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Einband grossVolles Haus - Skandinavien-Krimi
ISBN/GTIN

Volles Haus - Skandinavien-Krimi

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
219 Seiten
Deutsch
SAGA Egmonterschienen am05.10.2020
Wieder stehen die Kommissare Høyer und Therkelsen vor einem rätselhaften Fall: Die kleine Bettina wird vermisst und die Polizei befürchtet, es könne sich um ein Sexualverbrechen handeln. Kurz darauf geschieht eine furchtbare Familientragödie, bei der ein Vater erst seine Frau und vier Kinder und dann sich selbst tötet. Als dann auch noch eine Leiche in einem besetzten Haus gefunden wird, steht die Frage im Raum, ob die erschütternden Ereignisse nicht vielleicht doch zusammengehören...-

Kirsten Holst (1936-2008) war eine dänische Schriftstellerin und Tochter eines Polizeibeamten. Bekannt wurde sie für ihre Kriminalromane, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Ihre 14 auf Deutsch erschienenen Krimis spielen alle in einer jütländischen Kleinstadt. Insgesamt schrieb sie ca. 60 Bücher und Kurzgeschichten.
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Produkt

KlappentextWieder stehen die Kommissare Høyer und Therkelsen vor einem rätselhaften Fall: Die kleine Bettina wird vermisst und die Polizei befürchtet, es könne sich um ein Sexualverbrechen handeln. Kurz darauf geschieht eine furchtbare Familientragödie, bei der ein Vater erst seine Frau und vier Kinder und dann sich selbst tötet. Als dann auch noch eine Leiche in einem besetzten Haus gefunden wird, steht die Frage im Raum, ob die erschütternden Ereignisse nicht vielleicht doch zusammengehören...-

Kirsten Holst (1936-2008) war eine dänische Schriftstellerin und Tochter eines Polizeibeamten. Bekannt wurde sie für ihre Kriminalromane, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Ihre 14 auf Deutsch erschienenen Krimis spielen alle in einer jütländischen Kleinstadt. Insgesamt schrieb sie ca. 60 Bücher und Kurzgeschichten.
Details
Weitere ISBN/GTIN9788711455869
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2020
Erscheinungsdatum05.10.2020
Reihen-Nr.4
Seiten219 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.5620647
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2.


Thorsen blieb unbeweglich in der Tür stehen. Weder hörte er den Schrei des Postboten noch bemerkte er, wie dieser verschwand. In seinem Kopf herrschte eine dröhnende Leere. Seine Sinne waren wie betäubt. Er hörte nichts, sah nichts, fühlte nichts. Sein Hirn streikte, schien nicht begreifen zu wollen, was seine Augen ihm mitzuteilen versuchten. Vielleicht dauerte es Minuten, vielleicht nur Sekunden, bis es langsam wieder zu funktionieren begann und sein erster klarer Gedanke, für den er sich in dem Moment, als er ihn dachte, auch schon schämte, war: »Als Rentner wäre dir das erspart geblieben.«

Er atmete tief durch und schluckte seine Kirschkerne hinunter. Das half ein bisschen, fand er. Er versuchte, sich daran zu erinnern, dass er Polizist war. Er musste etwas tun. Aber was? Das hier war ein Tatort, aber kein gewöhnlicher. Es bestand kein Zweifel, was passiert war und wer es getan hatte. Sein Blick wanderte noch einmal durch die Küche, doch diesmal prägte er sich die Details ein, fotografierte den Raum förmlich ab. Gegenüber der Tür zum Hauswirtschaftsraum stand die Tür zu einer kleinen Kammer offen. An der den Fenstern gegenüberliegenden Wand stand zwischen zwei Türen ein altmodischer Ofen. Die eine Tür war geschlossen und führte wahrscheinlich ins Wohnzimmer, die andere stand weit offen und führte in ein Schlafzimmer, das kaum größer war als die Kammer. Sein Blick fiel auf einen Brief, der auf dem Küchentisch unter dem Fenster an einer grünen Kaffeedose lehnte. An die Polizei stand da in einer großen, etwas altmodischen Handschrift.

Unwillkürlich streckte Thorsen die Hand danach aus, doch dann schüttelte er den Kopf und steckte die Hände schnell in die Taschen. Nichts anfassen. Nur nichts anfassen. Alles musste bleiben, wie es war, und er musste schnellstmöglich Hilfe holen.

Er hatte sich gerade zum Gehen gewandt, als ein Laut ihn erstarren ließ. Ein Stöhnen. Jemand stöhnte. Jemand, der in diesem Schlachthaus noch am Leben war. Der Laut kam aus dem Schlafzimmer.

Thorsen zögerte einen Augenblick. Dann ging er vorsichtig um die kleinen leblosen Gestalten auf dem Boden herum ins Schlafzimmer.

Es war die Frau, die er gehört hatte. Sie lag auf der einen Hälfte des Doppelbetts. In der Mitte, eng an sie gepresst, lag ein Baby. Die andere Hälfte des Bettes war unberührt.

Thorsen ging zum Kopfende und beugte sich zu der Frau hinunter, während er es vermied, in ihr verunstaltetes Gesicht zu sehen.

»Wer ist da?«, murmelte sie und blickte ihn mit einem halb offenen Auge an.

»Polizei«, sagte er. »Thorsen.«

»Warum?« Ihre Stimme klang verwundert und anklagend zugleich. »Was soll das? Er war es doch nicht.«

Thorsen runzelte die Augenbrauen. Was hatte sie da gesagt? Er sah sie verwirrt an.

»Wie meinen Sie das?«, fragte er unsicher. »Hat Jens Olsen nicht ...?« Er machte eine Bewegung mit der Hand.

»Doch, das hier schon«, sagte sie und griff sich langsam mit einer Hand an den Kopf. »Aber nicht das Mädchen. Mit dem Mädchen hatte er nichts zu tun.«

Thorsen biss sich auf die Lippe. Sicher wusste sie nicht, was sie sagte.

Wieder stöhnte die Frau.

»Ich rufe einen Arzt«, sagte Thorsen und berührte ihren Arm. »Gleich kommt ein Arzt.«

Sie schien ihn nicht zu hören.

Ihre Hand tastete über die Bettdecke nach dem Kind.

»Der Kleine«, sagte sie. »Er ist so kalt. Würden Sie ihn bitte zudecken!«

Erst jetzt ging Thorsen auf, dass sie wahrscheinlich keine Ahnung hatte, was passiert war.

Vorsichtig beugte er sich über die Frau und zog behutsam ein Stück der Bettdecke über den zertrümmerten Kinderschädel.

»So«, sagte er und stellte fest, dass seine Stimme belegt war. Dann richtete er sich schnell auf und verließ das Zimmer. Er hatte keine Kirschkerne mehr und jetzt überwältigte ihn die Übelkeit.

 

Høyer hatte gerade den Hörer aufgelegt, als Therkelsen hereinkam.

»Wie wäre es mit ein paar warmen Frikadellen zu Mittag, Høyer? Du bist doch Strohwitwer. Ich lade dich ein«, sagte er und fügte erklärend hinzu: »Ich muss heute nicht ins Gericht. Er ist krank geworden.«

»Der Richter?«, fragte Høyer leicht verwundert.

»Wenn es nur so wäre!« Therkelsen schnitt eine Grimasse. Richter Bækgaard war sein liebster Feind. »Nein, Chlorophyll-Jørgen. Er ist heute Vormittag ins Krankenhaus gekommen. Bauchspeicheldrüsenentzündung, haben sie gesagt. Es klang ziemlich ernst.«

»Das ist es auch«, sagte Høyer. »Man kann daran sterben und dann ist es ernst. Das kommt vom Suff. Kann es jedenfalls, und in seinem Fall scheint das auch ziemlich wahrscheinlich.«

»Also, was sagst du? Frikadellen?«

Høyer schüttelte den Kopf. »Nein, aber du kannst mich begleiten. Thorsen hat gerade angerufen.«

»Thorsen?«, Therkelsen sah ihn fragend an. »Etwas Besonderes?«

»Mord«, sagte Høyer lakonisch.

»Mord? Da draußen?«, Therkelsen klang ungläubig. Als wäre ein Mord in Thorsens Bezirk absolut unvorstellbar.

»Ja.« Høyer erhob sich. »Klingt nach einer hässlichen Geschichte. Die Presse würde es eine Familientragödie nennen. Der Mann ist mit einer Axt Amok gelaufen. Hat die Frau und vier Kinder umgebracht und ist anschließend ins Wasser gegangen.«

»Verdammt«, rief Therkelsen. »Da hätte ich Bækgaards One-man-Show dann doch vorgezogen.« Er klopfte seine Pfeife aus und stopfte sie in die Tasche. »Du hast Recht«, sagte er dann. »Mittwoch ist ein grauer Tag.«

 

Høyer und Therkelsen hatten sich in das kleine Wohnzimmer zurückgezogen, um den Technikern Platz zu machen. Direkt neben der Tür stand ein Ölofen, aber der Raum war eiskalt. Das Zimmer wurde offenbar nicht jeden Tag benutzt. Eine Weile redete keiner von ihnen. Therkelsen stand am Fenster und stopfte seine Pfeife mit ungewöhnlicher Sorgfalt, während Høyer sich auf einem der Wohnzimmerstühle niedergelassen hatte. Er ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Die Möbel hatte er schnell erfasst. Da war ein Esstisch mit sechs Stühlen aus imitiertem Nussbaumholz und ein dazu passendes Büfett, das an der hinteren Wand stand. An einer der Längswände stand ein altmodisches Sofa mit einer geblümten Sofadecke. Darüber hing ein Wandteppich, eine Art Gobelin, der zwei Hirsche vor einem Gebüsch zeigte. Über dem Büfett hing ein fotografischer Druck des leidenden Christus. Auf der Fensterbank standen kleine Topfblumen. Zimmerhopfen und Feuernelken. Høyer verzog leicht den Mund, als sein Blick sie streifte. Den Boden unter dem Esstisch bedeckte gebohnertes Linoleum mit einem verwischten persischen Teppichmuster. Das war alles.

Thorsen kam ins Wohnzimmer.

»Das ist unheimlich!«, sagte Høyer und schüttelte den Kopf. »Irgendwie unheimlich!«

»Widerlich«, stimmte Thorsen zu. »Zeit, dass ich gehe. Ich kann so etwas nicht mehr. Mit dem Alter wird man offensichtlich empfindlicher.«

»Das hat nichts mit dem Alter zu tun«, sagte Høyer. »Wir anderen können das genauso wenig. Vor ungefähr zwanzig Jahren habe ich etwas Ähnliches erlebt und da war es nicht anders. Aber das habe ich nicht gemeint. Ich meinte das Haus. Und das Wohnzimmer hier. Ich habe das Gefühl, dreißig, vierzig Jahre in der Zeit zurückversetzt worden zu sein. In eine Gesindewohnung aus den Vierzigerjahren oder meinetwegen auch aus den Fünfzigern. Mit den auf wenigen Quadratmetern zusammengepferchten Menschen, diesen Möbeln hier, ja eigentlich mit allem. Ich hätte geschworen, dass es so etwas nicht mehr gibt.«

»Hier draußen gibt es noch ein paar davon«, sagte Thorsen. »Aber natürlich nicht mit so vielen Kindern. Da wohnen alte Menschen.«

»Ja, da kann man mal sehen«, sagte Høyer.

»Wovon haben sie eigentlich gelebt?«, fragte Therkelsen. »Doch nicht von diesem winzigen Hof hier?«

»Nein«, sagte Thorsen, »das sind nur zwölf Morgen Land. Früher hat Olsen auswärts gearbeitet, aber dann hatte er einen Unfall mit dem Traktor und hat sich den Rücken verletzt. Er hat den niedrigsten Satz der Invalidenrente bezogen. Von der Unfallversicherung haben sie wohl auch etwas bekommen und außerdem war da noch das Kindergeld. Sie hatten nicht viel, das seht ihr ja, aber ich glaube nicht, dass sie finanzielle Probleme hatten. Nicht in dem Sinn.«

Høyer nickte. Er kannte solche Menschen. Nein, sie hatten bestimmt keine finanziellen Probleme....

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