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Letzte Wünsche

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Rowohlt Verlag GmbHerschienen am16.07.2024
«Eine wunderbar unerwartete Geschichte über Liebe, Tod und alles, was dazwischenliegt.» Graham Norton Jeanie Masterson ist die Tochter des Bestatters in dem beschaulichen irischen Städtchen Kilcross. Von ihrem Vater hat sie die Gabe geerbt, mit den Verstorbenen sprechen zu können und deren letzte Wünsche entgegenzunehmen. Diese Fähigkeit verleiht ihr einen besonderen Status, zugleich bedeutet sie aber auch eine große Bürde: Denn sie muss entscheiden, welche Botschaften sie den Verbliebenen übermittelt und welche sie lieber für sich behält. Als ihre Jugendliebe Fionn nach London geht, fühlt Jeanie sich zum Bleiben verpflichtet, weil sie hier in Kilcross gebraucht wird. Aber vergessen kann sie ihn nie. Anne Griffin porträtiert eine junge Frau, hin- und hergerissen zwischen Pflichtgefühl und ihrem Wunsch nach Befreiung und Selbstbestimmung. Ein fesselnder und herzerwärmender Roman über das Leben, das Sterben und das, was das Leben lebenswert macht.

Anne Griffin ist eine irische Schriftstellerin. Sie erhielt für ihre Kurzgeschichten den John McGahern Award for Literature, außerdem stand sie u.a. auf der Shortlist für den Hennessy New Irish Writing Award und den Sunday Business Post Short Story Award.Ihr Romandebüt, 'Ein Leben und eine Nacht', wurde in zahlreiche Länder verkauft, u. a. in die USA, nach Kanada, Frankreich und Holland, und stand auf Platz 1 der irischen Bestsellerliste. Anne Griffin lebt in Irland.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR22,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR14,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

Klappentext«Eine wunderbar unerwartete Geschichte über Liebe, Tod und alles, was dazwischenliegt.» Graham Norton Jeanie Masterson ist die Tochter des Bestatters in dem beschaulichen irischen Städtchen Kilcross. Von ihrem Vater hat sie die Gabe geerbt, mit den Verstorbenen sprechen zu können und deren letzte Wünsche entgegenzunehmen. Diese Fähigkeit verleiht ihr einen besonderen Status, zugleich bedeutet sie aber auch eine große Bürde: Denn sie muss entscheiden, welche Botschaften sie den Verbliebenen übermittelt und welche sie lieber für sich behält. Als ihre Jugendliebe Fionn nach London geht, fühlt Jeanie sich zum Bleiben verpflichtet, weil sie hier in Kilcross gebraucht wird. Aber vergessen kann sie ihn nie. Anne Griffin porträtiert eine junge Frau, hin- und hergerissen zwischen Pflichtgefühl und ihrem Wunsch nach Befreiung und Selbstbestimmung. Ein fesselnder und herzerwärmender Roman über das Leben, das Sterben und das, was das Leben lebenswert macht.

Anne Griffin ist eine irische Schriftstellerin. Sie erhielt für ihre Kurzgeschichten den John McGahern Award for Literature, außerdem stand sie u.a. auf der Shortlist für den Hennessy New Irish Writing Award und den Sunday Business Post Short Story Award.Ihr Romandebüt, 'Ein Leben und eine Nacht', wurde in zahlreiche Länder verkauft, u. a. in die USA, nach Kanada, Frankreich und Holland, und stand auf Platz 1 der irischen Bestsellerliste. Anne Griffin lebt in Irland.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783644022805
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2024
Erscheinungsdatum16.07.2024
SpracheDeutsch
Dateigrösse7800 Kbytes
Artikel-Nr.15494017
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

KAPITEL 1

Als mein Vater mir eröffnete, dass er sich aus dem Geschäft zurückzieht und die Leitung von Masterson Bestattungen mir überträgt, wollte ich nur davonlaufen. Bis ans Ende dieser Welt, bis an den Rand der Klippen, den Kopf in den Himmel recken und tief einatmen, Luft, die nichts von mir wollte. Mich ganz von einer Freiheit durchdringen lassen, die keinerlei Erwartungen an mich hegte, meine Züge glättete und meine geballten Fäuste wieder löste.

Schon einmal hatte ich davonlaufen wollen, aber es war mir nicht gelungen. Die Pflicht, verstehen Sie. Die Pflicht, die Pflicht, die Pflicht. Der Steinmetz soll das Wort dereinst in großen Lettern und am besten gleich dreimal hintereinander unter meinen Namen in den Grabstein gravieren, damit alle wissen, wer Jeanie Masterson wirklich war. Was es gewesen ist, das sie angetrieben, sie niedergedrückt und, ja, wenn ich ehrlich bin, auch beglückt hat. Meine Welt, die ich gleichzeitig liebte und fürchtete und in der ich zerrissen war zwischen allzu vielen, die mich ebenso dringend brauchten wie ich sie.

 

«Baltimore», sagte mein Vater. Sie würden ihren Lebensabend in Baltimore verbringen. Mum und er, Gráinne und David Masterson, würden ihre Sachen packen und in sechs Monaten oder so umziehen. Ihnen sei es verziehen, wenn Sie denken, es handele sich um Baltimore in den Vereinigten Staaten. Ich jedoch wusste, welchen Ort er meinte: das Dorf an der Küste, an der Spitze von Irlands sechstem dicken Zeh. Es liegt im County Cork, ungefähr dreihundert Kilometer in südwestlicher Richtung von Kilcross entfernt, der Stadt in den Midlands, in der wir unser Leben verbracht haben. Weder Flugzeuge noch Bonusmeilen oder Pässe wären nötig, sie würden sich bloß ins Auto setzen und dahin fahren, wo wir immer unsere Sommerferien verbracht haben, als Mikey und ich Kinder waren. Meist war es bloß ein verlängertes Wochenende, aber manchmal, wenn Dad sich von den Verpflichtungen im Bestattungsinstitut frei machen konnte, eine ganze kostbare Woche. An unsere Tür konnte man kein Schild hängen, verstehen Sie, das die Leute höflich bittet, sich später wieder zu melden. Die Toten warten nicht gerne. Obwohl man natürlich auch behaupten kann, dass sie alle Zeit der Welt haben. Es war Harry, meine Tante, unsere Einbalsamiererin, die die Stellung hielt, während wir am Pier spazieren gingen und am Sandstrand spielten und unser Softeis lutschten. Ich liebte Baltimore. Wir liebten Baltimore, und nun würden sie es zu ihrem neuen Zuhause machen und Niall und mir das Haus und die Firma überlassen.

«Aber du bist doch gerade erst sechzig geworden», rief ich aus, als meine Eltern Niall und mir gegenübersaßen und uns ihre Neuigkeit eröffneten.

Wir saßen in unserem Morgenzimmer, einem von zwei Wohnzimmern in dem großen Haus, in dem wir alle zusammen wohnten - fünf Schlafzimmer, sechs, wenn man das Zimmer mitzählte, das Mum in einen begehbaren Kleiderschrank verwandelt hatte. Sie hatte noch ein weiteres in eine Sauna umwandeln wollen, aber dagegen hatte Dad sein Veto eingelegt.

«So früh geht doch niemand in den Ruhestand!»

«Schulleiter zum Beispiel gehen auch früh in Rente», wandte Dad ein.

«Aber du bist nun mal kein Rektor. Du bist ein Geschäftsmann ohne großzügige staatliche Pension.»

«Stimmt, aber ich habe ein bisschen was zurückgelegt, und außerdem habe ich eine begabte Tochter, die sehr gut für uns alle sorgen kann. Ganz zu schweigen von dem Mann neben dir, dem besten Thanatopraktiker in ganz Irland.» Er zwinkerte Niall zu, der strahlte, als wäre er Dads Preisbulle bei der Landwirtschaftsmesse in Kilcross.

«Da hat Harry doch auch ein Wörtchen mitzureden», ant-wortete ich, bevor ich begriff, wie unhöflich ich gewesen war. «Entschuldige, Niall.» Ich streckte die Hand aus, um meinem Mann das Knie zu tätscheln. «Ich hab´s nicht so gemeint.»

«Schon in Ordnung, ich versteh dich.» Er lächelte und griff nach meiner Hand. «Wir wissen doch, wie brillant Harry ist. Hat mir schließlich alles beigebracht, was ich kann.»

«Die geht ja auch nicht weg», fügte Dad hinzu. «Die wird man nicht los, selbst wenn man es versuchte. Die wird noch mit neunzig einbalsamieren, wenn es nach ihr geht.»

«Aber du hast vorher noch nie von Ruhestand gesprochen, Dad.» Und ich hatte in Wahrheit auch nie einen Gedanken daran verschwendet, dass es so weit kommen könnte.

«Das stimmt, mein Schatz», warf Mum ein, «doch dein Dad und ich haben das Gefühl, wir sollten die Zeit, die wir noch haben, für uns nutzen. Solange er noch eine Angel halten und ich mich endlich meinen Gedichten widmen kann.»

Mum und Dad lächelten sich liebevoll an.

«Gedichte, Mum? Ich dachte, du hättest das Schreiben nach diesem Abendkurs aufgegeben, als du fandest, das wäre alles viel zu kompliziert und was zum Teufel denn so falsch wäre an den guten alten Reimen.»

«Ich will damit sagen, Jeanie, dass, solange ich den Friseurladen hatte, nie genug Zeit dafür war. Außerdem steht das Haus, das wir in Baltimore immer gemietet haben, zum Verkauf. Wenn das nicht Kismet ist, dann weiß ich auch nicht.» Sie lächelte in sich hinein und berührte mit ihren perfekt manikürten Fingern die Spitzen ihrer schulterlangen, elegant gefärbten Haare, war entzückt von ihrer eigenen Wortwahl.

«Ich dachte, du glaubst gar nicht an so etwas wie den sechsten Sinn, Mum.»

«Ach, Jeanie, jetzt fang nicht wieder damit an. Du weißt genau, dass ich dir und deinem Vater glaube, wenn ihr sagt, ihr könnt die Toten hören. Ich hab nur allmählich wirklich genug davon, dass sie sich dauernd in unser Leben einmischen. Dein Vater hat eine Pause verdient.»

«Aber es ist völlig in Ordnung, mich hier mit ihnen alleinzulassen, ja?»

«Wir dachten, das ist genau das, was du willst, Jeanie!» Ich konnte sehen, dass sie gekränkt war. Sie legte sich eine Hand an die Brust. «Du hast doch von nichts anderem mehr gesprochen als davon, wie du ihnen zuhörst. Wie du hörst, was sie zu sagen haben, die Probleme regelst, die sie mit sich rumschleppen.»

Vielleicht, als ich fünf war, wollte ich kindischerweise sagen.

«Und was ist mit Mikey?», lenkte ich das Gespräch auf ihr Lieblingsthema. «Was ist seine Rolle in dem Ganzen hier?»

Mikey, mein zwei Jahre älterer Bruder. Wenn ich, als ich klein war, versuchte, ihn den Leuten irgendwie zu erklären, sagte ich immer, er sei anders; bis er mit dreizehn die Diagnose erhielt: Autismus - allerdings nur eine leichte Form, wie Mum gern präzisierte. Diese Tests hatten mir schließlich das richtige Vokabular an die Hand gegeben. Mikey war «hoch funktional», «hoch leistungsfähig», allerdings nicht immer so, wie wir es gerne gehabt hätten.

«Wir haben mit ihm gesprochen und ...»

«Ihr habt mit ihm gesprochen, bevor ihr mit mir geredet habt, Mum?» Mikey war derjenige, den wir normalerweise vor allem, was in dieser Familie anstand, schützten - wir ließen ihn so lange in Ruhe, bis alles zu Ende gedacht und für jede nur mögliche Unterstützung gesorgt war.

«Nur so allgemein.»

«Echt jetzt, wir wissen doch alle, dass Mikey mit irgendwas Allgemeinem nichts anfangen kann. Entweder es ist konkret und steht fest, oder es ist nichts für ihn.»

«Na ja, er wollte ganz genau wissen, wann der Umzug sein wird und wie er seine Zeitschriftensammlung dahin kriegt. Wir haben gemeinsam nach dem richtigen Umzugsunternehmen dafür gesucht. Er ist ja ein solcher Experte bei so vielen Dingen», sagte Mum stolz.

«Dann zieht er also mit euch um?»

«Natürlich kommt er mit. Hier wird er kaum bleiben können. Das erwarten wir auch nicht von dir, Jeanie. Er ist unser Sohn, wir wollen ihn bei uns haben.» So hatte es Mum immer schon gehalten, ihr Sohn ganz in ihrer Nähe.

«Aber mich nicht?»

Mum wirkte schockiert angesichts einer solch kindischen Frage ihrer zweiunddreißigjährigen Tochter, und wer könnte es ihr verdenken? Schon erstaunlich, was man so sagt, wenn man in Panik ist.

«Aber du bist verheiratet, Jeanie. Du lebst hier mit Niall zusammen.» Sie zeigte sogar auf ihn, für den Fall, dass ich vergessen hatte, um wen es sich handelte. «Das ist dein Le-ben hier, deine Arbeit. Wir haben nicht angenommen ...» Sie sah Dad an. «David, du kannst hier gerne auch mal was sagen.

«Deine Mutter hat recht, Jeanie. Das Ganze gibt dir doch die Chance, das Geschäft so zu führen, wie du willst, und das Ruder zu übernehmen. Jetzt kannst du alle Entscheidungen selbst treffen und musst dich nicht ständig mit mir abstimmen. Es hat so viele Vorteile, sein eigener Herr zu sein.»

«Und was ist, wenn ich das gar nicht will? Was ist, wenn ich es genau so haben will, wie es jetzt ist, oder wenn ich etwas völlig anderes will? Vielleicht liegt, was ich will, ja auch Hunderte von Kilometern entfernt.» Und das auch noch, das habe ich auch noch in Panik gesagt.

«Also, wir haben wirklich nicht gedacht ... Ich meine, ist es denn so? Gibt es da etwas, was du tun möchtest und von dem wir noch nichts wissen?»

Alle drei wandten mir jetzt die Gesichter zu - Mum mit offenem Mund, Dad mit gerunzelter Stirn und Niall mit einem sorgenvollen Ausdruck, den ich überhaupt nicht hatte provozieren wollen - und warteten auf meine Antwort. Ich konnte mir gerade noch das Geständnis verkneifen, dass ich mich immer schon gefragt hatte, wie es wäre, ein völlig anderes Leben zu führen. Aber wenn ich jetzt fortginge, um diesem Traum zu folgen, und Dad gleichzeitig in den Ruhestand ginge, tja, das wäre es dann für die Toten, niemand wäre mehr da, der ihnen...
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Autor

Anne Griffin ist eine irische Schriftstellerin. Sie erhielt für ihre Kurzgeschichten den John McGahern Award for Literature, außerdem stand sie u.a. auf der Shortlist für den Hennessy New Irish Writing Award und den Sunday Business Post Short Story Award.Ihr Romandebüt, "Ein Leben und eine Nacht", wurde in zahlreiche Länder verkauft, u. a. in die USA, nach Kanada, Frankreich und Holland, und stand auf Platz 1 der irischen Bestsellerliste. Anne Griffin lebt in Irland.Martin Ruben Becker, lebt als Übersetzer in München und hat u.a Bücher von Joseph Luzzi, Robert Goolrick, Favell Lee Mortimer und David Bergen übersetzt.