es eben nicht gegeben. Du darfst nicht vergessen, dass 1971, von der Unterhaltungsseite her gesehen, quasi noch Urzeit gewesen ist. Es war halt noch nichts mit Fernsehen aus dem Weltall. Ich glaube, damals hat die Hälfte der Leute noch gar nicht recht gewusst, was ein Satellit ist. Es hat auch nur zwei Sender gegeben. Keine Spur vom Privatfernsehen mit seinen unzähligen Sendern. Und weil es dadurch keine Konkurrenz gab, haben es sich die Fernsehmacher leisten können, die Sender total fantasielos den Einser und den Zweier zu taufen. Den Zweier hat man noch dazu lange nur fünf Tage pro Woche schauen können. Und mit Farbfernsehen war natürlich auch noch nichts. Alles schwarz-weiß. Damit war das Thema TV schon erledigt. Aber weißt du, was irgendwie witzig ist? Schwarzseher und -hörer hat es damals auch schon gegeben. Na ja, dazu musst du wissen, dass das mit den Gebühren noch recht neu war und die Leute wahrscheinlich nicht verstanden haben, warum sie plötzlich fünf Schilling im Monat fürs Fernsehen und zwei Schilling fürs Radio­hören zahlen sollen, wo es doch bis dahin umsonst gewesen ist. Die Gebühren sind nämlich erst ein Jahr vorher eingeführt worden, wenn ich mich recht erinnere. Zumindest hat es damals ungefähr einen Monat lang die Aktion Schwarze Antenne gegeben. Vielleicht waren die Menschen zu diesen Zeiten noch viel ehrlicher als heute. Weil sich insgesamt ziemlich viele Schwarzseher haben bekehren lassen. Möglicherweise ist das im ländlichen Bereich auch daran gelegen, dass der ORF ein Jahr zuvor beim Agrarfilmwettbewerb in Berlin die Goldene Ähre gewonnen hat. Wer weiß.

Computerspiele, Spielekonsolen, den Gameboy und solche Sachen hat es auch nicht gegeben. Nichts war mit Onlinespielen, Chatrooms, Singlebörsen oder so seltsamen Errungenschaften wie Facebook. Die Menschen haben nicht die Möglichkeit gehabt, ihren Kummer via Internet auf Knopfdruck mit anderen Seelenstrippern auf der ganzen Welt zu teilen. Heute fragen sich manche wahrscheinlich, wie man damals hat leben können. Für die heutigen jungen Leute ist es sicher schwer vorstellbar, nicht die Möglichkeit zu haben, irgendeinem nichtsahnenden Fremden in Amerika von den Schmerzen zu...

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