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Ohne Rentner geht hier nichts

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
320 Seiten
Deutsch
Bastei Entertainmenterschienen am30.07.20211. Aufl. 2021
Wer andern eine Blume sät, blüht selber auf - ein heiterer Roman über Neuanfänge im Alter, wahre Freundschaft und die Freuden des Gärtnerns




Ariane van Endert ist ein Drache. Ein reicher Drache - bis ihr Stiefsohn große Teile ihres Vermögens durchbringt. Notgedrungen nimmt sie einige Untermieter in ihrer Villa auf: eine junge Studienabbrecherin ohne Perspektive, eine chaotische Rentnerin mit Stoffhund und einen Pianisten, der seit Jahren kein Klavier mehr angefasst hat. Ariane hofft sehr, ihre neuen Mitbewohner bald wieder loszuwerden, und macht ihnen das Leben schwer. Dann aber sind auch die letzten Reserven ausgegeben, und sie droht ihr Haus zu verlieren. Wo soll sie nun bleiben? Zum Glück hat ihr Schwager eine Idee: Wie wäre es, wenn sie zusammen auf einen abgelegenen Bauernhof in den Schwarzwald zögen und unter die Selbstversorger gingen?





Ellen Jacobi, 1960 am Niederrhein geboren, entdeckte als Tochter einer Bibliothekarin und Märchenbuchsammlerin früh ihre Liebe zu Büchern und zum Geschichtenerzählen. Nach einem Literatur- und Anglistikstudium arbeitete sie als Reiseleiterin und Lehrerin in England. In Deutschland war sie als Redakteurin für Tageszeitungen und Magazine tätig. Heute lebt sie mit ihrer Tochter in Köln.
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR11,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextWer andern eine Blume sät, blüht selber auf - ein heiterer Roman über Neuanfänge im Alter, wahre Freundschaft und die Freuden des Gärtnerns




Ariane van Endert ist ein Drache. Ein reicher Drache - bis ihr Stiefsohn große Teile ihres Vermögens durchbringt. Notgedrungen nimmt sie einige Untermieter in ihrer Villa auf: eine junge Studienabbrecherin ohne Perspektive, eine chaotische Rentnerin mit Stoffhund und einen Pianisten, der seit Jahren kein Klavier mehr angefasst hat. Ariane hofft sehr, ihre neuen Mitbewohner bald wieder loszuwerden, und macht ihnen das Leben schwer. Dann aber sind auch die letzten Reserven ausgegeben, und sie droht ihr Haus zu verlieren. Wo soll sie nun bleiben? Zum Glück hat ihr Schwager eine Idee: Wie wäre es, wenn sie zusammen auf einen abgelegenen Bauernhof in den Schwarzwald zögen und unter die Selbstversorger gingen?





Ellen Jacobi, 1960 am Niederrhein geboren, entdeckte als Tochter einer Bibliothekarin und Märchenbuchsammlerin früh ihre Liebe zu Büchern und zum Geschichtenerzählen. Nach einem Literatur- und Anglistikstudium arbeitete sie als Reiseleiterin und Lehrerin in England. In Deutschland war sie als Redakteurin für Tageszeitungen und Magazine tätig. Heute lebt sie mit ihrer Tochter in Köln.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783751703857
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatFormat mit automatischem Seitenumbruch (reflowable)
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum30.07.2021
Auflage1. Aufl. 2021
Seiten320 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5420610
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1.

Dr. Klaus Kantereit lenkt seinen Mercedes auf vier Ulmen am Ende einer menschenleeren Villenstraße zu. Unwillkürlich drosselt er die Geschwindigkeit. Der Anblick der penibel gepflegten Baumkronen weckt in ihm Unbehagen und den Wunsch umzukehren.

Das majestätische Ulmenquartett zählt zu den vielen über hundert Jahre alten Bäumen, die die noblen Alleen des Viertels säumen. Nur wenige stehen allerdings derart stramm, sind in so präziser Staffelung gepflanzt. Motto: Hier tanzt niemand aus der Reihe.

Nun, er schon. Von Kindesbeinen an.

Kantereits Miene wird grimmig. Zum Henker! Selbst Bäumen hat man vor meinem Elternhaus nie freie Selbstentfaltung gestattet, erregt er sich stumm, während er den Ulmen näher kommt. Mittlerweile im Schritttempo. Seine vermaledeite Schwägerin Ariane hält an der Tradition eisern fest. Natur scheint ihr verhasst.

Unter dem Regime der schwarzen Witwe werden die Ulmen noch energischer zurechtgestutzt. Die gezähmten Kronen dürfen sich erst in beträchtlicher Höhe entfalten. Kein vorwitziger Ast hat die Chance auf Wildwuchs, aneinanderliegende oder sich kreuzende Zweige werden radikal herausgeschnitten, Gabelungen und Wurzel- oder Seitentriebe unterbunden, denkt er sich in Rage. Ginge es allein nach Ariane, würde sie die Bäume womöglich in kubistische Kunstobjekte verwandeln und die Kronen in Würfelform schneiden lassen.

Wie auch immer: In natura sieht so keine Ulme aus. Wer den astfreien Stamm eines der getrimmten Baumriesen erklimmen wollte, fände keinen Halt, bräuchte Steigeisen und Sicherungsseile, kurz: die Ausrüstung eines Baumkletterers - oder die eines Profi-Einbrechers.

Vor über sechzig Jahren hat er als Junge nächtens oft versucht, diese Ulmen zu erklimmen, um nach verbotenen Ausflügen in die Villa Kantereit - eine Kaserne der kalten Herzen - zurückzukehren. Angetrieben von der rasenden Angst vor drastischen Strafen. Stets ist er gescheitert.

Selbst Indianer-Harry, Spitzname Chingachgook, sein bester Freund und verwegener Blutsbruder aus dem benachbarten Professorenviertel und wie er Fan von Coopers Lederstrumpf-Romanen, hat sie nie bezwungen. Junge, der konnte klettern wie ein Eichhörnchen! Oder, besser gesagt, er konnte klettern wie ein Puma, sein selbst gewähltes, sprungkräftiges Totemtier.

Gelernt hat Harry das Klettern und Kraxeln im Schwarzwald, in den Sommerferien, die er stets bei seinem kernigen Großonkel verbrachte. Wie heiß hat Kantereit seinen Freund um den beneidet! Muss ein knorriger Sonderling gewesen sein, der seinem Neffen ungeheuer interessante Dinge wie Wildschweinzähne, Hasenpfoten und sogar ein selbstgenähtes Hirschlederhemd mit Hornknöpfen zu schenken pflegte. Zu solcher Verwandtschaft konnte man Harry nur beglückwünschen, erst recht als neunjähriger Indianerfan.

Zurück zum eigentlichen Thema, seiner heutigen Mission in der Villa seiner Eltern, die zuletzt sein verstorbener Bruder Josef bewohnt hat und nun dessen Witwe Ariane. Kantereit reckt angriffslustig das Kinn. Heute wird er keine aussichtslosen Umwege über die Bäume nehmen, um hineinzugelangen. Heute wird er durch das geflügelte Haupttor ins Haus gehen. Müssen.

Sein Kampfgeist knickt leicht ein.

Oh, wie sehr Ariane es genießen wird, ihn als Bittsteller zu empfangen! Kantereit stoppt den Wagen unter der Ulme am Rand des Bürgersteigs, der hier Trottoir heißen sollte, so stinkend vornehm ist die Gegend.

Was seine junge Beifahrerin wohl von dieser Straße und von ganz Marienburg, Kölns exklusivster und mutmaßlich teuerster Wohnadresse, hält? Verstohlen streift Kantereits Blick Fenja Frankowiaks Profil, registriert durch ihren Haarvorhang aus perlenklimpernden Flechtzöpfen, dass sie Stirn, Nase und die beringten Augenbrauen voll Missmut runzelt. Kein Wunder. Zwischen Marienburg und ihrem Kölner Heimatviertel auf der anderen Rheinseite, einem sogenannten sozialen Brennpunkt, liegen Welten.

Die er nichtsdestotrotz heute zusammenbringen will. Ein Vorhaben, das nicht scheitern darf. Und Fenja ist nur der Anfang des Unternehmens. Es gibt da noch zwei, drei andere Ex-Patienten, denen er mit Hilfe von Ariane wieder in den Sattel helfen will. Fenja steht aus persönlichen, sehr persönlichen Gründen ganz oben auf seiner Liste. Noch einmal streifen Kantereits Augen die junge Frau. Na prima, sie wirkt regelrecht angewidert.

Lediglich von dem ihr unbekannten Villendistrikt? Von ihm? Oder von seiner Idee, ihr einen Job zu vermitteln, den er bislang lediglich vage umreißen durfte? Er kann nur raten. Fenjas abweisender Gesichtsausdruck ist seit ihrer Abfahrt in Köln-Kalk auf der anderen, der »falschen« Rheinseite - oder der »Schäl Sick« wie es in Köln abwertend heißt - unmissverständlich.

Sprich mich ja nicht an, du mieser Verräter!, sagt ihre Miene. Sie trägt diese Miene ihm gegenüber bereits seit einem halben Jahr zur Schau. Wird das Mädchen ihm denn nie verzeihen?

Stumm seufzend dreht Kantereit den Schlüssel im Zündschloss, sein betagter Mercedes dieselt gemächlich aus. Er zupft die Manschetten seines Maßhemdes zurecht, streicht die Aufschläge seines Jacketts glatt, ordnet sein eisgraues Haar, das er halblang und exakt geschnitten trägt. Optisch muss zumindest bei ihm alles stimmen.

Das tut es auch, tut es immer, denn er legt Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild, hat dem Parker- oder Hippiestil der 68er-Generation - seiner Generation - nie etwas abgewinnen können. Eine Herkunft wie die seine bleibt halt nicht in den Kleidern hängen - oder, nun ja, eben doch. Immerhin dürfen die halblangen Haare als Zeichen seines wahren, seines rebellischen Charakters durchgehen.

Durch das offene Fahrerfenster wehen Mailuft und Vogelgesang ins Wageninnere und dazu herrliche, fast vollkommene Stille. Keine feindselige Stille wie im Wageninneren.

Und jetzt? Muss er abwarten.

Genau, er wird Fenja ein wenig Zeit geben, sich an die Umgebung zu gewöhnen, in der sie für eine Weile leben, wohnen und arbeiten soll. Kantereit riskiert einen Blick auf die Armbanduhr. Zwanzig Minuten haben sie noch bis zu ihrem Vorstellungstermin bei Ariane. Jemine, er kann Fenjas Widerwillen gegen diese Aktion ja nachvollziehen. Schließlich ist auch ihm Marienburg aus tiefstem Herzen zuwider.

Natürlich nicht der malträtierten Ulmen wegen, ruft er sich zur Vernunft. Das wäre hochgradig albern. Auch die hochherrschaftliche Gründerzeitbebauung zu beiden Seiten der Allee ist - soweit hinter hohen Mauern und Zäunen überhaupt sichtbar - architektonisch betrachtet eine Augenweide. Unzählige Häuser stehen unter Denkmalschutz. Zu Recht.

Viel mehr Menschen sollten so leben können. Umgeben von friedlichem Grün, in luftiger Weite und in ansprechenden Häusern. Ginge es nach ihm - alle.

Eigentlich müsste dieses einzigartige Bauensemble Fenjas Interesse wecken, schließlich hat sie mehrere Semester Architektur absolviert, nebenher Vorlesungen in Kunstgeschichte gehört, zählte zu den Jahrgangsbesten. Alles lief gut, bis sie das Studium vor Kurzem sang- und klanglos abgebrochen hat, alles hingeworfen, was sie sich mühsam errungen, was sie begeistert hatte.

»Und wenn ich später nur eine einzige Garage planen und bauen darf, bin ich glücklich«, hat Fenja zuvor immer behauptet. Von diesem Enthusiasmus ist wenig geblieben. Ihr Wissensdurst scheint verdunstet, ihr Bildungshunger gestillt und am allerschlimmsten: Jeder Funken Fröhlichkeit ist verflogen.

Fenja war - allem Unbill in ihrer bescheidenen Kindheit und den heiklen Jugendjahren zum Trotz - zumeist ein fröhliches, blitzgescheites, willensstarkes Mädchen. Und so voller Leidenschaft. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog sie das durch. Voller Entdeckergeist und Experimentierfreude. Zuweilen mit etwas zu viel Experimentierfreude und Willenskraft.

Alles vorbei.

Nicht zuletzt meinetwegen, schlägt Kantereit das Gewissen. Dumme Geschichte, saudumme Geschichte. Ja, er ist schuldig im Sinne ihrer Anklagen. Er hat Fenja belogen oder - nein, das stimmt nicht, er hat ihr lediglich in einem entscheidenden Punkt die unschöne Wahrheit vorenthalten. Aus gutem Grund und wegen eines Versprechens gegenüber Fenjas Mutter. Eines für ihn heiligen Versprechens, das er freiwillig nie gebrochen hätte.

Davon mal ganz abgesehen müsste Fenja anerkennen, dass die Villen ringsum von baulicher Meisterschaft und echtem Kunstsinn zeugen. Genau wie der nahe, denkmalgeschützte Park mit alten Fichtenbeständen, einer anmutigen Pantherskulptur, geschwungenen Wegen und lauschigen Bänken, die ihn selbst an erste - ebenfalls verbotene, weil unpassende und umso aufregendere - Rendezvous erinnern. Die kecken Mädchen von der Waggonfabrik waren einfach unwiderstehlich. So lebendig, so fröhlich, so wagemutig.

Für Sekunden ploppen magische Erinnerungen auf. An mondschwangere, sternentrunkene Nächte im Park, in denen er sich dem Himmel ganz nah fühlte. Okay, auch deshalb, weil nicht nur die Sterne und die Nächte trunken waren.

Und überhaupt, wen will er hier von den Schönheiten des Viertels überzeugen? Er kann Fenja doch verstehen, er fühlt sich auch nicht zuhause in Marienburg. Hat er nie, er ist lediglich hier aufgewachsen und geboren. Vor siebzig Jahren. Das ist und war nicht lebensbestimmend für ihn - basta.

Tja, na ja, beschleichen Kantereit sofort berechtigte Zweifel: Einer Herkunft wie der seinen entkommt man - siehe Kleidung - natürlich nie ganz. Genauso wenig wie dem Namen Kantereit,...

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Autor

Ellen Jacobi, 1960 am Niederrhein geboren, entdeckte als Tochter einer Bibliothekarin und Märchenbuchsammlerin früh ihre Liebe zu Büchern und zum Geschichtenerzählen. Nach einem Literatur- und Anglistikstudium arbeitete sie als Reiseleiterin und Lehrerin in England. In Deutschland war sie als Redakteurin für Tageszeitungen und Magazine tätig. Heute lebt sie mit ihrer Tochter in Köln.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt