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Lange Nacht (Darktown 3)

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
445 Seiten
Deutsch
DuMont Buchverlag GmbHerschienen am10.11.20201. Auflage
Atlanta 1956: In der pulsierenden Südstaatenhauptstadt verschärfen sich die Rassenkonflikte, als die Bürgerrechtsbewegung mit dem jungen Reverend Martin Luther King Jr. einen neuen Wortführer bekommt. In dieser ohnehin schon angespannten Lage wird Arthur Bishop, der Herausgeber der führenden schwarzen Tageszeitung ermordet. Sofort gerät der Journalist und ehemalige Cop Tommy Smith ins Fadenkreuz der rassistischen Polizei. Um sich zu entlasten, muss Smith mehr über die Geschichte erfahren, an der Bishop gearbeitet hat. Die Mordermittlung seiner Ex-Partner Lucius Boggs und Sergeant Joe McInnis wird unterdessen von verschiedenen Seiten torpediert: durch sich einmischende FBI-Agenten, korrupte Detectives und kommunistische Aktivisten. Im Kampf um Gerechtigkeit tun sich Smith und seine ehemaligen Kollegen ein letztes Mal zusammen.

Thomas Mullen wurde 1974 in Rhode Island geboren und lebt mittlerweile mit seiner Familie in Atlanta. 2006 erschien sein Debütroman >Die Stadt am Ende der WeltLange NachtDarktown<-Trilogie vor. Bei DuMont sind bereits die ersten
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR12,00
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EUR12,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99
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Produkt

KlappentextAtlanta 1956: In der pulsierenden Südstaatenhauptstadt verschärfen sich die Rassenkonflikte, als die Bürgerrechtsbewegung mit dem jungen Reverend Martin Luther King Jr. einen neuen Wortführer bekommt. In dieser ohnehin schon angespannten Lage wird Arthur Bishop, der Herausgeber der führenden schwarzen Tageszeitung ermordet. Sofort gerät der Journalist und ehemalige Cop Tommy Smith ins Fadenkreuz der rassistischen Polizei. Um sich zu entlasten, muss Smith mehr über die Geschichte erfahren, an der Bishop gearbeitet hat. Die Mordermittlung seiner Ex-Partner Lucius Boggs und Sergeant Joe McInnis wird unterdessen von verschiedenen Seiten torpediert: durch sich einmischende FBI-Agenten, korrupte Detectives und kommunistische Aktivisten. Im Kampf um Gerechtigkeit tun sich Smith und seine ehemaligen Kollegen ein letztes Mal zusammen.

Thomas Mullen wurde 1974 in Rhode Island geboren und lebt mittlerweile mit seiner Familie in Atlanta. 2006 erschien sein Debütroman >Die Stadt am Ende der WeltLange NachtDarktown<-Trilogie vor. Bei DuMont sind bereits die ersten
Details
Weitere ISBN/GTIN9783832170417
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum10.11.2020
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.3
Seiten445 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1523 Kbytes
Artikel-Nr.5157484
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

PROLOG

TOMMY SMITH BEGANN seine Artikel ungern mit einer Leiche. Es kam ihm falsch vor, wider die Natur. Es war die perfekte umgekehrte Pyramide: Man fing mit der kalten Endgültigkeit des Todes an, während das Leben als Fundament auf dem Kopf stand. Darauf folgten schillernde Zitate und vereinzelte Details über ein einst reichhaltiges Leben, und dann endete man auf ein paar armseligen Zeilen, für die sich, längst verblassten Erinnerungen gleich, niemand mehr interessierte. So erzählte man keine Geschichte, fand Smith, es schmälerte die Biografie einer Person. Vor allem wenn man bedachte, dass die meisten Leute, über die er schrieb, erst mit ihrem Tod als wertvoll genug für eine Geschichte galten.

Es widerstrebte ihm, diese Unmenschlichkeit aufrechtzuerhalten.

Doch als Polizeireporter für die Atlanta Daily Times, der einzigen farbigen Tageszeitung Amerikas, gehörte es zu seinem Job, Fakten zu berichten und sie in Storys zu verwandeln, eine zusammenhängende Erzählung aus dem willkürlichen Tohuwabohu des Lebens zu formen.

Und das hier war eine der Storys, die mit einer Leiche begannen.

*

Der Schuss riss ihn aus dem Schlaf.

Oder waren es zwei gewesen? Später würde Smith sich das fragen. Später, als er wünschte, er wäre rechtzeitig wach geworden. Als er sich wünschte, er könnte durch die Zeit reisen, um diesen Moment, den er verpasst hatte, besser wahrzunehmen. Ein Moment, der sich auch ohne sein Zutun als einer der wichtigsten in seinem Leben herausstellen sollte. Den er zusammengesackt in seinem Stuhl mit einem Flachmann im Schoß verbracht hatte.

Sein Kopf war benommen vom Schlaf und vom Alkohol, seine Glieder so furchtbar schwer.

Er dachte, er hätte einen Schrei gehört. Vielleicht. Dann einen Schlag. Den ganz sicher.

Er brauchte ein paar Sekunden, bis er seine Arme und Beine wieder bewegen konnte, aber dann sprang er auf. Was zur Hölle war das?

Schritte, über ihm. Aber er wohnte doch im obersten Stockwerk.

Moment, wo war er eigentlich?

Stimmt, in seinem Büro. Er hatte ein kurzes Date mit Patrice gehabt, ein Drink nur, dann hatte er sie zu ihrem Termin im Oddfellows Building gebracht. Er hatte sich zu ihr gebeugt, und sie hatte ihm einen Kuss gegeben, einen flüchtigen nur, dabei aber vielsagend gelächelt, sodass er es ihr kaum mehr übelnehmen konnte, dass sie den faden Geschäftstermin nicht sausen ließ, um mehr Zeit mit ihm zu verbringen. Er war zu aufgeregt gewesen, um nach Hause zurückzukehren, war ins Büro gegangen, hatte sich noch einen eingeschenkt und ein paar Seiten eines längeren Artikels geschrieben, an dem er gerade herumbastelte. Er hatte gedacht, er sei allein im Gebäude, doch dann war Mr Bishop aufgetaucht, und sie hatten sich unterhalten. Oder? Dann war Bishop nach oben in sein Büro zurückgekehrt, und Smith hatte erneut versucht zu schreiben. Doch offensichtlich floss der Bourbon besser als die Tinte, denn er war an seinem Schreibtisch eingeschlafen.

Er rief den Namen seines Chefs, der sein Büro ein Stockwerk über ihm hatte: »Mr Bishop?«

Ein paar Sekunden Stille. Die Schritte waren verstummt.

Er wollte die Schreibtischlampe einschalten, doch stellte fest, dass die Glühbirne ausgebrannt war.

Denk nach. Das war definitiv ein Schuss gewesen, eine Pistole. Er kannte das Geräusch nur zu gut. Er hatte es nicht geträumt oder sich eingebildet. Er war weder auf einem endlosen Feldzug durch Europa, noch lief er Streife auf seiner alten Route mit Boggs. Er war hier in seinem Büro, spätnachts. Ein Ort, an dem normalerweise keine Schüsse fielen.

Er trat aus seinem Büro. Das Licht im Gang war an, die anderen Büros lagen im Dunklen. Er schlich einen besonders chaotischen Flur entlang, der immerzu vollgestopft war mit Zeitungsstapeln. Er erreichte die Treppe zum zweiten Stock.

»Wer ist da oben?«, tönte er, nutzte erstmals seit langer Zeit wieder seine Polizistenstimme. Ein tiefer Kommandoton, der keinen Widerspruch duldete. Laut genug, um die gerahmten Bilder an der Wand zum Wackeln zu bringen, und jeden, der etwas auf dem Kerbholz hatte, dazu zu bringen, sich zu fragen, ob er im Leben die richtigen Entscheidungen getroffen hatte. Die Polizistenstimme konnte eine erstaunliche Wirkung haben. Doch immer, wenn Smith sie in seinem alten Leben benutzt hatte, hatte er eine Waffe und einen Schlagstock am Gürtel getragen und einen Partner an seiner Seite gehabt.

Erneut Schritte, schnell und schwer. Jemandem da oben gefiel seine Polizistenstimme nicht.

Smith betrat das Büro seines Kollegen Jeremy Toon, denn er erinnerte sich, dass der Baseballfan Toon einen Schläger der Marke Louisville Slugger in einer Ecke hinter seinem Schreibtisch verstaut hatte. Keine Schusswaffe, aber es musste genügen.

In ihren Büros sei früher nicht selten eingebrochen worden, hatte man Smith erzählt, allerdings nicht in den letzten Jahren. Zum einen war das den farbigen Cops zu verdanken, die sich mittlerweile im achten Dienstjahr befanden, zum anderen gab es bei der Daily Times nichts zu holen, außer die Diebe waren bibliophil oder scharf auf eine eigene Schreibmaschine.

Smith schlich zum Fuß der Treppe. Die Stufen würden ganz sicher knarren. Sobald er sie hochstieg, gäbe er ein perfektes Ziel ab, gefangen in dem engen Treppenhaus ohne jede Deckung. Er versuchte sich zu erinnern, welche Stufen die lautesten waren.

Über ihm blieb es geräuschlos. Entweder war die Person dort oben geflohen (über die Feuerleiter?) oder verhielt sich ruhig, bereitete einen Hinterhalt vor.

Er nahm eine Stufe, dann eine zweite. Der Schläger fühlte sich in seinen schweißnassen Händen bereits rutschig an.

Die dritte Stufe war eine schlechte Wahl, sie knarrte laut. Das Überraschungsmoment war verflogen, also stürmte er den Rest der Treppe nach oben. Er stand im Flur des zweiten Stocks, über ihm brannte Licht. Der Gang wirkte breiter als unten, hier stapelten sich keine Zeitungen.

Eine Tür hinter ihm führte zur Toilette. Sie war fast zu, doch nicht eingerastet, also trat er sie auf. Sie schlug gegen die Wand. Hier war niemand.

Er hörte ein schwaches Stöhnen aus Bishops Büro. Dann Verkehrsgeräusche, ein vorbeifahrendes Auto, lauter als erwartet; irgendwo musste ein Fenster offen stehen, trotz der eisigen Januarkälte.

Er schlich weiter, fast bis zur offen stehenden Tür von Bishops Büro. Er drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand, was mit Waffe in der Hand wesentlich mehr Sinn ergeben hätte. Wartete kurz ab, beugte sich dann schnell nach vorne, riskierte einen Blick nach innen.

Niemand schoss auf ihn, niemand warf sich auf ihn. Es war niemand hier.

Außer dort auf dem Boden. Der Schlag vorhin, das war der Aufprall von Arthur Bishop gewesen, so viel wurde ihm jetzt klar.

Der Herausgeber lag nicht völlig ausgestreckt da, aber beinahe. Der Raum mit seinem riesigen Schreibtisch und Sesseln, seinen Beistelltischen und Bücherstapeln war zu klein für Bishops massive Statur. Er lag überwiegend auf dem Bauch, doch eine seiner Schultern drückte gegen den Schreibtisch, und seine Beine waren angewinkelt. Eine Hand hatte er auf den Boden gestützt, die Finger durchgedrückt, die Knöchel nach oben, sodass der Orientteppich sich unter dem Druck zusammenschob. Seine andere Hand, die linke, steckte in seiner Jacke, als ob er nach etwas gesucht hatte, und seine weit aufgerissenen Augen bestätigten, dass er es gefunden hatte.

Blut sickerte in den Teppich ein und bildete einen immer größer werdenden Kreis.

Das Fenster hinter seinem Schreibtisch stand offen. Smith wollte zuerst zu Bishop eilen, befürchtete aber, dass der Schütze sich draußen auf der Feuerleiter versteckte. Also rannte er zum Fenster, warf einen Blick hinaus und nach unten. Niemand. Hinter dem Gebäude befand sich eine schmale Gasse, dann ein weiteres Gebäude. Wenn der Schütze sich nicht in einem anderen Raum befand, dann war er die Feuerleiter hinuntergestiegen, als Smith die Treppe nach oben genommen hatte, und längst weg.

Bishop war noch da. Noch.

Smith ließ den Schläger fallen und half Bishop, sich auf den Rücken zu drehen. Bishops Augen standen immer noch weit offen, seine Pupillen bewegten sich nur minimal.

»Durchhalten, Mr Bishop, halten Sie durch.«

Smith kannte die Überlebenschancen bei einem Schuss in die Brust, wusste, wie lange ein Krankenwagen in diese Gegend brauchte. Dennoch schnappte er sich das Telefon auf Bishops Schreibtisch und rief den Notarzt. Dann legte er auf und wählte eine altbekannte Nummer.

Sekunden später, gerade als ihm auffiel, dass das schwache Stöhnen seines Chefs verstummt war, ging sein alter Chef ans Telefon.

*

Sieben Jahre und neun Monate lang hatte Sergeant Joe McInnis als einziger weißer Cop in einem farbigen Distrikt gedient. Er hatte zahllose Räume mit Mordopfern betreten, doch das war das erste Mal, dass ihn einer seiner ehemaligen Beamten zum Tatort rief.

Im Büro von Arthur Bishop roch es nach Kordit, fiel McInnis auf, noch bevor er es überhaupt betreten hatte. Es war kalt in dem Raum, das hintere Fenster stand offen, und doch war der Geruch der abgefeuerten Waffe noch nicht verflogen.

Smith hatte behauptet, Bishop sei bei seinem Anruf noch am Leben gewesen, das war jetzt nicht mehr der Fall.

Der Körper war noch warm, kein Puls, offene Augen. Er lag auf dem Rücken, die Arme angewinkelt, weil kein Platz war in diesem vollgestellten Raum, und sah genauso merkwürdig aus wie die anderen Leichen, die McInnis bedauerlicherweise häufig unter die Augen kamen. Menschen, die im Schlaf starben, wirkten oft...
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