Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Der Wind über den Klippen

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
368 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am18.04.20231. Auflage
'Finnlands Antwort auf Henning Mankell' (Brigitte) Kommissarin Maria Kallio ist gerade aus ihrem Mutterschaftsurlaub zurückgekehrt, und als wären die Spannungen im Dezernat und die Doppelbelastung nicht genug, hat sie gleich einen Fall auf dem Tisch, der ihr besonders nahe geht. Auf einer Insel in den Schären ist eine Leiche gefunden worden. Zufälligerweise hatte Maria den erfolgreichen Geschäftsmann kurz vorher bei einem Segeltörn kennengelernt. Ein Unfall war es nicht, und bald findet Maria heraus, dass sich noch andere Verbrechen an diesen Fall knüpfen... 'Niemand erzählt so spannend von finnischen Eigenheiten und kleinen Morden unter Freunden.' (stern)

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR16,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext'Finnlands Antwort auf Henning Mankell' (Brigitte) Kommissarin Maria Kallio ist gerade aus ihrem Mutterschaftsurlaub zurückgekehrt, und als wären die Spannungen im Dezernat und die Doppelbelastung nicht genug, hat sie gleich einen Fall auf dem Tisch, der ihr besonders nahe geht. Auf einer Insel in den Schären ist eine Leiche gefunden worden. Zufälligerweise hatte Maria den erfolgreichen Geschäftsmann kurz vorher bei einem Segeltörn kennengelernt. Ein Unfall war es nicht, und bald findet Maria heraus, dass sich noch andere Verbrechen an diesen Fall knüpfen... 'Niemand erzählt so spannend von finnischen Eigenheiten und kleinen Morden unter Freunden.' (stern)

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644400184
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum18.04.2023
Auflage1. Auflage
Reihen-Nr.5
Seiten368 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2435 Kbytes
Artikel-Nr.11539319
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Zwei

«Sehe ich nach Chefin aus?», fragte ich Antti am Montagmorgen. Ich trug einen Blazer im Safaristil zur passenden Hose und hatte mich, so gut ich konnte, auf Hauptkommissarin getrimmt, mit Pferdeschwanz und möglichst dezentem Make-up.

«Ziemlich sexy für eine Chefin», lachte Antti. «Nun geh schon, ich seh dir doch an, wie sehr du dich auf die Arbeit freust.»

Die Fahrt dauerte nicht lange, zehn Minuten vor Beginn der Dienstzeit war ich am Ziel. Feste Arbeitszeiten würde ich allerdings auch künftig nicht haben, denn Verbrechen geschehen nun einmal zu jeder Tageszeit. Die Reformen, die in den letzten Jahren bei der Espooer Polizei durchgeführt worden waren, wirkten sich auch auf meine Arbeit aus. Der Einsatz von Kontaktbereichsbeamten und die Sympathiewerbung waren von allen Seiten gelobt worden. Unser Dezernat wiederum hatte sich speziell beim Aufbrechen der starren Amtshierarchie hervorgetan, was zur Folge hatte, dass ich trotz meines neuen Ranges auch künftig Tatorte inspizieren und Verdächtige und Zeugen vernehmen würde.

Im Flur unseres Dezernats roch es wie immer nach Staub und abgestandenem Kaffee. Durch die Glastür sah ich Puupponen im Pausenraum.

«Herzlich willkommen, Frau Hauptkommissarin! Womit soll´s losgehen?»

«Mit der üblichen Montagsbesprechung um halb zehn», brachte ich gerade noch heraus, bevor Puupponen mich umarmte. Gleich darauf rannte Koivu herbei und drückte mich an sich.

«So, und jetzt bringen wir die Hauptkommissarin in ihr Büro. Hör auf zu zappeln, Maria, lass dich dieses eine Mal auf Händen tragen!»

Die Stille auf dem Flur hatte mich getäuscht: Das ganze Dezernat war in meinem Dienstzimmer versammelt. Auf dem Couchtisch standen Kaffeetassen und Himbeertorte bereit, auf dem Schreibtisch prangte ein Riesenstrauß weißer und dunkelroter Rosen. Mein Vorgänger Taskinen, der inzwischen zum Kripochef aufgestiegen war, stand lächelnd vor den Kollegen.

«Das Präsidium spendiert dir einen neuen Bürostuhl», erklärte er und zeigte auf einen prachtvollen roten Drehsessel. «Der vorige war für mich und Ström bemessen. Man beachte die verstellbare Fußstütze!»

«Ich bin ein Zwerg, ich weiß», lachte ich gerührt. Offenbar freuten sich wirklich alle über meine Rückkehr.

Alle bis auf Ström. Er hatte sich heute früh nicht blicken lassen.

«Ström ist krank. Magenverstimmung», meldete Lähde, Ströms einziger Kumpel im Dezernat.

«Der arme Pertsa hatte immer schon einen empfindlichen Magen», antwortete ich und erntete wieherndes Gelächter. Dann wurde ich lautstark aufgefordert, endlich die Torte anzuschneiden.

«Ström räumt seine Kisten sicher gleich weg, wenn er kommt. Gelüftet haben wir schon», sagte Puupponen entschuldigend. «Pertsa hat hier drinnen trotz Verbot eine nach der anderen geraucht.»

«Die Rosen duften so schön, dass man den Zigarettengeruch kaum noch merkt. Nun esst brav euren Kuchen auf, damit wir an die Arbeit gehen können», sagte ich.

Ströms Abwesenheit überraschte mich nicht, denn wir hatten uns einen heftigen Kampf um den Posten des Dezernatsleiters geliefert. Ström, der meinte, ich sei nur gewählt worden, weil ich eine Frau war, hatte die Entscheidung erfolglos angefochten. Da die Stelle Mitte Oktober, sieben Wochen nach Iidas Geburt, frei geworden war, hatte man ihm angeboten, mich während des Mutterschaftsurlaubs zu vertreten. Alle hatten damit gerechnet, er würde sich weigern, doch er hatte angenommen. Daher musste ich nun ein Dezernat übernehmen, das er zehn Monate lang geleitet hatte.

Da Koivu, Puupponen und Taskinen mich gelegentlich besucht und die anderen Kollegen sich telefonisch gemeldet hatten, war ich über die Situation im Dezernat auf dem Laufenden geblieben. Ström war kein einfacher Chef gewesen. Am schlimmsten hatte er sich gegenüber Anu Wang, einer gebürtigen Vietnamesin, aufgeführt, die seiner Meinung nach lediglich als Quotenfrau eingestellt worden war. Ihm ging die «schlitzäugige Kuh» gegen den Strich, während die anderen fanden, Anu mache sich ausgezeichnet. Als erste Vertreterin einer ethnischen Minderheit an der Polizeischule war sie daran gewöhnt aufzufallen.

Bei der Morgenbesprechung hätte ich Ström allerdings gern dabeigehabt. Er leitete die Ermittlungen in allen aktuellen Fällen und kannte die Gesamtlage. Ohne ihn konnte ich in meiner ersten Besprechung nur einzelne Punkte aufgreifen und war gezwungen, nach seinen Vorgaben weiterzuarbeiten. Zum Glück handelte es sich bei den Delikten, mit denen sich unser Dezernat zur Zeit beschäftigte, um Routinefälle: eine Schlägerei unter Betrunkenen in Matinkylä und ein Überfall in Tapiola, für den es ein Dutzend Zeugen gab. In der Woche vor meinem Dienstantritt hatte Pertsa die Voruntersuchung im kompliziertesten Fall dieses Sommers abgeschlossen, einer Messerstecherei in der Mittsommernacht am Badestrand von Haukilahti.

In den ersten Tagen tat ich kaum etwas anderes, als mich durch Berge von Papieren zu wühlen und an diversen Besprechungen teilzunehmen. Wie ich bald feststellte, musste ich in meiner neuen Position unzählige Sitzungen besuchen. Ström erschien am Mittwoch wieder zur Arbeit und richtete sich in seinem alten Büro ein, das er mit Lähde teilte. Bei mir hatte er sich nicht gemeldet, und da die Kartons mit seinen Ordnern um ein Uhr immer noch in meinem Büro herumstanden, marschierte ich zu ihm.

Er wirkte erschöpft: sein normalerweise rötliches, pockennarbiges Gesicht war blass, die schnupftabakbraunen Haare klebten am Kopf. Die Augen verbarg er hinter einer dunklen Pilotenbrille, zwischen den Fingern hing eine glimmende Zigarette.

«Tag, Pertsa, schön, dass du wieder gesund bist. Wir sollten uns mal zusammensetzen, es gibt viel zu besprechen. Was hast du morgen vor?»

«Keine Ahnung. Kommt drauf an, ob heute Nacht jemand umgebracht wird», brummte er, ohne meinen Gruß zu erwidern.

«Wie wäre es morgen Mittag mit einem ausgedehnten Essen, in einem ordentlichen Restaurant statt in der Kantine? Ich lad dich ein», schlug ich vor.

Er schüttelte den Kopf. «Ich hab um zwölf einen Termin beim Staatsanwalt wegen der Messerstecherei. Wenn du eine Besprechung willst, musst du bis Freitagnachmittag warten. Passt es dir um drei?»

Dieser Mistkerl, das tat er mit Absicht! Natürlich wollte er testen, ob ich auch nach der Geburt meines Kindes bereit war, unbegrenzt Überstunden zu machen. Er wusste genau, dass wir mindestens drei Stunden brauchen würden, selbst wenn wir nur die wichtigsten Dinge besprachen.

«Ja, das geht», antwortete ich ruhig. «Du sitzt jetzt mit Pasanen vom Wirtschaftsdezernat an dieser Betrugsgeschichte, nicht wahr?»

«Ja. Verdammt komplizierte Sache. Damit bin ich vorläufig voll ausgelastet. Gott sei Dank brauch ich Puupponen und diese schlitzäugige Göre jetzt nicht mehr zu hüten. Den beiden muss man alles fünfmal verklickern.»

«Hör auf, Anu Schlitzauge zu nennen!», giftete ich. Erst dann ging mir auf, dass Pertsa es darauf angelegt hatte, mich in Rage zu bringen, was ihm schon auf der Polizeischule leicht gefallen war.

Er lächelte höhnisch, drückte die Zigarette aus und steckte gleich die nächste an. «Ist sonst noch was, oder darf ich weiterarbeiten?», fragte er und deutete auf den PC, dessen Monitor inzwischen dunkel geworden war. Ich war fest davon überzeugt, dass er bei meinem Eintritt ein Spiel laufen gehabt hatte.

«Also am Freitag um drei in meinem Büro», sagte ich im Befehlston - ein diskreter Hinweis darauf, dass das Chefbüro jetzt mir gehörte. Ich würde Pertsa nicht erlauben, dort zu rauchen, obwohl ich wusste, dass er mit sinkendem Nikotinpegel immer unausstehlicher wurde.

Bis Freitag war meine elegante Safarihose fleckig geworden, sodass ich meinen alten schwarzen Blazer und Jeans anziehen musste. In der Hosentasche fand ich die Visitenkarte von Anne Merivaara, die ich vor lauter Arbeit ganz vergessen hatte. Dabei hatte ich ihr doch versprochen, mich wegen Harri zu melden!

Nachdem ich die morgendlichen Routineaufgaben erledigt hatte, rief ich am PC die Akte der Voruntersuchung über Harris Tod auf. Der Bericht war kurz und bündig. Wie Koivu mir im Herbst bereits gesagt hatte, war es ein Unfall gewesen. Weder auf der Insel noch in Harris Wohnung hatte man Hinweise auf einen Selbstmord gefunden.

Ich las die Protokolle zweimal durch, und als ich Koivu nach dem Essen im Pausenraum sitzen sah, fragte ich ihn noch einmal nach dem Fall. Er erinnerte sich nicht mehr daran, immerhin lag die Sache bereits zehn Monate zurück. Erst bei dem Namen Rödskär fiel der Groschen.

«Ach richtig, da bin ich ja sogar im Hubschrauber hingeflogen. Eindeutig ein Unfall. Einen Abschiedsbrief haben wir nicht gefunden, auch in seiner Wohnung nicht.»

«Und sein Computer? Habt ihr den untersucht?», fragte ich, denn ich erinnerte mich an den Fall eines kontaktgestörten jungen Mannes, der ausschließlich mit seinem PC kommunizierte. Er hatte auf dem laufenden Gerät einen Abschiedsbrief hinterlassen und sich unmittelbar daneben erhängt, doch sein zuckendes Bein hatte sich im Kabel verfangen und es aus der Steckdose gerissen. Daher war seine Nachricht nicht gefunden worden, erst später hatte sie ein anderer Computerfreak, der das Gerät gekauft hatte, auf der Festplatte entdeckt.

«Er hatte das Ding auf die Insel mitgenommen, ein Olivetti-Laptop. Da war weiter nichts drauf als Vogeltagebücher und meeresbiologischer Kram, aus dem ein normaler Polizist nicht schlau wird. Warum können die Ornithologen eine Sturmmöwe nicht Sturmmöwe nennen, statt mit lateinischen Namen um sich zu werfen?»

«Du hast...
mehr

Autor

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit.Gabriele Schrey-Vasara, geboren 1953 in Rheydt, studierte Geschichte, Romanistik und Finnougristik in Göttingen und lebt seit 1979 in Helsinki. 2008 erhielt sie den Staatlichen finnischen Übersetzerpreis.