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ISBN/GTIN

Sag jetzt nichts, Liebling

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
350 Seiten
Deutsch
SAGA Egmonterschienen am28.09.2020
Der dritte Band der beliebten dänischen Therese-Reihe der 90er: Die erfolgreiche Fernsehjournalistin Therese hatte jahrelang keinen Kontakt zu ihrem Vater. Nun, als er im Sterben liegt, bittet er sie, sich auf die Suche nach ihrem Halbbruder zu machen, von dem sie bisher nichts wusste. Doch sehr zum Missfallen ihres Mannes trifft Therese bei dieser Suche auf die Liebe ihres Lebens...-

Hanne-Vibeke Holst, geboren 1959, ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Dänemarks und Tochter des bekannten Schriftstellerpaars Knud Holst Andersen und Kirsten Holst. Sie lebt und arbeitet in Kopenhagen als Journalistin und Schriftstellerin und schreibt Romane, Sach- und Drehbücher sowie Theaterstücke.
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Produkt

KlappentextDer dritte Band der beliebten dänischen Therese-Reihe der 90er: Die erfolgreiche Fernsehjournalistin Therese hatte jahrelang keinen Kontakt zu ihrem Vater. Nun, als er im Sterben liegt, bittet er sie, sich auf die Suche nach ihrem Halbbruder zu machen, von dem sie bisher nichts wusste. Doch sehr zum Missfallen ihres Mannes trifft Therese bei dieser Suche auf die Liebe ihres Lebens...-

Hanne-Vibeke Holst, geboren 1959, ist eine der erfolgreichsten Autorinnen Dänemarks und Tochter des bekannten Schriftstellerpaars Knud Holst Andersen und Kirsten Holst. Sie lebt und arbeitet in Kopenhagen als Journalistin und Schriftstellerin und schreibt Romane, Sach- und Drehbücher sowie Theaterstücke.
Details
Weitere ISBN/GTIN9788726569582
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum28.09.2020
Reihen-Nr.3
Seiten350 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5620636
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


Zweiter Teil


Es gibt gewisse Arbeitsplätze, an denen man gut daran tut, zu gewissen Zeiten konstant zur Stelle zu sein. Als einzige mögliche Selbstverteidigung. Sonst kann es geschehen, daß das eigene Büro leergeräumt und von jemand anderem besetzt ist, wenn man zurückkommt. Man kann erleben, daß der eigene Name bereits auf der Verliererliste steht, daß die eigene Funktion abgeschafft, eine Beförderung ausgesetzt oder gestrichen wurde. Solche Arbeitsplätze erkennt man an den geknechteten Mitarbeitern, die mit gebeugtem Rücken herumlaufen, aus Furcht vor dem nächsten willkürlichen Streich der Herrschaft.

Ich weiß, daß bei mehreren Kollegen bereits seit langem dieser siebte Sinn für eine Veränderung im Sender Alarm geschlagen hat. Die Empfindlichsten laufen schon lange wie nervös witternde Gazellen mit vibrierenden Nasenflügeln herum. Und die wirklich Paranoiden bestehen darauf, daß sich ganz bestimmt etwas zusammenbraut, ganz gleich, welche Garantien wir auch von der Spitze gekriegt haben.

Aber erst als ich in meinen Job zurückkehre, spüre auch ich plötzlich diesen Orwellschen Dunst, der sich über meinen Arbeitsplatz gelegt hat. Entweder haben die Leute Angst, sind wie gelähmt, oder sie haben bereits die Messer gewetzt. Ready to fight! Zweifellos gibt es Menschen, die es anturnt, wenn sie durch von Haien bevölkertes Fahrwasser navigieren sollen. Wie beispielsweise Lennart Rugaard, der nach sieben fetten Jahren als USA-Korrespondent gerade mit einer schwarzen amerikanischen Frau, zwei Mischlingsjungs und der selbstsicheren Ausstrahlung, die entsteht, wenn man etwas besser als gut gemacht hat, wieder heimgekehrt ist. Er ist ein persönlicher Freund von Steve Hurst von CNN, der nach einer ganzen Reihe von Jahren als Chefkorrespondent unter anderem auch in Moskau jetzt als dekorierter Held zurück nach Washington geholt wurde.

»Und wie belohnen sie hier im Haus einen Mitarbeiter für einen gut ausgeführten Job?« fragt er rhetorisch beim Mittagessen in der Kantine, wo endlich einmal über den Fischfilets wieder eine Stimmung entsteht, die tatsächlich an die rauhe Unbefangenheit der guten alten Tage erinnert. Mittlerweile finden sich immer weniger am Tisch der Redaktion ein - die Leute haben keine Zeit mehr, Mittag zu essen.

»O ja«, antwortet er sich selbst. »Sie belohnen den treuen, immer funktionierenden Mitarbeiter, indem sie ihn verblüfft anstarren, wenn er pflichtbewußt an seinem alten Arbeitsplatz auftaucht. Mein Gott, Lennart! Bist du schon wieder zurück? Was zum Teufel sollen wir denn jetzt mit dir anfangen? «

Der Tisch bricht in Gelächter aus. Seine Imitation unserer Chefin ist verdammt gut. Ich lache auch. Obwohl ich nur zu gut weiß, daß in der mit der Zeit immer deutlicher werdenden Kritik an ihren Führungsqualitäten auch eine gewisse Frauenverachtung steckt. Big Mama ist mütterlich, fürsorglich, gut darin, die Leute dazu zu bringen, miteinander zu arbeiten - in Harmonie. Aber, das muß auch ich einräumen, sie ist schlecht bei Disharmonie, bei direkten Konflikten und geradezu ungeeignet für Situationen, bei denen sie in der Klemme sitzt. Ich selbst habe das in den paar Tagen erlebt, in denen ich Dienst hatte, nachdem ich von Læsø zurückgekommen war. Es lag eine liebe Beileidskarte auf meinem Schreibtisch, aber ansonsten habe ich nur ihren Schatten gesehen. Laut ihrer Sekretärin ist sie zunächst »den ganzen Tag in einer Besprechung«, dann hat sie »einen Termin in der Stadt«, und am folgenden Tag ist sie zu »einer Führungskonferenz« und nach dem Mittagessen »für heute gegangen«. Ich habe ein Gefühl, als weiche sie mir aus. Aber das tue ich eigentlich auch. Natürlich stehe ich auf dem Dienstplan, und die Redaktionssekretärin findet mich auch, als auf dem Tagesplan etwas getauscht werden muß. Aber ich habe keine kreative Energie, am liebsten würde ich nur dasitzen und die Stapel an Zetteln durchgehen, die internationale Presse durchforsten und mich in ein paar Berichte von Human Rights Watch und der UN über die Zustände in den russischen Gefängnissen und in den bosnischen Flüchtlingslagern vertiefen. Ein paar Telexe redigieren und vielleicht irgendwelche BBC-Berichte auf spätere Verwendungsmöglichkeiten hin durchsehen. Ich sehne mich danach, von dem täglichen Dienstplan wegzukommen, wünsche mir immer stärker, die Füße unter den eigenen Tisch stellen zu können, die Erlaubnis, meinen eigenen Laden zu schmeißen. Die Erlaubnis, mich vertiefen zu dürfen und die Perspektive selbst bestimmen zu können, statt immer nur eingekaufte Informationen umzuredigieren und damit die bereits von anderen redigierte Wirklichkeit noch einmal umzuinterpretieren.

Und dann gibt es ja auch ganz praktische Vorteile, die feste Arbeitszeiten so bieten. Als Magazinredakteurin entkäme ich den Zwölfstundendiensten, den Wochenenddiensten und den Feiertagsdiensten. Nicht, daß ich persönlich etwas gegen diese Unregelmäßigkeit hätte, aber, das muß ich zugeben, das Familienleben hängt reichlich durch, wenn wir beide unsere Dienstpläne haben, die in einer höheren Sphäre vereint werden sollen. Yes, I know: Warum ist es dann nicht Paul, der sich arrangiert? Warum sind es immer die Frauen, die sich die Hacken abschneiden und Zehen einziehen müssen, damit der Alltag funktioniert? Warum soll ausgerechnet ich zurückstecken?

Weil er der Star ist. Weil ich seinen Status als Fernsehstar anerkenne. Und weil ich keine weiteren Diskussionen mehr ertrage. Wir hatten bereits so viele, die letzte vorgestern, als wir daheim beide mit unseren Terminkalendern auf dem Sofa saßen und mal wieder Überschneidungen und Betreuungsprobleme feststellen mußten. Eigentlich war es sonst ein ziemlich nettes Pastaessen gewesen, bei dem Pauls aufrichtiges Bemühen und eineinhalb Flaschen Barolo das Ihre dazu taten, die Versteinerung zu lösen, die seit der Nacht, als ich vom Krankenhaus angerufen worden war, jede Nähe zwischen uns blockiert hatte. Paul hat mit seiner üblichen Präzision meinen Abstand als Feindseligkeit gedeutet und ist kurz nach der Beerdigung explodiert.

»Warum bist du so wütend auf mich? Warum schließt du mich aus? Warum forderst du mich nicht?«

Die Fragen fielen wie Peitschenschläge im Auto auf dem Heimweg von Nordjütland auf mich herab. Zu dem Zeitpunkt waren wir bis Randers gekommen, und ich muß zugeben, daß ich seit Frederikshavn wohl kein Wort gesagt hatte. Und ich war auch nicht in der Lage, seine Fragen zu beantworten, wie berechtigt sie auch sein mochten. Deshalb zuckte ich nur mit den Schultern und sah zum Seitenfenster hinaus.

»Tes«, sagte er und blinkte nach rechts, hielt resolut den Wagen auf der Standspur an und wandte sich mir zu.

»Was ist passiert am Grab? Warum bist du so ausgerastet?«

»Ich bin nicht ausgerastet!« knurrte ich warnend. »Ich bin zusammengeklappt. Mein Blutzucker war am Boden. Ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen und getrunken.«

Paul seufzte und legte seine Stirn aufs Steuer, bevor er sich wieder mir zuwandte, seine Hand insistierend auf meinem Oberschenkel.

»Tes. Entweder du bist ziemlich am Ende, oder du liebst mich nicht mehr.«

Es war eine Qual in seinem Tonfall, die mich mit einem bedingten Reflex reagieren ließ.

»Natürlich liebe ich dich. Du mußt mich nur jetzt etwas in Ruhe lassen. Gib mir Zeit«, bat ich ihn und zwang mich, meine Hand auf seine zu legen.

»Wie lange?« fragte er.

»Lange genug.«

 

Wie lange das sein wird, ahne ich nicht. Ich ahne nicht einmal, wozu ich diese Zeit nutzen soll. Trauerarbeit würden die Therapeuten es wohl nennen. Aber ich fühle mich nicht in Trauer, nicht in dieser tränenfeuchten Art. Ich weine nicht. Schluchze nicht nachts ins Kissen. Aber ich fühle mich leer, ausgemergelt. Und ich habe ein fast krankhaftes Bedürfnis danach, in Ruhe gelassen zu werden. Im ganz konkreten, physischen Sinne. Ich ertrage intime Berührungen nicht. Meine Abweisung, ausgesprochen oder unausgesprochen, ist eine Qual für Paul, das weiß ich. Deshalb war es eine Erleichterung, als ich nach dem ersten Glas Rotwein spürte, wie die Steifheit sich aufzulösen begann, die Schultern herabsanken und sogar das leise Sprudeln einer kleinen Lustquelle zu spüren war, als er mich über den Tisch hinweg küßte. Daß ich jedenfalls nicht Ekel oder Belästigung empfand. Aber dann kamen wir zu der Kalenderdiskussion, und das Loch im Eis fror schnell wieder zu, während wir auf unsere sicheren Positionen zurückflüchteten. Er behauptete, ich würde mich einen Scheißdreck um seine Arbeit kümmern. Ich wäre zu stur, zu millimeterdemokratisch, zu wenig entgegenkommend, respektlos.

»Du bist genau wie die anderen. Ihr glaubt, die Studioleiter wären hirnlose Marionetten, die man gerade noch darauf dressieren kann, den Text von einem Teleprompter herunterzuleiern, den Rest kriegen sie durch ihre...

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