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Der Duft der Erinnerung

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
HarperCollinserschienen am18.02.20201. Auflage
Was wäre, wenn man Erinnerungen einfach konservieren könnte?
Seit sie denken kann, lebt Emmeline mit ihrem Vater allein auf einer rauen Insel im Atlantik. Er lehrt sie alles über die Natur. Doch vor allem schult er eines: Emmelines außerordentlichen Geruchssinn. Die Wände ihrer kleinen Hütte sind voller Schubladen mit geheimnisvollen Fläschchen. Darin befinden sich Düfte, die ihr Vater herstellt. Ihr Geruch ist so intensiv, dass sie Erinnerungen an ferne Orte hervorrufen: den Gipfel eines Berges, einen abgelegenen Dschungel ... Emmeline beginnt von diesen Orten zu träumen, obwohl sie weiß, dass ihr Vater die Insel nie verlassen würde. Doch dann beginnt die idyllische Welt zu bröckeln. Die Düfte in den Flaschen verschwinden, und mit ihnen verliert ihr Vater den Bezug zur Realität. Und plötzlich ist Emmeline, die nie Kontakt zu einer anderen Menschenseele hatte, ganz auf sich allein gestellt. Mithilfe eines Fischers gelangt sie ans Festland, wo sie nur einen Wunsch hat: mehr über ihre Herkunft herauszufinden - und über ihre Mutter.
»Lyrisch ... bezaubernd ... spricht alle Sinne an. Ich war fasziniert.«
New-York-Times-Bestsellerautor Jamie Ford
»Eine meisterhaft geschriebene Coming-of-Age-Geschichte, die den Leser auf ein olfaktorisches Abenteuer entführt.«
Kirkus Reviews


Erica Bauermeister ist die Autorin von vier Romanen und zwei Leseratgebern. Gerade schreibt sie an einem Memoir. Sie lebt mit ihrem Ehemann und 238 Rehen in Port Townsend, Washington.
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Produkt

KlappentextWas wäre, wenn man Erinnerungen einfach konservieren könnte?
Seit sie denken kann, lebt Emmeline mit ihrem Vater allein auf einer rauen Insel im Atlantik. Er lehrt sie alles über die Natur. Doch vor allem schult er eines: Emmelines außerordentlichen Geruchssinn. Die Wände ihrer kleinen Hütte sind voller Schubladen mit geheimnisvollen Fläschchen. Darin befinden sich Düfte, die ihr Vater herstellt. Ihr Geruch ist so intensiv, dass sie Erinnerungen an ferne Orte hervorrufen: den Gipfel eines Berges, einen abgelegenen Dschungel ... Emmeline beginnt von diesen Orten zu träumen, obwohl sie weiß, dass ihr Vater die Insel nie verlassen würde. Doch dann beginnt die idyllische Welt zu bröckeln. Die Düfte in den Flaschen verschwinden, und mit ihnen verliert ihr Vater den Bezug zur Realität. Und plötzlich ist Emmeline, die nie Kontakt zu einer anderen Menschenseele hatte, ganz auf sich allein gestellt. Mithilfe eines Fischers gelangt sie ans Festland, wo sie nur einen Wunsch hat: mehr über ihre Herkunft herauszufinden - und über ihre Mutter.
»Lyrisch ... bezaubernd ... spricht alle Sinne an. Ich war fasziniert.«
New-York-Times-Bestsellerautor Jamie Ford
»Eine meisterhaft geschriebene Coming-of-Age-Geschichte, die den Leser auf ein olfaktorisches Abenteuer entführt.«
Kirkus Reviews


Erica Bauermeister ist die Autorin von vier Romanen und zwei Leseratgebern. Gerade schreibt sie an einem Memoir. Sie lebt mit ihrem Ehemann und 238 Rehen in Port Townsend, Washington.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959679299
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum18.02.2020
Auflage1. Auflage
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.4891256
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Der Jäger der Gerüche
Danach fragte ich jeden Tag: »Können wir bitte eine andere öffnen?«

Manchmal gestattete er es, aber nicht so oft, wie ich wollte.

»Die Flaschen schützen das Papier«, sagte er. »Wenn wir sie zu oft öffnen, verschwinden die Gerüche.«

Das verstand ich nicht. Gerüche waren doch wie Regen oder Vögel. Manchmal verschwanden sie, aber dann kehrten sie zurück. Sie erzählten ihre eigenen Geschichten, ließen einen wissen, wann Ebbe war oder der Haferbrei auf dem Ofen kochte oder die Apfelbäume kurz vor der Blüte standen. Aber sie blieben nie lange.

Allerdings verstand ich schon als kleines Kind, dass das Duftpapier anders war, irgendwie magisch. Jedes enthielt eine ganze Welt. Teile davon erkannte ich - den Duft einer Frucht etwa, aber diese Frucht war reifer und süßer als alle, die ich je probiert hatte. Oder den Geruch eines Tiers, das träger war als alle Tiere, die ich kannte. Viele Gerüche waren mir jedoch vollkommen fremd - scharf und schneidend, sanft und beunruhigend.

Ich wollte in diese Welten eintauchen, wollte verstehen, woher diese Gerüche stammten. Noch mehr aber wollte ich Jack, der Jäger der Gerüche sein, der Held aus den Geschichten meines Vaters, der durch das Blätterdach tropfnasser Dschungelwälder fliegt und Berge erklimmt, um den Duft einer winzigen Blume einzufangen.

»Wie hat er das geschafft?«, fragte ich meinen Vater. »Wie hat Jack die Düfte gefunden?«

»Indem er der hier folgt«, sagte er und tippte mir auf die Nase.

Ich überlegte. »Aber wie?«

Mein Vater lächelte. »Du stehst ihr einfach nicht im Weg, nehme ich an.«

Ich verstand nicht, was er meinte, aber von da an gab ich mir die größte Mühe, mich von meiner Nase leiten zu lassen. Ich hob sie an, wann immer ein Wetterumschwung in der Luft lag, dann roch ich an der Erde, um zu erfahren, wie sie auf ihn reagierte. Das Meersalz hing ständig in der Luft, aber beim Einatmen fiel mir auf, dass der Geruch intensiver wurde, wenn sich die Wellen brachen. Ich erschnupperte etwas Hellgrünes, das wie ein Wasserfall durch die Douglaskiefern rauschte, und verfolgte es zu der Brise zurück, die durch die Baumwipfel strich und die Nadeln erfasste, bis sie sich aneinanderrieben.

Jeden Tag stand ich im Morgengrauen in meinem Dachbodenzimmer auf, wild entschlossen, so viele Gerüche zu finden, wie ich konnte.

»Du bist mein Weckruf«, sagte mein Vater, als ich die Leiter hinunterkletterte. »Meine Morgenlerche.«

* * *

Den Tag verbrachten wir größtenteils im Freien. Wir hielten Hühner, der Eier wegen, pflegten die Obstbäume und den Gemüsegarten. Trotzdem bestand das meiste, was wir aßen, aus dem, was wir in den ungezähmten Regionen unserer Insel fanden. Ich kann mich nicht daran erinnern, einmal nicht dabei gewesen zu sein, wenn Essbares eingesammelt wurde, und als ich acht war, betrachtete ich mich als einen wichtigen - wenn nicht gleichberechtigten - Partner in unserem Überlebenskampf.

»Verpflegungstag«, pflegte mein Vater zu sagen, und wir gingen in den Wald, Körbe aus Zedernrinde in den Händen. Im Sommer ernteten wir Heidelbeeren und Rebhuhnbeeren, deren dunkles Blau so aussah, als hielten wir ein Stück Nacht in den Händen. Im Herbst fanden wir Pilze, die sich unter Bäumen versteckten, und ich war von den gefurchten Morcheln fasziniert; jede für sich war ein einziges Labyrinth aus Vertiefungen und krummen Bahnen.

»Erzählst du mir ihre Geschichte?«, fragte ich meinen Vater eines Tages. Ich strich mir die Locken aus dem Gesicht und sah ihn an. »Bitte.«

Einen Moment lang schaute er auf mich herunter, überlegte und betrachtete die Morchel in meiner Hand.

»Es war einmal, Emmeline«, begann er, »dass Jack sich in einem Zauberwald befand, in dem die Bäume bis zum Himmel reichten. Eine wunderschöne Zauberin lebte dort in einem Haus, das nur aus Gerüchen bestand, und als Jack sie erblickte, verliebte er sich in sie. Die Zauberin nahm ihn mit in ihr prachtvolles Haus, aber sobald er hineingegangen war, wurde ihm klar, dass er es nie wieder verlassen konnte.«

»O nein!«, sagte ich und zitterte vor der drohenden Gefahr.

»Soll ich weitermachen?«, fragte mein Vater.

»Ja, bitte.«

» Ich lass dich nie wieder fort , sagte die Zauberin und führte ihn in ein Zimmer voller hypnotischer Gerüche, sodass er die Außenwelt vergaß. Wenn er sich daran zu erinnern begann, führte sie ihn in ein anderes Zimmer, jedes hypnotischer als das davor. Jahrelang bewegte sich Jack durch das Schloss, bis er ein Zimmer entdeckte, das er noch nie gesehen hatte. Als er hineinging, umgab ihn ein Geruch, der ihn an alles erinnerte, was er gern getan hätte und gewesen wäre. Dann sah er einen Schlüssel an einem blauen Band von einem Haken neben der Tür hängen.«

Ich war voller Erwartung. Ich liebte magische Schlüssel.

»Also«, sagte mein Vater, »nahm er den Schlüssel, öffnete die Tür und kehrte nie wieder zurück.«

Ich wartete auf mehr, aber mein Vater legte die Morchel in meinen Korb zurück.

»Das war doch nicht alles, Papa«, sagte ich. Ich war groß genug, um zu wissen, dass Geschichten komplizierter endeten als diese.

»Doch, kleine Lerche«, sagte er und küsste mich auf den Kopf. »Lass uns weitersuchen. Diese Körbe füllen sich nicht von selbst.«

* * *

Der beste Ort, um Vorräte zu finden, war vielleicht unsere Lagune, ein Oval gefüllt mit Meerwasser, geschützt von den Felsen, die es umstanden, und gespeist von einem schmalen Kanal, der von Ebbe und Flut aufgewirbelt wurde. Dort konnte man den ganzen Tag über ernten. Am Ufer wuchsen wilde Zwiebeln, Queller und die grasähnlichen Strünke von Strandwegerich; unter den Steinen am Strand lebten winzige schwarze Krebse, nicht größer als mein Daumennagel. Die Felsen, die das Ufer säumten, waren voll mit Enten- und Miesmuscheln, und die verschiedensten Arten von Seetang waren zu finden. Meine Lieblingssorte war der Blasentang mit den kleinen Kugeln, die im Mund aufplatzten und einen salzigen Geschmack hinterließen.

Das Beste aber war die Muscheljagd.

»Da!«, sagte mein Vater und zeigte auf eine kleine Wasserfontäne, die wie ein Feuerwerk aus dem Strand spritzte. Ich rannte hin und hoffte, schnell genug zu sein, um die Fontäne einzufangen und zu spüren, wie sie durch meine ausgestreckten Finger rieselte. Aber obwohl ich klein und schnell war, fand ich, wenn ich dort ankam, nur noch den salzigen Geruch und eine kleine Delle im Sand vor. Dann steckte ich einen kleinen Stock in den Sand, um die Stelle zu markieren.

»Da ist noch eine!«, schrie ich und rannte den Strand in die andere Richtung entlang.

»Gut gemacht«, sagte mein Vater und folgte meinen Stöcken mit einer kleinen Schaufel in der Hand. Nach einer Stunde Rennen und Graben war unser Korb voll.

Normalerweise mussten wir die Muscheln trocknen und für den Winter aufbewahren, wenn uns die Dunkelheit wie eine schwere Decke umhüllte. Ich mochte den Winter nicht; der Regen brachte eine ganz eigene Stimmung mit sich, und das Essen auf unseren Tellern wurde immer farbloser, bis wir nur noch Getrocknetes übrig hatten - Äpfel, Muscheln, knisternden Seetang. Auch mein Vater wurde farbloser, und seine Geschichten versiegten fast vollständig.

»Müssen wir die Muscheln trocknen?«, fragte ich, und an jenem Tag setzte mein Vater sein Sommerlächeln auf und stimmte einem Picknick zu. Wir machten Feuer und kochten die Muscheln, gewürzt mit wilden Zwiebeln und Queller. Dann aßen wir sie aus Schüsseln, die aus Abaloneschalen bestanden. Als Löffel verwendeten wir Muschelschalen. Zum Nachtisch gab es ein paar Beeren. Danach saßen wir auf dem Sand, während der Himmel immer hellere Blautöne annahm, und mein Vater schaute zu, wie das Wasser durch den schmalen Kanal gurgelte.

Dieser Kanal machte mich immer nervös. Viermal am Tag wechselten Ebbe und Flut, und das Wasser rauschte durch die gewundene Felsenöffnung in unsere Lagune herein oder hinaus. Es hatte etwas Wütendes, Gefährliches und war bereit, alles zu verschlingen, was ihm vors Maul kam.

Mein Vater sah, dass ich vermied, auf die Felsenöffnung zu schauen, und hob seinen Muschellöffel, um einen Trinkspruch auszubringen.

»Auf den Kanal, der uns Sicherheit gewährt«, sagte er.

Das stimmte wirklich. Außer an der Lagune fiel unsere Insel überall steil ins Meer ab. Fichten klammerten sich an die Felsen; ihre untersten Zweige lagen schnurgerade parallel zum Meeresspiegel und markierten die Höhe, die er bei Flut erreichte. Die einzige Möglichkeit, auf die Insel zu gelangen, war eine Durchquerung des Kanals. Ich kannte Bilder von gewaltigen Schlössern und Türmen, die alles andere in der Umgebung überragten. Unsere Insel war so ein Schloss, der wütende Kanal unsere Zugbrücke.

»Er macht mir Angst«, sagte ich.

»Aber er hält Piraten und Bären fern«, wandte mein Vater ein.

In meinen Büchern gab es Bilder von beiden, und ich hatte nicht den Wunsch, einem von ihnen zu begegnen.

»Auf den Kanal«, sagte ich und hob meinen Muschellöffel.

* * *

Manchmal fanden wir den Strand der Lagune mit Seetang übersät vor, hinauf bis zur höchsten Stelle, die der Wasserstand bei Flut erreichte.

»Hier haben Meerjungfrauen gefeiert«, erklärte mein Vater, und das ergab Sinn. Der Strand war so überbordend dekoriert, dass nur die fantastischsten Kreaturen das getan haben konnten.

»Lass uns...
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Autor

Erica Bauermeister ist die Autorin von vier Romanen und zwei Leseratgebern. Gerade schreibt sie an einem Memoir. Sie lebt mit ihrem Ehemann und 238 Rehen in Port Townsend, Washington.