Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

In feiner Gesellschaft

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
448 Seiten
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am17.10.2023
Laurence und Rosamund Harwell gelten in ihren Kreisen als Paradebeispiel einer amour fou. Während Laurence als Theaterproduzent seinen Geschäften nachgeht, bändelt die kapriziöse Rosamund mit einem jungen Dramatiker an. Als sie kurze Zeit später ermordet aufgefunden wird, soll sich Lord Peter ein wenig in der feinen Gesellschaft umhören ...

Dorothy L. Sayers, 1893 - 1957, legte als eine der ersten Frauen an der Universität ihres Geburtsortes Oxford ihr Examen ab. Mit ihren mehr als zwanzig Detektivromanen schrieb sie Literaturgeschichte, und sie gehört neben Agatha Christie und P.D. James zur Trias der großen englischen «Ladies of Crime». Sie führte die Figur des eleganten, finanziell unabhängigen Lord Peter Wimsey ein, der aus moralischen Motiven Verbrechen aufklärt. Dieser äußerst scharfsinnige Amateurdetektiv avancierte zu einem der populärsten Krimihelden des Jahrhunderts.
mehr
Verfügbare Formate
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR19,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR4,99

Produkt

KlappentextLaurence und Rosamund Harwell gelten in ihren Kreisen als Paradebeispiel einer amour fou. Während Laurence als Theaterproduzent seinen Geschäften nachgeht, bändelt die kapriziöse Rosamund mit einem jungen Dramatiker an. Als sie kurze Zeit später ermordet aufgefunden wird, soll sich Lord Peter ein wenig in der feinen Gesellschaft umhören ...

Dorothy L. Sayers, 1893 - 1957, legte als eine der ersten Frauen an der Universität ihres Geburtsortes Oxford ihr Examen ab. Mit ihren mehr als zwanzig Detektivromanen schrieb sie Literaturgeschichte, und sie gehört neben Agatha Christie und P.D. James zur Trias der großen englischen «Ladies of Crime». Sie führte die Figur des eleganten, finanziell unabhängigen Lord Peter Wimsey ein, der aus moralischen Motiven Verbrechen aufklärt. Dieser äußerst scharfsinnige Amateurdetektiv avancierte zu einem der populärsten Krimihelden des Jahrhunderts.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644532113
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2023
Erscheinungsdatum17.10.2023
Reihen-Nr.12
Seiten448 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse7209 Kbytes
Artikel-Nr.12489408
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

In Frankreich, sagt´ ich, verstehn sie das Ding besser.

LAURENCE STERNE

«Nein», sagte Monsieur Théophile Daumier, «ich kann diese Engländer einfach nicht verstehen.»

«Niemand versteht sie», antwortete Mr. Paul Delagardie, «sie sich selbst am wenigsten.»

«Ich sehe, wie sie hin- und hereilen, ich beobachte sie, ich spreche mit ihnen - denn meines Erachtens ist es übrigens unwahr, daß sie einsilbig und unfreundlich sind - aber ihr Innenleben bleibt mir verschlossen. Sie sind unaufhörlich beschäftigt, aber ich kenne die Beweggründe für ihr unermüdliches Tun nicht. Es ist gar nicht ihre Reserviertheit, die mich kapitulieren läßt, denn oftmals sind sie überraschend redselig - das Problem ist, daß ich nicht weiß, wo ihre Redseligkeit aufhört und ihre Zurückhaltung anfängt. Man sagt, daß sie sich strikt an die Konventionen halten würden, und doch können sie eine Nonchalance unter Beweis stellen, die ihresgleichen sucht. Und wenn man sie darauf anspricht, scheinen sie keinerlei Theorie über das Leben zu haben, die man definieren könnte.»

«Sie haben völlig recht», sagte Mr. Delagardie. «Die Engländer haben eine Abneigung gegen Theorien. Aber es ist, eben darum, recht leicht, mit uns auszukommen. Unsere Konventionen sind rein äußerlich, man kann sie sich schnell zu eigen machen. Aber unsere Lebensphilosophie ist jeweils eine individuelle, und wir halten uns nicht für berufen, in die der anderen hineinzureden. Deshalb ist es bei uns auch erlaubt, in einem öffentlichen Park jegliche aufrührerische Meinung offen zu äußern - mit der einzigen Auflage, daß sich keiner so weit vergessen darf, die Zäune herauszureißen oder auf die Blumen zu treten.»

«Ich bitte um Verzeihung, ich hatte einen Moment lang vergessen, daß Sie selbst Engländer sind. Vom Äußeren her und auch von Ihrem Akzent gehen Sie ohne weiteres als Franzose durch.»

«Danke sehr», antwortete Mr. Delagardie. «Ich bin tatsächlich nur zu einem Achtel französischer Abstammung. Die anderen sieben Achtel sind englisch, und der Beweis dafür ist, daß ich Ihre Worte als Kompliment auffasse. Im Gegensatz zu Juden, Iren und Deutschen mögen es die Engländer, wenn man ihre Herkunft für noch gemischter und exotischer hält, als sie es in Wirklichkeit ist. Dadurch wird die romantische Saite im englischen Temperament zum Klingen gebracht. Sagen Sie einem Engländer, er sei reinrassig angelsächsisch und ohne jeglichen semitischen Einschlag, und er wird Sie auslachen; sagen Sie ihm, daß seine Ahnenreihe vor langer Zeit auch einmal französische, russische, chinesische oder sogar arabische oder Hindu-Anteile aufzuweisen hatte; dann wird er Ihnen höflich und mit Genugtuung zuhören. Je entfernter die Verwandtschaft, desto besser, versteht sich; das ist zum einen pittoresker und verschafft Ihnen zum anderen einen weniger zweifelhaften Ruf in der Gesellschaft.»

«Einen zweifelhaften Ruf? Aha! Sie geben also zu, daß Engländer alle Völker außer dem eigenen verachten?»

«Nur solange er noch nicht dazu gekommen ist, sie zu assimilieren. Was er verachtet, sind nicht so sehr andere Völker als vielmehr andere Kulturen. Er läßt sich nur ungern als dahergelaufenen Südländer bezeichnen; sollte er aber mit Glutaugen und dunklerem Teint ausgestattet sein, dann führt er diese Charakteristika mit Freuden auf einen Hidalgo zurück, den es in einem Wrack der spanischen Armada an die englische Küste verschlagen hat. Bei uns kommt alles aufs Gefühl und die Assoziationen an, die geweckt werden.»

«Ein merkwürdiges Volk!» fand Monsieur Daumier. «Und trotzdem ist der Nationaltypus unverkennbar. Man sieht jemanden und erkennt sofort, daß er Engländer ist - aber das ist auch schon alles, was man je über ihn erfahren wird. Nehmen Sie zum Beispiel das Paar am Tisch gegenüber. Er ist unzweifelhaft ein Engländer, einer aus der Schicht der wohlhabenden Müßiggänger. Er hat ein leicht militärisches Auftreten und ist sehr braun gebrannt - aber das liegt vielleicht nur an seiner Vorliebe für le sport. Wenn man ihn so anschaut, möchte man meinen, daß ihn außer der Fuchsjagd nichts im Leben interessiert - wenn man davon absieht, daß er in der Tat offensichtlich sehr angetan von seiner außerordentlich schönen Begleiterin ist. Aber wenn Sie mich fragen, er könnte Abgeordneter sein, Finanzier oder genausogut Bestsellerautor. Von seinem Gesicht läßt sich zumindest nichts ablesen.»

Mr. Delagardie warf einen Blick auf die in Rede stehenden Gäste.

«Ach, ja!» sagte er. «Erzählen Sie mir, was Sie mit ihm und der Frau an seiner Seite anfangen können. Sie haben recht: Sie ist ein hinreißendes Geschöpf. Ich hatte immer schon ein Faible für echte Rotblonde. Sie können oft sehr leidenschaftlich sein.»

«Leidenschaft, so glaube ich, steht da drüben im Moment auch zur Debatte», antwortete Monsieur Daumier. «So, wie ich das sehe, ist sie eine Geliebte und keine Ehefrau - oder, besser gesagt, denn sie ist ja offensichtlich verheiratet, zumindest nicht seine Frau. Wenn überhaupt eine Verallgemeinerung über die Engländer zulässig ist, dann die, daß sie ihre Ehefrauen als eine Selbstverständlichkeit ansehen. Engländer verzichten darauf, die Blume der Leidenschaft mit ihrer Gartenschere zu pflegen. Sie lassen die Blume einfach wild wuchern, bis von ihr eines Tages nur noch gemäßigte Zuneigung übrig ist, die wohl ihre Früchte trägt und ein Produkt der Natur ist, aber ganz gewiß keine Zierde. Sie müssen sie nur einmal beobachten, wenn sie miteinander sprechen. Entweder sie hören ihren Ehefrauen überhaupt nicht zu, oder sie sind allenfalls mit einer intelligenten Höflichkeit bei der Sache, die man einer geschwätzigen Zufallsbekanntschaft zuteil werden läßt. Ce monsieur là-bas ist auch unaufmerksam, aber aus einem anderen Grund: Er ist von den persönlichen Reizen der Dame gefangen, und seine Gedanken sind auf künftige Freuden gerichtet. Er ist, wie man bei Ihnen sagt, über beide Ohren verliebt - und soweit ich das bisher beobachtet habe, kann ein Engländer diesen Zustand einfach nicht verbergen. Anders als wir Franzosen läßt er nicht jeder Frau schon aufgrund ihres Geschlechts gewissenhafte Aufmerksamkeit zukommen. Wenn er sich dazu hinreißen lassen sollte, so etwas wie Hingabe an den Tag zu legen, dann hat er immer besondere Gründe dafür. Ich wage die Hypothese, daß wir es hier mit zweien zu tun haben, die durchgebrannt sind, auf jeden Fall handelt es sich um ein Abenteuer; eine Affaire vielleicht, die er in London verheimlichen müßte. Hier, in unserem verruchten Paris, kann er sich ohne Scham gehen lassen.»

«Ich stimme Ihnen soweit zu», meinte Mr. Delagardie, «daß es sich hierbei wirklich nicht um das typische englische Ehepaar handelt. Und es stimmt auch, daß der Engländer, einmal auf dem Kontinent, die Konvention der englischen Reserviertheit fahrenläßt - Tatsache ist, daß das sogar ein Bestandteil ebendieser Konvention ist. Aber Sie sagen gar nichts über die Dame.»

«Sie ist auch verliebt, aber gleichzeitig ist sie sich des Opfers bewußt, daß sie gebracht hat. Sie macht ihm kein geringeres Angebot als ihre Kapitulation, und trotzdem versteht sie es, sich den Hof machen zu lassen. Denn schließlich wird derjenige, der am meisten aufs Spiel setzt, ihr Ja erringen. Wenn sie sich aber einmal hingibt, dann rückhaltlos. Der braungebrannte Gentleman ist wirklich zu beneiden.»

«Ihre Beobachtungen sind überaus interessant», erwiderte Mr. Delagardie. «Dies um so mehr, als sie weitgehend nicht zutreffen, wie ich zufälligerweise weiß. Aber wie Sie ganz richtig sagen, die Engländer können einen erstaunen. Was halten Sie denn zum Beispiel von dem so ganz anderen Paar in der Ecke gegenüber?»

«Der blonde Diplomat mit dem Monokel und die resolute Brünette im orangen Taft?»

«Genaugenommen ist er kein Diplomat, aber das ist der Mann, den ich meine.»

«Bitte», sagte Monsieur Daumier mit mehr Überzeugung in der Stimme, «da haben Sie das englische Ehepaar par excellence. Sie sind aus sehr gutem Stall, der Mann besonders, und sie geben dem ganzen Saal eine Lektion in Tischmanieren. Beim Bestellen zieht er sie zu Rate, gibt acht, daß sie auch bekommt, was sie wünscht, und bestellt sein eigenes Essen nach seinem Gusto. Wenn sie ihre Serviette fallen läßt, hebt er sie für sie auf. Wenn sie spricht, hört er zu und antwortet angemessen, doch immer mit einem unerschütterlichen Phlegma und fast ohne sie dabei anzusehen. Er ist der vollkommene Kavalier, und es ist ihm alles vollkommen gleichgültig, und dieser herzerweichenden Selbstbeherrschtheit setzt sie eine Kälte entgegen, die der seinen in nichts nachsteht. Sie kommen zweifellos gut miteinander aus, und schon aus Gewohnheit herrscht zwangsläufig sogar ein gewisses Einvernehmen, denn ihr Gespräch plätschert ohne große Pausen ruhig dahin. Denn wenn die Engländer jemanden nicht mögen, fangen sie selten an zu schreien: Sie verfallen in Schweigen. Diese beiden hier streiten sich weder in der Öffentlichkeit noch hinter verschlossenen Türen, da bin ich sicher. Sie sind schon so lange miteinander verheiratet, daß jedes leidenschaftliche Gefühl, das sie einmal füreinander empfunden haben mögen, längst abgestorben ist. Vielleicht war da aber auch nie allzu viel, denn schließlich sieht sie nicht gerade besonders gut aus, und er macht den Eindruck eines Mannes, der einen gewissen Wert auf Schönheit legt. Möglicherweise...
mehr

Autor

Dorothy L. Sayers, 1893 - 1957, legte als eine der ersten Frauen an der Universität ihres Geburtsortes Oxford ihr Examen ab. Mit ihren mehr als zwanzig Detektivromanen schrieb sie Literaturgeschichte, und sie gehört neben Agatha Christie und P.D. James zur Trias der großen englischen «Ladies of Crime». Sie führte die Figur des eleganten, finanziell unabhängigen Lord Peter Wimsey ein, der aus moralischen Motiven Verbrechen aufklärt. Dieser äußerst scharfsinnige Amateurdetektiv avancierte zu einem der populärsten Krimihelden des Jahrhunderts.