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Darktown (Darktown 1)

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
480 Seiten
Deutsch
DuMont Buchverlag GmbHerschienen am26.10.20181. Auflage
1948 ist Atlanta eine geteilte Stadt: auf der einen Seite die reichen, weißen Viertel. Auf der anderen Seite »Darktown«, das Viertel der schwarzen Einwohner, »beschützt« von der ersten schwarzen Polizeieinheit. Die Situation für die acht Männer dieser Einheit ist alles andere als einfach: Ihre weißen Kollegen begegnen ihnen mit tiefer Feindseligkeit, sie haben keine Erlaubnis, weiße Verdächtige zu verhaften, sie dürfen noch nicht einmal das Polizeipräsidium durch den Hauptgang betreten. Als eine junge schwarze Frau tot aufgefunden wird, scheint das niemanden weiter zu interessieren - bis auf Lucius Boggs und Tommy Smith, zwei schwarze Cops dieser Einheit, die sich gemeinsam auf die Suche nach der Wahrheit machen. Zwischen zwielichtigen Alkoholschmugglern, scheinheiligen Puffmüttern, korrupten Gesetzeshütern und unter permanenter rassistischer Unterdrückung riskieren Boggs und Smith ihre neuen Jobs - und ihr Leben -, um den Fall zu lösen. >DarktownDie Stadt am Ende der WeltLange NachtDarktown<-Trilogie vor. Bei DuMont sind bereits die erstenmehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext1948 ist Atlanta eine geteilte Stadt: auf der einen Seite die reichen, weißen Viertel. Auf der anderen Seite »Darktown«, das Viertel der schwarzen Einwohner, »beschützt« von der ersten schwarzen Polizeieinheit. Die Situation für die acht Männer dieser Einheit ist alles andere als einfach: Ihre weißen Kollegen begegnen ihnen mit tiefer Feindseligkeit, sie haben keine Erlaubnis, weiße Verdächtige zu verhaften, sie dürfen noch nicht einmal das Polizeipräsidium durch den Hauptgang betreten. Als eine junge schwarze Frau tot aufgefunden wird, scheint das niemanden weiter zu interessieren - bis auf Lucius Boggs und Tommy Smith, zwei schwarze Cops dieser Einheit, die sich gemeinsam auf die Suche nach der Wahrheit machen. Zwischen zwielichtigen Alkoholschmugglern, scheinheiligen Puffmüttern, korrupten Gesetzeshütern und unter permanenter rassistischer Unterdrückung riskieren Boggs und Smith ihre neuen Jobs - und ihr Leben -, um den Fall zu lösen. >DarktownDie Stadt am Ende der WeltLange NachtDarktown<-Trilogie vor. Bei DuMont sind bereits die ersten
Details
Weitere ISBN/GTIN9783832184254
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum26.10.2018
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.1
Seiten480 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3897 Kbytes
Artikel-Nr.3409470
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

ES WAR FAST MITTERNACHT, als einem der neuen Laternenpfähle auf der Auburn Avenue die zweifelhafte Ehre zuteilwurde, als Erster von einem Auto gerammt zu werden. Die Scherben des zersplitterten Frontscheinwerfers eines weißen Buicks verteilten sich über dem Gehweg unter dem jetzt schiefen Pfahl.

Die Heuschrecken surrten unbeirrt in der stickigen Juliluft weiter. In der ganzen Stadt hatten die Leute die Fenster geöffnet, der Aufprall hatte sicher einige geweckt. Keine zehn Meter entfernt stand ein einsamer Fußgänger, ein alter Mann auf dem Heimweg, der die Böden einer Zuckerfabrik gefegt hatte. Er war zurückgewichen, als das Auto über den Bordstein gesprungen war, aber jetzt stand er da, gespannt, ob der Laternenpfahl doch noch umfallen würde. Was nicht passierte. Zumindest noch nicht.

Der Buick setzte langsam zurück, das Vorderrad löste sich vom Bordstein. Diese Bewegung veranlasste den Laternenmast, sich in die andere Richtung zu neigen, zu weit, und wieder zurückzuschwingen wie ein gigantisches Metronom.

Der Fußgänger hörte, wie eine Frau etwas rief wie: »Was zum Teufel machst du da? Bring mich einfach nach Hause.« Der Fußgänger schüttelte den Kopf und schlurfte davon, bevor noch etwas Schlimmeres passierte.

Ob man die Laternenpfähle tatsächlich als »neu« bezeichnen konnte, war eine Frage der Perspektive. Eigentlich waren sie schon ein paar Monate alt, doch bedachte man, wie viele Jahre die Oberhäupter der farbigen Gemeinde von Atlanta gebraucht hatten, um den Bürgermeister von ihrer Notwendigkeit zu überzeugen, und wie viele Jahre die Negroes auf ihrer belebtesten und reichsten Straße im Dunklen hatten laufen müssen, fühlten sich die vom Himmel geschickten Straßenlaternen immer noch wie neu an.

Das alles wusste der Fahrer des Buicks nicht.

Als er versucht hatte, auf der leeren Straße zu wenden, hatte er seinen Wendekreis falsch eingeschätzt. Oder die Breite der Straße, oder die Physik im Allgemeinen. Vermutlich hatte er auch nicht bemerkt, dass nur zwei Querstraßen weiter zwei Beamte der Polizei von Atlanta standen.

*

Fünf Minuten zuvor hatte Officer Lucius Boggs seinen Partner Tommy Smith endlich auf sein Hinken angesprochen.

»Das ist doch nicht beim Baseballspielen passiert. Gib´s zu.«

»War eben ein harter Slide«, sagte Smith.

»McInnis hast du aber erzählt, du bist auf die dritte Base zugerannt.«

Beim morgendlichen Appell hatte Smith ihrem Sergeant, McInnis, versichert, dass sein Knie in Ordnung sei, eine kleine Verstauchung aus einem Match mit Freunden. Sie wissen ja, wie diese Plätze sind, Sir, man hat null Haftung. McInnis hatte mit versteinertem Blick zugehört, als hätte er in seinem Leben schon mehr als genug Blödsinn von Farbigen vernommen, doch beschlossen, dass die Angelegenheit es nicht wert sei, nachzubohren.

»Ich bin aus ´nem Fenster gefallen«, gab Smith jetzt gegenüber Boggs zu. Sie standen auf der Hilliard Street, nur drei Querstraßen vom Negro YMCA entfernt, dessen Untergeschoss ihnen als provisorische Wache diente. Um die Uhrzeit war die Sonne längst verschwunden, doch sie hatte mehr als genug Hitze bis zu ihrem nächsten Auftauchen dagelassen. Beide Polizisten hatten ihre Unterhemden durchgeschwitzt, und selbst ihre Uniformen waren feucht.

»Aus deinem?«

»Was glaubst du?«

Boggs verschränkte die Arme und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Und welche Lady wolltest du mit deinen akrobatischen Fähigkeiten beeindrucken?«

»Eigentlich hat sie meine Akrobatik anfangs ganz gut unterhalten. Bis ihr Mann in die Wohnung gestürmt kam.«

»Bist du irre?«

»Mir hat sie erzählt, dass er sie verlassen hat. Seine Zelte in Detroit aufschlägt. Meinte so was wie, sie braucht einen Anwalt wegen der Scheidungspapiere.«

Beamte der Polizei von Atlanta waren angewiesen, sich an einen strikten ethischen Kodex zu halten: kein Alkohol, noch nicht einmal privat, und keine Frauengeschichten, doch bis zu Tommy Smith war das offensichtlich noch nicht durchgedrungen. Negro-Officer mieden pflichtbewusst jeglichen Alkohol, denn sie wussten, dass Zeugen sie jederzeit melden konnten und sie damit ihren Job verlieren würden, doch Smith war mit der Vorstellung, plötzlich auf dem Pfad der Tugend zu wandeln, völlig überfordert.

»Du spielst mit deinem Leben.«

»Von Verheirateten lass ich grundsätzlich die Finger.«

»Außer von der. Und dem Mädchen mit den kandierten Pekannüssen. Und der ...«

»Das ist was anderes. Wir kannten uns schon ewig.«

Sie setzten sich wieder in Bewegung.

»Und was ist dann passiert?«

»Was glaubst du denn? Hab mir die Hose hochgezogen und bin aus dem Fenster gesprungen.«

»Welches Stockwerk?«

»Drittes.«

»Nein!«

»Eins von diesen Häusern ohne Feuerleiter. Dafür gehe ich noch ziemlich aufrecht, würde ich sagen.«

»Was war mit dem Ehemann?«

»Ich bin nicht geblieben und hab gelauscht.«

»Machst du dir gar keine Sorgen?«

»Sie kam mir vor wie ein Mädchen, das auf sich aufpassen kann. Eins, das sich was einfallen lässt.«

Boggs war der Sohn eines Priesters, und obwohl er beschlossen hatte, nicht in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, war ihm die Vorstellung, sich wie sein Partner quer durch die Stadt zu vögeln, gänzlich fremd. Seine eigene Erfahrung mit Frauen beschränkte sich auf harmlose Verabredungen mit wohlerzogenen und gebildeten jungen Frauen der besseren Negro-Gesellschaft, zudem hatte er gerade erst eine gelöste Verlobung mit einem Mädchen hinter sich, dem der Gedanke, der eigene Ehemann könne jederzeit nachts erschossen oder erschlagen werden, dann doch zu sehr zu schaffen gemacht hatte.

Ein Streifenwagen tauchte auf, die Frontscheinwerfer waren seltsamerweise ausgeschaltet. Auf der Hilliard gab es weder Straßenlaternen noch einen Gehweg. Sie hörten auf zu reden und blieben stehen, fragten sich, ob sie zurücktreten sollten oder ob sie das wie Schwächlinge aussehen ließ.

Dann beschleunigte der Wagen, und sie wichen tatsächlich auf einen Flecken Gras und Unkraut aus, der jemandem als Vorgarten diente. Der Einsatzwagen hielt auf sie zu, kam leicht ins Schlingern und legte dann eine Vollbremsung hin.

Sie erblickten flüchtig die Gesichter von zwei weißen Polizisten, die sie nicht kannten. Offensichtlich Cops aus einem anderen Bezirk, die nur auf Durchreise waren.

»Uuuh-uuuh-uuuh!«, brüllten die weißen Cops.

»Aaah-aaah-aaah!«

Affen- und Orang-Utan-Laute. Vielleicht ein bisschen Gorilla dabei.

»Wuu-wuu-wuu-bugga-bugga!«

»Passt auf eure Ärsche auf, Nigger!«

Dann raste der Streifenwagen davon, die weißen Cops darin hysterisch lachend.

Man durfte sich die Angst nicht anmerken lassen. Für die war das nur ein harmloser Scherz, selbst wenn sie mit dem Auto auf einen zuhielten, während man gerade über die Straße ging; selbst wenn sie einen beinahe erwischten. Boggs hatte mehr als nur einmal versucht, einen Streifenwagen anzuhalten, als er Hilfe bei einer Verhaftung benötigte, und mehr als nur einmal hatte der Wagen Kurs auf ihn genommen, bis er zur Seite springen musste. Im Anschluss Gelächter. Klar, wenn sie eines Tages tatsächlich einen der farbigen Polizisten überfahren würden, dann würden sie halt behaupten, es sei ein Unfall gewesen.

Boggs und Smith war die Lust auf Anekdoten vergangen, als sie die Ecke Auburn erreichten. Die Nacht war still, vom beinahe mechanischen Surren der Heuschrecken und dem Frage- und Antwortspiel der Grillen abgesehen. Die Leuchtreklame über Bailey´s Royal Theater war erloschen, genau wie die Lichter der Juwelier- und Schneiderläden. Im dritten Stock des Bürogebäudes der Atlanta Life Insurance Company hatte jemand eine Lampe angelassen, doch bis auf die Straßenlaternen blieb es dunkel. Dann hörten sie den Aufprall.

Sie drehten sich um, in der vagen Hoffnung, dass der Streifenwagen einen Hydranten gerammt hatte oder in eine Mauer gerast war, doch stattdessen sahen sie zwei Blocks weiter einen weißen Buick auf dem Bordstein und einen tanzenden oder zumindest torkelnden Laternenmast. Sie beobachteten, wie das Licht einmal flackerte, dann noch einmal, es erinnerte sie an ihre elektrischen Lampen zu Hause bei Gewitter.

Der Buick setzte zurück. Von hier aus konnten sie das Nummernschild nicht entziffern. Dann kam er auf sie zu.

Keine drei Monate waren sie jetzt Streifenpolizisten rund um die Auburn Avenue (die Gegend, in der sie bis auf die Kriegsjahre immer gewohnt hatten) und die West Side auf der anderen Seite von Downtown. Noch vertraute man Atlantas acht schwarzen Polizisten keine Streifenwagen an, doch zumindest durften sie Uniformen tragen. Schwarze Mützen mit dem goldenen Kranz der Stadt, dunkelblaue Hemden, auf die ihre glänzenden Dienstmarken gepinnt waren, und schwarze Krawatten (Smith trug als einer von nur zwei Cops Fliege, weil er das schneidiger fand). Ihre breiten Gürtel waren beschwert mit einem Arsenal aus Waffen und Ausrüstungsgegenständen, darunter auch Schusswaffen, was eine Menge weißer Leute in Atlanta und Umgebung in Angst und Schrecken versetzte.

Boggs trat auf die Straße und hob die Hand. Die weißen Cops mochten ja Spaß am Versuch haben, ihre farbigen Kollegen zu überfahren, doch Zivilisten tickten da anders. Hoffte er. Der Buick fuhr langsamer als erlaubt, so als schämte er sich. Seine Scheinwerfer spiegelten sich in Boggs´ Marke.

Der Buick hielt an.

»Er lässt den Motor laufen«, sagte Smith nach ein paar Sekunden.

Boggs trat zur Fahrertür, Smith lief parallel zu ihm über den Gehweg zur...
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