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Die MörderMitzi und der Sensenmann

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
336 Seiten
Deutsch
Emons Verlagerschienen am17.03.2022
Die Mitzi und die Agnes auf Serienmörderjagd: skurril, spannend, witzig und warmherzig. Die Mitzi und der Tod - die zwei kennen sich schon lange. Denn Mitzi hat ein äußerst seltenes Talent: Sie zieht Mörder magisch an. Und als in Kufstein die sterblichen Überreste von lange verschollenen Ausreißerinnen entdeckt werden, ist sie wie immer an vorderster Front dabei. Gemeinsam mit ihrer Freundin, der Polizistin Agnes Kirschnagel, begibt Mitzi sich auf eine waghalsige Suche nach dem Täter, die sie einmal quer durch Österreich führt.

Isabella Archan wurde 1965 in Graz geboren. Nach Abitur und Schauspieldiplom folgten Theaterengagements in Österreich, der Schweiz und in Deutschland. Seit 2002 lebt sie in Köln, wo sie eine zweite Karriere als Autorin begann. Neben dem Schreiben ist Isabella Archan immer wieder in Rollen in TV und Film zu sehen. www.isabella-archan.de
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Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR13,00
E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDie Mitzi und die Agnes auf Serienmörderjagd: skurril, spannend, witzig und warmherzig. Die Mitzi und der Tod - die zwei kennen sich schon lange. Denn Mitzi hat ein äußerst seltenes Talent: Sie zieht Mörder magisch an. Und als in Kufstein die sterblichen Überreste von lange verschollenen Ausreißerinnen entdeckt werden, ist sie wie immer an vorderster Front dabei. Gemeinsam mit ihrer Freundin, der Polizistin Agnes Kirschnagel, begibt Mitzi sich auf eine waghalsige Suche nach dem Täter, die sie einmal quer durch Österreich führt.

Isabella Archan wurde 1965 in Graz geboren. Nach Abitur und Schauspieldiplom folgten Theaterengagements in Österreich, der Schweiz und in Deutschland. Seit 2002 lebt sie in Köln, wo sie eine zweite Karriere als Autorin begann. Neben dem Schreiben ist Isabella Archan immer wieder in Rollen in TV und Film zu sehen. www.isabella-archan.de
Details
Weitere ISBN/GTIN9783960418993
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum17.03.2022
Seiten336 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3554 Kbytes
Artikel-Nr.9013255
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Vor zwölf Jahren

Gestern ist das Mädel fünfzehn geworden. Heute ist der Morgen nach seinem Geburtstag. Einen Festtag hat sich das Mädel gewünscht, aber natürlich war alles traurig und schrecklich, wie immer.

Vielleicht entschließt sich das Mädel deshalb, mit dem Mann zu reden und nicht sofort die Flucht zu ergreifen.

Oder weil es regnet. In Strömen. Ein Wolkenbruch. Vollkommen durchnässt hat das Mädel Schutz auf dieser Baustelle gesucht. Kalt ist es nicht, aber mit durchnässter Kleidung wollte es nicht den Daumen in die Höhe recken und in ein fremdes Auto steigen. Wenn der Regen nachlässt, will es sich wieder an den Straßenrand stellen. So ein Guss geht meistens rasch vorbei.

Hoffentlich hält dann endlich jemand.

Das Mädel hat die falsche Zeit gewählt, an einem Sonntag in aller Herrgottsfrühe zum Trampen aufzubrechen war doch keine gute Entscheidung. Wobei sich Trampen nach Urlaub anhört, doch so kann man diese Flucht, dieses Wegrennen nicht bezeichnen. Nicht das erste Mal, dass das Mädel abhaut, aber vielleicht das letzte Mal. Ankommen will es. Wo genau, darüber denkt es nicht nach.

Gern hätte es den Zug nach Innsbruck genommen, aber das Mädel hat vorhin kein Bargeld in der Wohnung gefunden. Bleibt also nur der Daumen. Mit einer Mitfahrgelegenheit hat es bei den anderen Weglaufversuchen immer geklappt, da war es freilich nie so früh oder so schlechtes Wetter.

Das Mädel hat sich unter das Gerüst gestellt und beim Warten die Brücke und den Fluss Richtung Innenstadt beobachtet. Die Festung über dem Inn ist in der beginnenden Morgendämmerung neblig verhüllt. Die Berge um Kufstein auch. Sau-Suppenwetter nennt die Mama so einen Nebel immer. Der Magen des Mädels knurrt. Natürlich war auch der Kühlschrank zu Hause leer.

Die dumme Kuh, denkt das Mädel über ihre Mutter. Die Wut, der Groll, der Frust - all diese schmerzlichen Emotionen kommen hoch, die das Mädel, schon seit es denken kann, in sich trägt.

Elendiglich, das Wort beschreibt das Leben bisher am besten. Einfach beschissen passt genauso.

Heute früh ist es auch nicht besser. Die Schultern schmerzen von dem prall gefüllten Rucksack. Die Füße brennen vom Laufen. Die Strecke von Kiefersfelden bis nach Kufstein ist das Mädel mit Tempo gewandert, eine gute Stunde Fußmarsch. Im Dunkeln noch dazu. Es hat sich gehetzt gefühlt, obwohl keiner es verfolgt hat.

Weil sich ohnehin keiner kümmert oder sorgt oder überhaupt wahrnimmt, dass das Mädel existiert. Schon gar nicht die Mama. Die schläft ihren Rausch von gestern aus. Dass die Tochter Geburtstag hatte, war ihr wurscht, vollkommen egal. Wie alles andere auch.

Und sonst? Freundinnen hat das Mädel keine, denn die Schule war schlimm, ist die zweite Hölle nach dem Zuhause gewesen. Das Mädel ist pummelig und hat schlechte Haut, es schämt sich andauernd. Trotzdem braucht es die Chips und die Schokolade, die Trost spenden.

Nix wie weg aus dem Dreck, lautet die Antwort auf die Frage nach Zukunftsperspektiven.

»Hey du«, hat der Bauarbeiter das Mädel eben angesprochen.

Zumindest geht das Mädel davon aus, dass der Mann in seinem Blaumann und mit dem gelben Helm auf dem Kopf zur Baustelle gehört. Einer, der Nachtwache gehalten hat. Oder einer, der die Baustelle frühmorgens kontrolliert.

»Bin gleich wieder weg«, antwortet das Mädel jetzt. Es bleibt an Ort und Stelle, läuft nicht davon. Stattdessen hebt es entschuldigend die Hände. »Wollt nur dem Sauwetter entkommen und mich kurz unterstellen. Die Bretter halten ein bisserl dicht.«

»Is schon gut.« Der Bauarbeiter im Blaumann lächelt freundlich. »Du kannst dich im Büro aufwärmen, wenn du magst. Und kurz warten. So ein Schauer geht immer flott vorbei.«

Daran hat das Mädel vorhin auch gedacht. Aber bei dem Angebot zögert es etwas. Obwohl der Bauarbeiter nicht so aussieht, als könnte er gefährlich werden.

Er winkt. Das Mädel folgt ihm. Das Trommeln der Tropfen auf den Holzbrettern über ihr hört sich wie Applaus an, was das Mädel lustig findet. Fast ist es froh, nach dem langen Marsch im Dunkeln endlich einem Menschen zu begegnen. Nach dem Überqueren einer Zufahrt erreichen der Mann und das Mädel einen Innenhof. Dort in der Mitte ist ein Containerbüro aufgebaut. Das Wellblechgebäude hat nur ein Fenster und eine Tür.

»Husch, husch«, ruft der Bauarbeiter und hält dem Mädel diese Tür auf.

Bedenken oder gar Angst hat das Mädel nicht. Wenn es unerwartet komisch mit dem Mann werden sollte, wird es sich wehren. Treten und spucken und um sich schlagen. Angriffe hat es schon früher erlebt, von dem einen oder anderen Mitschüler. Sich zur Wehr zu setzen hat eigentlich immer ganz gut funktioniert. »Deppertes Hendl« war der böse Spitzname für das Mädel, doch der ist schon längst Geschichte. Die Hauptschule ist ohnehin seit Sommerbeginn beendet, was weiter werden soll, darüber haben sich weder das Mädel noch die Mama Gedanken gemacht.

»Herein in die gute Stube.« Der Bauarbeiter lächelt wieder. »Nimm den Rucksack ab und stell ihn in die Ecke. Da, setz dich.«

Das Mädel ist erleichtert, im Trockenen zu sein. Das Containerbüro hält Regen und Feuchtigkeit fern. Der Klappstuhl, auf den der Mann zeigt, ist blau und eindeutig von Ikea. Drei weitere sind weiß lackiert. Einen ebenfalls weißen Tisch gibt es hier drinnen noch, gegenüber vom einzigen Fenster, vor dem ein schmaler Schreibtisch mit einem Telefon und einem Bildschirm darauf steht.

Den Rucksack abzunehmen tut den Schultern gut. Das Mädel lehnt ihn gegen eines der Tischbeine. Jetzt erst fällt ihm auf, wie erschöpft es ist. Das frühe Aufstehen, der Fußmarsch. Am liebsten würde sich das Mädel in der Ecke einrollen.

»Magst eine Limonade?«, fragt der Bauarbeiter. »Die macht munter. Kaffee hab ich leider keinen mehr.«

Dass der Mann etwas anbietet wie in einem Gasthaus, findet das Mädel ebenfalls lustig. Es nickt, und er holt zwei Flaschen aus einer Kiste neben der Tür.

»Ich nehm mir auch eine. Leider kein Almdudler.«

»Schon gut.«

Er hebt die Limonadenflaschen in die Höhe. »Wenn die hier kan Almdudler hab n, geh i wieder ham.«

Mit dem Werbespruch bringt der Mann das Mädel zum Kichern. Obwohl es niemals zurück in sein Zuhause will. Niemals mehr »ham«. Soll die furchtbare und ständig besoffene Mama doch schauen, wie sie ohne ihre Tochter zurechtkommt.

Das Mädel schenkt dem Bauarbeiter nun auch ein Lächeln. »Danke!«

Er geht zum Schreibtisch und stellt die Flaschen kurz ab. Dann beginnt er in einer der Schubladen zu kramen. Das Mädel vermutet, dass er nach einem Flaschenöffner sucht. Er hantiert eine Weile, und seine Schultern bewegen sich unruhig unter dem blauen Stoff seines Overalls.

Draußen klatscht der Regen heftig gegen die Scheibe. Das Mädel registriert, dass das Fenster aus Plexiglas ist. Es überlegt, ob das Sauwetter wohl den ganzen Tag über bleiben wird. Plötzlich ist sich das Mädel nicht mehr sicher, ob das Abhauen wirklich eine gute Idee war. Vielleicht wird es umkehren, zurückgehen und an einem anderen Tag einen neuen Anlauf starten. Mit mehr Planung, wohin die Reise gehen soll.

»Schaust traurig aus«, stellt der Bauarbeiter fest. Er hat sich dem Mädel zugewendet und streckt ihm eine offene Flasche entgegen. »Prost.«

Das Mädel nimmt das Getränk. Der Mann stößt mit seiner Flasche an die des Mädels. Das dicke Flaschenglas gibt einen Laut von sich, der sich mehr wie eine Glocke anhört als ein Klirren. Der erste Schluck ist Erfrischung pur.

»Wo willst denn hin? In aller Herrgottsfrüh und bei dem Sauwetter.«

Der Bauarbeiter legt den Kopf schief. Sieht dem Mädel in die Augen. So freundlich ist sein Gesichtsausdruck. Und die Limonade schmeckt so tröstlich.

Unvermutet bricht das Mädel in Tränen aus.

»Aber geh, wer wird denn weinen?«, fragt der Mann sanft. Er setzt sich dem Mädel gegenüber, beugt sich vor und streicht ihm eine Strähne des nassen Haares aus der Stirn.

Das Mädel dreht den Kopf weg. »Is gleich wieder alles okay.«

»Magst mir sagen, was los is?«

Seine Stimme klingt so angenehm. Warm. Verständnisvoll.

Als wäre bloß diese minimale Zuwendung nötig gewesen, löst sich die Zunge des Mädels, und es redet. Erzählt diesem völlig Fremden im blauen Overall mit dem gelben Helm am Kopf von all dem Elend. Dem Scheißleben mit der alkoholabhängigen Mutter, der Geldnot, den Hänseleien. Dass es zu dick ist. Dazu noch ohne Taschengeld, das die Mama lieber vertrinkt, als der Tochter etwas zu geben. Dass das Mädel nie einen Papa gekannt hat. Dass die Mama mit dem Mädel bald umziehen will, wahrscheinlich sogar muss, in eine noch kleinere Wohnung. Dass es bis jetzt kein Handy hat, weil eben einfach nie ein Cent übrig bleibt. Und so weiter. Ein schreckliches Teenagerleben im andauernden Sau-Suppenwetter des Lebens.

»Geburtstag hat ich gestern auch, und die Mama hat s vergessen«, endet das Mädel und wischt sich Tränen und Rotz mit dem Ärmel weg. Nimmt einen nächsten langen Schluck von der Limonade. Süß schmeckt die, zuckersüß.

Der Bauarbeiter hat die ganze Zeit geschwiegen und zugehört. Nun strahlt er übers ganze Gesicht. »Na, das is witzig. Mein Ehrentag war auch gestern.«

»Was? Echt?«

Das Mädel staunt, und das Staunen lässt es schwindlig werden. Mit der freien Hand umklammert es die Sitzfläche des blauen Klappsessels, mit der anderen führt es die Flasche wieder an die Lippen.

»Lass uns einfach nachfeiern«, erklärt er und steht auf. »Ich hab ein Stück Marmorgugelhupf in meiner Jausenbox, das teil ich mir mit dir. Als Tortenersatz.«

Wie lieb der is, denkt das...
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Autor

Isabella Archan wurde 1965 in Graz geboren. Nach Abitur und Schauspieldiplom folgten Theaterengagements in Österreich, der Schweiz und in Deutschland. Seit 2002 lebt sie in Köln, wo sie eine zweite Karriere als Autorin begann. Neben dem Schreiben ist Isabella Archan immer wieder in Rollen in TV und Film zu sehen.isabella-archan.de