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E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Drachenmond Verlagerschienen am05.11.2019
Es war einmal eine Zeit, in der Schneeköniginnen die Welt mit Eis überzogen und Hexen Menschen in Tiere verwandelten.So jedenfalls erzählt man sich.Was aber wäre, wenn Zauberinnen Mädchen in Türme sperrten, um sie zu schützen?Wenn der Herzkönigin einst selbst das Herz gebrochen wurde?Wenn man fortgehen muss, um sich selbst zu finden?Es ist an der Zeit, auch die Stiefmütter, die Wölfe und die Todesfeen zu Wort kommen zu lassen.Bist du bereit für ihre Geschichten?Durch Eiswüsten und Flammenmeere ist die vierte Märchenanthologie des Drachenmond Verlages. Dieses Mal haben sich auch Sagenadaptionen ans Lagerfeuer gesellt.Alle Anthologien können unabhängig voneinander gelesen werden.

Christian Handel wurde in der Schneewittchen-Stadt Lohr am Main geboren, die im sagenumwobenen Spessart liegt. Inzwischen lebt er allerdings in Berlin und ist selbst davon überrascht, wie sehr er sich als Landpflanze im Großstadtdschungel wohl fühlt.Er begeistert sich für Stoffe über starke Frauen, märchenhafte Motive und queere Themen. Außerdem ist er einer der größten Buffy-Nerds überhaupt.Sein Debut ROSEN & KNOCHEN bezeichnet es selbst gern als dunkles Märchen.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,90
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR8,99

Produkt

KlappentextEs war einmal eine Zeit, in der Schneeköniginnen die Welt mit Eis überzogen und Hexen Menschen in Tiere verwandelten.So jedenfalls erzählt man sich.Was aber wäre, wenn Zauberinnen Mädchen in Türme sperrten, um sie zu schützen?Wenn der Herzkönigin einst selbst das Herz gebrochen wurde?Wenn man fortgehen muss, um sich selbst zu finden?Es ist an der Zeit, auch die Stiefmütter, die Wölfe und die Todesfeen zu Wort kommen zu lassen.Bist du bereit für ihre Geschichten?Durch Eiswüsten und Flammenmeere ist die vierte Märchenanthologie des Drachenmond Verlages. Dieses Mal haben sich auch Sagenadaptionen ans Lagerfeuer gesellt.Alle Anthologien können unabhängig voneinander gelesen werden.

Christian Handel wurde in der Schneewittchen-Stadt Lohr am Main geboren, die im sagenumwobenen Spessart liegt. Inzwischen lebt er allerdings in Berlin und ist selbst davon überrascht, wie sehr er sich als Landpflanze im Großstadtdschungel wohl fühlt.Er begeistert sich für Stoffe über starke Frauen, märchenhafte Motive und queere Themen. Außerdem ist er einer der größten Buffy-Nerds überhaupt.Sein Debut ROSEN & KNOCHEN bezeichnet es selbst gern als dunkles Märchen.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783959918732
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2019
Erscheinungsdatum05.11.2019
Reihen-Nr.4
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2932 Kbytes
Artikel-Nr.10453141
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe





Das Herz hinter dem Spiegel

Fabienne Siegmund







www.facebook.com/FabienneSiegmundWortjongleurin





Das Herz hinter dem Spiegel





1



Kein Herz ist von Beginn an aus Eis.

Die Kälte kommt erst mit der Zeit, zugefügt von der Welt. Bedeckt das Herz zunächst nur mit einer dünnen Schicht Raureif, leicht fortzuwischen. Doch manchmal gibt es keine Wärme, und irgendwann wird die Kälte zum vertrauten Gefühl. Das Herz gefriert gänzlich, und passt man nicht auf, zerspringt es.

Ganz selten aber, vielleicht einmal in einer Million Jahre, auf einem der Abermillionen von Sternen, gibt es jemandem, der sich dieses gefrorenen Herzens annimmt. Es in warmen Händen birgt, dass man fast zu glauben beginnt, all das Eis könne schmelzen.

Hoffnung jedoch ist keine leichte Kost und man sollte sie mit Vorsicht genießen. Weil Spiegel zerbrechlich sind und die Ewigkeit mehr ist als ein Wort. Und weil die Leere, die dann bleibt, sich allein mit Winter füllt.

Ich bin der weiche Schnee, der in die Welt wirbelt, die klirrende Kälte, die die Luft klingen lässt. Ich bin in den Winden, die schreiend durch die Dörfer wüten, und in dem Eis, das alles erstarren lässt.

Ich bin die Schneekönigin. Doch einst war ich ein Mädchen.

Leise hallen meine Schritte durch die hohen, leeren Hallen meines Schlosses. Es ist still hier. Wo nichts ist, kann nichts klingen. Für fremde Augen wäre all das Weiß, das mich umgibt, gefährlich blendend, aber ich sehe die Farben in Eis und Schnee, die verschiedenen Nuancen von Blau, das schimmernde Aquamarin und das tiefdunkle Saphir. Für mich tanzen glänzende Schleier über das Weiß, flirrendes Glitzern wechselt sich mit grauen Schatten ab. Ich erkenne die glatten Flächen und scharfen Kanten, wo sie anderen Augen verborgen bleiben. Unzählbar viele Tropfen Blut haben sich im Eis verfangen, wie Statuen stehen all jene nun in den Gängen des Schlosses.

Mir tun Schnee und Eis nichts. Meine Hände spüren weder ihre tröstliche Kälte noch die Schnitte, die sie anderen zufügen. Ich blute nicht. Einzig die silberglänzenden Spiegelscherben, die vor dem leeren Standrahmen liegen, kann ich nicht berühren.

Andere müssen es tun, müssen meine Aufgabe erfüllen.

Ich habe vergessen, wie der Junge heißt, der es gerade versucht.

Die Kälte hat seine Fingerspitzen und Lippen tiefblau gefärbt, aber er spürt keinen Schmerz, der Splitter in seinem Herzen betäubt seine Sinne. Es ist die einzige Gnade, die ich ihm zuteilwerden lassen kann, denn gegen den zweiten Splitter, der in seinem Auge, kann ich nichts tun, obwohl ich an ihm ebenso Schuld trage wie an dem in seinem Herzen.

Kay.

Warum fällt mir sein Name wieder ein? Sicher. Das Mädchen hat geschrien. Nicht alle Menschen wenden sich ab, wenn das Herz zu Eis wird.

Jan hat es auch nie getan â¦

Der Junge hebt den Kopf. Er kniet zwischen Spiegelscherben, ein diffuses Muster vor sich. Die Splitter in seinen Augen macht ihn blind. Wut überkommt mich, ich stürze zu ihm, trete das sinnlose Spiegelmuster auseinander. Glas knirscht unter meinen Füßen und die Schreie, die ich auf Kay herabprasseln lasse, gelten eigentlich mirâ¯- der feine Scherbenstaub macht es zusehends unmöglich, die Aufgabe zu erfüllen.

Der Junge reagiert nicht einmal. Sein Herz ist so kalt, wie meines einst war. Als ich es noch hatte.

Nun ist es verloren. So, wie Jan es ist.



2



Lange bevor mich der Winter küsste, war ich nichts als ein Mädchen, das mit goldenen Zöpfen durch das ihm bekannte Stückchen Welt gehüpft war. Da war der Hof meiner Eltern, das kleine Dörfchen und die Wiesen um ihn herum, ja, sogar die ersten Ausläufer des dunklen Waldes, dessen Geheimnisse mich und andere Kinder im Dorf stets gelockt haben.

Doch das Schicksal vermag ein grausamer Dieb zu sein, und eines Sommers raubte es mir die Eltern. Sie ertranken im Fluss, der unter schweren Sommergewittern zu einem reißenden Strom angeschwollen war.

Damals lernte ich, dass Einsamkeit ein Ort ist, dem man mitunter nur schwer entkommen kann. Ich hatte keine Anverwandten und die Zeiten waren hart - niemand nahm mich auf. Im Gegenteil, ich wurde wie ein räudiger Hund überall davongejagt. So lief ich fort, weiter noch, als meine Beine mich trugen. Ich lernte zu betteln und zu stehlen, bis ich alt genug war, für meinen Lebensunterhalt zu arbeiten.

Ich war menschenscheu, Schichten aus Raureif waren zu Mauern aus Eis geworden - wer zu oft abgelehnt wird, hört auf zu vertrauen; wer zu oft verletzt wird, bleibt lieber allein. Die Bauernfamilie, in deren Diensten ich stand, schätzte dies an mir. Still und fleißig, bescheiden und belastbar. Dass ich nie lächelte, störte ebenso wenig wie der Umstand, dass ich mich stets schnell von gemeinsamen Mahlzeiten zurückzog, selbst im Winter, wenn die große Küche der einzig beheizte Raum war.

Doch ich liebte den Winter, das Gefühl, dass die Welt erstarrte und so viele Dinge unter der Decke aus Schnee verschwanden. All die Kälte war mir so viel näher als die sengende Hitze des Sommers, die sich nur allzu oft in Gewittern entlud. Donner, Blitz und Wetterleuchten trugen dann die Erinnerungen zu mir zurück, als Mutter und Vater nicht wiedergekommen waren.

Der Winter fügte mir nie ein solches Leid zu.

Vielleicht war durch diese Liebe alles vorherbestimmt. Doch vielleicht ist ein wankelmütiges Wort, Möglichkeiten und Entscheidungen sind immer mannigfaltig.

Und im Frühling, der diesem Winter folgte, änderte sich alles. Jan kam auf den Hof, mit seinen neunzehn Jahren nur einen Winter älter als ich, die dunklen Haare kinnlang und von einem ernsten und schüchternen Wesen. Seine Augen waren immer irgendwie traurig, und die Bäuerin befand, dass er dies mit mir gemein hatte.

Jan sah tatsächlich mehr in mir als andere. Ihm war es nicht genug, dass ich arbeitete und die Mahlzeiten mit den anderen einnahm.

Er fragte mich Dinge. Woher ich kam. Was mit mir geschehen war. Zunächst blieb ich stumm, aber an dem Tag, an dem er sich um ein verletztes Rotkehlchen kümmerte und ich ihm half, fand ich meine Worte. Erzählte von meinen Eltern, erfuhr, dass unsere Schicksale einander glichen. Auch er war eine Waise, nur dass er das Glück hatte, wenigstens für kurze Zeit noch ein liebendes Zuhause bei seiner Großmutter gehabt zu haben, bis der Tod auch sie aus dem Leben gerissen hatte.

Er fluchte über den Winter, der ihr mit seiner Kälte zugesetzt hatte, wie ich über den Sommer.

Wir waren jung und dumm und wussten nichts vom Gleichgewicht der Welt. Doch zum ersten Mal spürte ich, dass die Kälte in meinem Herzen ein wenig verschwand. Ich hörte den Klang meines eigenen Lachens, das sich mit dem Jans zu einer Melodie verband.

Der Frühling ging und reichte dem Sommer die Hand, die Arbeit auf dem Hof wurde mehr, doch Jan und ich fanden immer noch Zeit füreinander, spazierten im Mondschein, tanzten unter Sternen und eines Abends hauchte er mir einen zarten Kuss auf die Wange. Die Schmetterlinge, die ich in mir zu spüren meinte, schafften es fast, meinen Zorn auf den Sommer zu vertreiben.

Womöglich hätten wir sogar geheiratet. Heute weiß ich, dass dies das größte Geschenk von allen gewesen wäre. Zu jener Zeit aber war das Eis stärker und Ereignisse, die mich zur Schneekönigin machten, kamen ins Rollen, noch ehe das zarte Band zwischen mir und Jan fester werden konnte.

Denn ein einzelner Funke vermag nicht das Eis von Jahren zu schmelzen. Und als der Mann kam, der gelbgoldene Butterblumenblütenblätter vor meinen Augen in weiße Schneesterne verwandelte, erlag ich der Magie des Winters, die mir offenbart wurde. Ich folgte dem Fremden, von dem ich nicht mehr wusste, als dass er nach tiefstem Eis roch und seine Augen die Farbe von glitzerndem Schnee hatten. Er führte mich zum Rand eines Waldes, dunkle Tannen wachten an seiner Grenze, tiefe Schatten lagen zwischen ihnen.

»Den Weg zu mir musst du selbst finden«, sagte der Fremde. »Aber ich sehe in deinem Herz, dass du den Weg seit langer Zeit kennst. Ich lese es in deinen Augen, die wie tiefblaue Eiskristalle funkeln. Du bist ein Kind des Winters, du kannst mir ebenbürtig sein.« Seine Stimme klirrte leise in der Luft und malte glitzernde Sterne in die Dunkelheit. Ich spiegelte mich in seinen schneeklaren Augen.

»Das Wort Ewigkeit sollst du legen«, schreie ich Kay an. Er sieht nicht einmal auf, seine vor Kälte tiefblauen Hände greifen schon automatisch nach den Scherben. Manchmal, wenn ich ganz genau hinsehe, kann ich ein Gesicht darin erkennen. Dann lasse ich einen Wirbel aus Schnee und Wind erscheinen, der das Bildnis zerreißt, weil es einen Schmerz gibt,...


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Christian Handel wurde in der Schneewittchen-Stadt Lohr am Main geboren, die im sagenumwobenen Spessart liegt. Inzwischen lebt er allerdings in Berlin und ist selbst davon überrascht, wie sehr er sich als Landpflanze im Großstadtdschungel wohl fühlt.Er begeistert sich für Stoffe über starke Frauen, märchenhafte Motive und queere Themen. Außerdem ist er einer der größten Buffy-Nerds überhaupt.Sein Debut ROSEN & KNOCHEN bezeichnet es selbst gern als dunkles Märchen.