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Drifter

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
600 Seiten
Deutsch
Suhrkamp Verlag AGerschienen am13.06.2016Deutsche Erstausgabe
Peter Ash ist fertig mit der Welt: Seit seiner Rückkehr aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan erleidet er Panikattacken, sobald er bloß einen Raum betritt. Das »weiße Rauschen«, wie er es nennt, zwingt ihn, in der Wildnis zu bleiben und bei jedem Wetter unter freiem Himmel zu schlafen. Doch als ein Freund aus der Army Selbstmord begeht, spürt Ash, dass mehr hinter der Geschichte steckt, und wagt sich wieder unter Menschen. Er hilft der Witwe des Mannes, ihr baufälliges Haus zu renovieren. Unter der ramponierten Veranda entdeckt er mehr als nur morsches Holz: Hier bewacht ein verdammt großer und verdammt hässlicher Hund einen explosiven Fund - einen Koffer voller Geld und Sprengstoff. Der Koffer ist aber lediglich ein Puzzleteil in einem wahnsinnigen Anschlagsplan, der Tausende das Leben kosten soll. Ash bleibt nicht viel Zeit, um die Täter ausfindig zu machen ...
Körperlich fit, intelligent und eigensinnig - mit Peter Ash sollte man sich nicht anlegen. Ash hat jedoch mit seinem eigenen Trauma zu kämpfen. Nur wenn er es überwindet, kann er eine Katastrophe verhindern, die Tausende Menschen in den Tod zu reißen droht ...



Nicholas Petrie studierte an der University of Washington. Bereits während des Studiums wurde er für seine Texte vielfach ausgezeichnet. Petrie lebt mit seiner Familie in Milwaukee.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR14,99
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR12,99

Produkt

KlappentextPeter Ash ist fertig mit der Welt: Seit seiner Rückkehr aus den Kriegen im Irak und in Afghanistan erleidet er Panikattacken, sobald er bloß einen Raum betritt. Das »weiße Rauschen«, wie er es nennt, zwingt ihn, in der Wildnis zu bleiben und bei jedem Wetter unter freiem Himmel zu schlafen. Doch als ein Freund aus der Army Selbstmord begeht, spürt Ash, dass mehr hinter der Geschichte steckt, und wagt sich wieder unter Menschen. Er hilft der Witwe des Mannes, ihr baufälliges Haus zu renovieren. Unter der ramponierten Veranda entdeckt er mehr als nur morsches Holz: Hier bewacht ein verdammt großer und verdammt hässlicher Hund einen explosiven Fund - einen Koffer voller Geld und Sprengstoff. Der Koffer ist aber lediglich ein Puzzleteil in einem wahnsinnigen Anschlagsplan, der Tausende das Leben kosten soll. Ash bleibt nicht viel Zeit, um die Täter ausfindig zu machen ...
Körperlich fit, intelligent und eigensinnig - mit Peter Ash sollte man sich nicht anlegen. Ash hat jedoch mit seinem eigenen Trauma zu kämpfen. Nur wenn er es überwindet, kann er eine Katastrophe verhindern, die Tausende Menschen in den Tod zu reißen droht ...



Nicholas Petrie studierte an der University of Washington. Bereits während des Studiums wurde er für seine Texte vielfach ausgezeichnet. Petrie lebt mit seiner Familie in Milwaukee.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783518744895
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2016
Erscheinungsdatum13.06.2016
AuflageDeutsche Erstausgabe
Reihen-Nr.1
Seiten600 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1869891
Rubriken
Genre9201
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Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Unter der Veranda lag ein Pitbull, der nicht hervorkommen wollte.

»Der Köter ist seit Wochen hier, Sir«, sagte der junge Charlie Johnson. »Er hat schon alle Katzen und Hunde in der Gegend gefressen. Ich kann nicht mal mehr meinen blöden kleinen Bruder nach draußen lassen.«

Das über hundert Jahre alte Haus stand auf einem schmalen Grundstück und hatte, wie dieses ganze heruntergekommene Viertel in Milwaukee, schon bessere Tage erlebt. Es war Anfang November, nicht warm, nicht mal für diese Breitengrade. Die Blätter waren bereits abgefallen, die Bäume, die das Haus überragten, kahl.

Dafür schien die Sonne, immerhin, und der Himmel schimmerte in einem blassen morgendlichen Blau. Kein Morgen für statisches Rauschen. Absolut nicht.

»Wie groß ist der Hund denn?«, fragte Peter Ash.

Charlie schüttelte den Kopf. »Ich hab ihn noch nie aus der Nähe gesehen, Sir. Und nie bei Tageslicht. Aber er ist verdammt groß, das kann ich Ihnen verraten.«

»Habt ihr nicht das Tierheim angerufen?«

»Doch. Mama hat angerufen«, sagte Charlie. »Zwei Männer waren hier. Sie haben einen Blick unter die Veranda geworfen und sind sofort wieder in ihren Truck gestiegen und weggefahren.«

Charlie trug eine Schuluniform: hellblaues Hemd, dunkelblaue Polyesterhose, blank geputzte schwarze Schuhe an den übergroßen Füßen - ein typischer schmächtiger Zwölfjähriger, der sechs Mahlzeiten am Tag verdrückte und immer noch Hunger hatte.

Nur seine Augen waren älter als er. Ihnen entging nichts.

Gerade waren sie auf Peter Ash gerichtet.

Peter hockte auf einer Werkzeugkiste aus Holz, die knochigen Hände auf den durchgescheuerten Knien seiner Arbeitsjeans, und spähte durch die schmale Luke, die in die verrottete Verandaverkleidung aus Kiefernlatten geschnitten war. Der Hund hörte sich tatsächlich an, als wäre er sehr groß. Peter vernahm ein Knurren aus der Finsternis. Wie ein Panzer im Leerlauf, nur lauter.

Unter dem Fahrersitz seines Pickups lag eine .45er, aber er wollte sie nicht benutzen. Der Hund konnte ja nichts dafür. Er war hungrig, ängstlich und allein, und er hatte nur seine Zähne.

Andererseits hatte Peter Charlies Mutter Dinah versprochen, die verfaulten Stützpfeiler der alten Veranda zu reparieren.

Den Pitbull hatte sie nicht erwähnt.

Peter konnte es ihr nicht vorwerfen.

Ihr Mann hatte sich umgebracht.

Und es war Peters Schuld gewesen.

Peter war schlank und langgliedrig, nur Muskeln und Knochen, kein überflüssiges Fett. Schmales kantiges Gesicht, spitze Ohren, dunkles Haar, die widerspenstigen Strähnen eines wuchernden Igelschnitts. Er hatte die nachdenklichen Augen eines Werwolfs eine Woche vor der Verwandlung.

Irgendetwas an ihm war immer in Bewegung; selbst jetzt, als er auf der Werkzeugkiste saß.

In acht Jahren hatte er in zwei Kriegen gekämpft, an mehr Einsätzen teilgenommen, als ihm lieb war. Die Speerspitze. Im Januar würde er einunddreißig.

Als er sich vorbeugte, um durch die Luke unter die Veranda zu gucken, spürte er an der Schädelbasis zischend das Weiße Rauschen aufschlagen. So nannte er diesen feinkörnigen Effekt, mit dem er jetzt leben musste. Ein vages knisterndes Unwohlsein, ein dissonantes Geräusch am Rand der Hörbarkeit. Gar nicht mal unangenehm. Noch nicht. Das Rauschen erinnerte ihn bloß daran, dass er nicht hineingehen sollte.

Es würde sowieso nur schlimmer werden, warum sich also nicht gleich an die Arbeit machen.

Der Kriechkeller unter der Veranda war knapp einen Meter hoch und etwa vier mal vier Meter groß, der Boden bestand aus loser Erde. Ungefähr die Ausmaße von vier frisch ausgehobenen Gräbern. Der Gestank war widerlich, schlimmer als Soldatenfüße nach zwei Monaten auf einem Gefechtsposten. Aber nicht so schlimm wie eine zwei Wochen alte Leiche.

Seitlich sickerte Licht zwischen den Latten hindurch, doch die hinterste Ecke lag im Schatten, irgendwelches ausrangiertes Zeug sammelte sich dort. Und dann das Knurren des Hundes, er spürte es förmlich durch die Schuhsohlen hindurch.

Es wäre schön, die Sache ohne allzu viele Bisswunden hinter sich zu bringen.

Er holte eine kabellose Arbeitsleuchte, ein robustes Seil und ein Rundholz aus seinem Pickup. Das Rundholz war ein Stück eines alten Handlaufs, Weißeiche, fünf Zentimeter Durchmesser, knapp einen halben Meter lang. Es lag gut und fest in der Hand. Ein Vorteil, wenn man etwas so unsäglich Dämliches vorhatte wie er.

Begleitet vom Knurren aus dem Kriechkeller, setzte er sich wieder auf die Werkzeugkiste und zog sein Taschenmesser hervor. Der junge Charlie Johnson schaute ihm zu.

Peter war nicht scharf auf Publikum. Es konnte hier nämlich noch sehr unangenehm werden.

»Hast du nichts zu tun, Charlie? Musst du nicht zur Schule oder so?«

Charlie sah auf die billige Digitaluhr an seinem schmalen Handgelenk. »Nein, Sir«, sagte er. »Noch nicht.«

Peter schüttelte den Kopf. Es war ihm nicht recht, aber er konnte es verstehen. Er benahm sich ja beinahe selbst wie ein Zwölfjähriger.

Er schnitt drei kurze Stricke von dem Seil ab. Dann knotete er je einen Strick an die Enden des Handlaufs und zog den dritten Strick und den verbliebenen, etwa drei Meter langen Rest durch eine Gürtelschlaufe an seiner Hose, um sie bei Bedarf griffbereit zu haben.

Er sah wieder auf zu Charlie. »Es ist besser, du gehst, mein Junge. Ich möchte dich nicht dabeihaben, falls etwas schiefläuft.«

»Ich bin kein dummer Junge, Sir!«, sagte Charlie. »Ich bin der Mann im Haus.« Er griff hinter die offenstehende Haustür, holte einen Baseballschläger aus Aluminium hervor und demonstrierte seinen Schwung. »Das ist meine Veranda. Und die von meinem kleinen Bruder. Ich gehe nirgendwohin.«

Genau den gleichen Gesichtsausdruck hatte Charlies Dad hinter dem Kaliber-50-Geschütz des Humvees gehabt. Weit geöffnete Augen, bereit, es mit jedem Scheißkerl aufzunehmen, der sich ihm mit einem Granatwerfer, einer Kalaschnikow oder sonst was in den Weg stellte. Doch wenn seine Frau Dinah ihm Cookies schickte, dachte Big Jimmy Johnson - von den Witzbolden seiner Einheit unweigerlich Big Johnson oder einfach nur Big genannt - an sich zuletzt.

Peter vermisste ihn.

Er vermisste sie alle. Die Toten und die Lebenden.

»Okay, Charlie«, sagte er. »Das respektiere ich.« Er richtete seine Augen auf den Jungen. Fixierte ihn. »Aber wenn der Hund sich losreißt, machst du, dass du ins Haus kommst, ist das klar? Und wenn du mich mit dem Knüppel da schlägst, werde ich sehr ungemütlich.«

»Yessir.« Charlie nickte. »Ich kann nichts versprechen, Sir. Aber ich gebe mir Mühe.«

Peter musste innerlich lachen. Wenigstens war der Junge ehrlich.

Jetzt brauchte er sich nur noch zurückzulehnen und die Holzlatten an einer Seite einzutreten, damit mehr Tageslicht in den Kriechkeller fiel. Der Raum war immer noch eng, der Panzer hinten im Dunkeln wurde lauter. Aber der Hund war nicht zu sehen. Er musste sich hinter den Müllhaufen in der Ecke zurückgezogen haben.

Nicht, dass es etwas geändert hätte. Er wollte sich nicht vor der Aufgabe drücken. Nur so vorgehen, dass er sie erfolgreich bewältigen würde.

Ein metallischer Geschmack wie Blut füllte seinen Mund. Er spürte, wie das Adrenalin ihm Auftrieb gab, ihn beflügelte. Die Vorbereitung des Körpers auf Kampf oder Flucht. Es war hilfreich.

Als er unter die Veranda spähte, stieg das Rauschen noch stärker an. Es lag nicht an dem knurrenden Hund, vielmehr an dem geschlossenen Raum. Das Rauschen zehrte an seinen Nerven, brachte sein Herz zum Rasen, verengte ihm die Brust, schrie nach Beachtung. Es wollte, dass er draußen blieb, im Freien, im Tageslicht.

Peter atmete tief durch, nahm den Knüppel und schlug damit gegen den Holzrahmen der Veranda. Es klang wie ein primitives Musikinstrument.

Er lächelte, trotz allem.

»He, Hund«, rief er in die Finsternis. »Pass auf, ich komme!«

Mit dem Kopf zuerst, auf Ellbogen und Knie gestützt, den Stock in der einen, die Arbeitsleuchte in der anderen Hand, robbte er sich vor.

Was ist? Willst du ewig leben?

Es war dunkel unter der Veranda, der Muff von Unkraut und Gerümpel schlug ihm entgegen, und über allem schwebte ein animalischer Gestank. Nicht nach Hund, sondern nach Wilderem, Verwildertem. Es war der Geruch der Ungeheuer aus uralten Märchen, Märchen, in denen die Ungeheuer manchmal gewannen.

Die Novembersonne fiel schräg durch die Schlitze zwischen den Verandadielen in den Kriechkeller, was den Überblick erschwerte. Die von seiner Arbeitsleuchte erzeugte Lichtpfütze stellte keine große Hilfe dar. Der Haufen in der hinteren Ecke gewann von diesem Blickwinkel aus an Konturen. Abfall lag da herum, Teppichfetzen, Kisten, altes Holz. Knochensplitter vermisster Postboten.

Das Knurren konnte von überall her kommen. Es erschien ihm wie eine durch den Erdboden aufsteigende Vibration. Mit einem kleinen Stück Handlauf und ein paar Stricken konnte er da nicht viel ausrichten. Ein taktischer Rückzug wäre klüger. Nichts wie raus hier und mit einem Jagdgewehr wiederkommen. Oder gleich einem Granatwerfer.

Aber nein.

Er kroch weiter auf Ellbogen und Knien, Knüppel in der einen, Leuchte in der anderen Hand. Im Schädel loderten weiße Funken auf. Leben. Ich bin am Leben.

»Na komm, Hündchen. Braves Hündchen!«

Das Tier wartete, bis Peter fast ganz hineingekrochen war.

Dann kam es aus seinem Versteck, knurrte, fletschte die...

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