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Eine Leiche zu Ferragosto

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
335 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am11.03.20111. Auflage
Als unter den Algen am Strand von Pioppica eine halb verweste Frauenleiche hervorgezogen wird, weiß Maresciallo Santomauro, dass es mit der gemächlichen Ruhe dieses Sommers vorbei ist. Die gezielt verstümmelte Tote ist kaum zu identifizieren, und auch sonst fehlt jede Spur, die diesen Namen verdient hätte. Also bleibt Santomauro nichts anderes übrig, als eine in Zeiten von Profilern und Gentechnik recht ungewöhnliche Taktik zu verfolgen: Zwischen Strandpromenade, Piazza und den Sommervillen der reichen Städter, beim einhundertundzwei Jahre alten Tankwart, dem marokkanischen Sonnenbrillenverkäufer und der geschwätzigen Friseurin sammelt er hier einen Hinweis, dort ein Gerücht, da ein kurioses Detail. So bröckelt langsam die Fassade der netten Ferienclique und es wird klar, dass jeder der 'Freunde' des Opfers einen triftigen Grund gehabt hätte, ihrem verfrühten Ableben etwas nachzuhelfen ...

Vor der atemberaubenden Kulisse der süditalienischen Cilento-Küste seziert Diana Lama genüsslich, elegant und mit Witz einen Mikrokosmos menschlicher Unzulänglichkeiten.


Diana Fiammetta Lama, geb. 1960 in Neapel, von Haus aus Herzchirurgin, muss nach eigener Aussage über Blut schreiben, seit sie nicht mehr täglich mit echtem in Berührung kommt. Für ihren ersten Roman 'Rossi come lei' erhielt sie den Premio Tedeschi, seitdem hat sie zahlreiche Kurzgeschichten und Kriminalromane veröffentlicht sowie die Krimi-Plattform www.napolinoir.it mitbegründet.
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Produkt

KlappentextAls unter den Algen am Strand von Pioppica eine halb verweste Frauenleiche hervorgezogen wird, weiß Maresciallo Santomauro, dass es mit der gemächlichen Ruhe dieses Sommers vorbei ist. Die gezielt verstümmelte Tote ist kaum zu identifizieren, und auch sonst fehlt jede Spur, die diesen Namen verdient hätte. Also bleibt Santomauro nichts anderes übrig, als eine in Zeiten von Profilern und Gentechnik recht ungewöhnliche Taktik zu verfolgen: Zwischen Strandpromenade, Piazza und den Sommervillen der reichen Städter, beim einhundertundzwei Jahre alten Tankwart, dem marokkanischen Sonnenbrillenverkäufer und der geschwätzigen Friseurin sammelt er hier einen Hinweis, dort ein Gerücht, da ein kurioses Detail. So bröckelt langsam die Fassade der netten Ferienclique und es wird klar, dass jeder der 'Freunde' des Opfers einen triftigen Grund gehabt hätte, ihrem verfrühten Ableben etwas nachzuhelfen ...

Vor der atemberaubenden Kulisse der süditalienischen Cilento-Küste seziert Diana Lama genüsslich, elegant und mit Witz einen Mikrokosmos menschlicher Unzulänglichkeiten.


Diana Fiammetta Lama, geb. 1960 in Neapel, von Haus aus Herzchirurgin, muss nach eigener Aussage über Blut schreiben, seit sie nicht mehr täglich mit echtem in Berührung kommt. Für ihren ersten Roman 'Rossi come lei' erhielt sie den Premio Tedeschi, seitdem hat sie zahlreiche Kurzgeschichten und Kriminalromane veröffentlicht sowie die Krimi-Plattform www.napolinoir.it mitbegründet.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841201898
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2011
Erscheinungsdatum11.03.2011
Auflage1. Auflage
Seiten335 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse4100 Kbytes
Artikel-Nr.1019437
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1;Donnerstag, 9. August;10
2;Freitag, 10. August;18
3;Samstag, 11. August;29
4;Sonntag, 12. August;46
5;Montag, 13. August;59
6;Dienstag, 14. August;86
7;Mittwoch, 15. August;115
8;Donnerstag, 16. August;137
9;Freitag, 17. August;160
10;Samstag, 18. August;190
11;Sonntag, 19. August;215
12;Montag, 20. August;246
13;Dienstag, 21. August;265
14;Donnerstag, 23. August;302
15;Dank;318
16;Persönlicher und absolut subjektiver Wegweiser durch die Cilento-Region;320
17;Leseprobe aus: Rosa Cerrato - Das böse Blut der Donna Luna;330
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Leseprobe


 

Donnerstag, 9. August

Maresciallo Simone Santomauro gehörte zu denjenigen, die an diesem Donnerstag Anfang August auf einer der Bänke der Piazzetta die nachmittägliche Brise genossen. Als er die aufgeregten Stimmen am Strand hörte, legte er das Buch, in dem er gelesen hatte, beiseite, stellte sein Glas Mandelmilch ab und trat ans Geländer. Zehn Sekunden später war er schon die kleine Treppe hinuntergehechtet und näherte sich mit umsichtigen, aber entschlossenen Schritten, bei denen seine nackten Füße im verdorrten Algenteppich versanken, dem Grüppchen um den übelriechenden Haufen.

»Bitte nichts anfassen. Lassen Sie alles so, wie es ist.«

»Wer sind denn Sie?«, fragte ein muskulöser Mann in Trägerhemd.

»Maresciallo Santomauro. Carabiniere«, erwiderte er knapp und kurzerhand darüber hinwegsehend, dass er in T-Shirt und Badehose nicht unbedingt auf Anhieb als Vertreter der Staatsgewalt zu erkennen war. Im Übrigen war dies sein erster freier Tag seit Wochen und angesichts dessen, was da unter den Algen zum Vorschein kam, wohl auch erst mal sein letzter.

»Wer von Ihnen hat die Leiche gefunden?«

Die Menschen wichen auseinander und bildeten einen Kreis um die Leiche und den Mann im Trägerhemd, als wollten sie die gegenseitige Zugehörigkeit demonstrieren.

»Ich habe sie gefunden, Di Gregorio Giuseppe, genannt Peppenuzzo. Ich bin der Baggerführer.« Und er trat stolz einen Schritt vor, als sichere ihm der Umstand, die Leiche ausgegraben zu haben, besondere Rechte an dem verfaulenden Schatz in seinem Rücken.

»Gut, dann halten Sie sich hier zu meiner Verfügung und passen auf, dass niemand näher kommt. Die anderen können gehen«, sagte Santomauro an die Schaulustigen gewandt, die in der Zwischenzeit immer zahlreicher geworden waren, »es sei denn, jemand hat eine Aussage zu machen. Hier gibt es absolut nichts zu sehen.«

Widerwillig und mit schlurfenden Schritten löste die Menge sich langsam auf, während Peppenuzzo, die Arme vor der haarigen Brust verschränkt, wie eingepflockt neben der Leiche Wache hielt, mit der zufriedenen Miene dessen, dem man seine wohlverdienten Rechte zugestanden hat. Santomauro eilte wieder die Stufen hinauf und rief von einem der Münztelefone auf der Piazzetta das zuständige Carabinieri-Revier an.

Für eine eigene Wache war das Dörfchen Pioppica Sotto, das nur im Sommer von Urlaubern bevölkert wurde, zu klein und gehörte daher zu dem wenige Kilometer entfernten Pioppica Sopra, von dem es, wie die Namen Unter- und Oberpioppica schon besagten, bis vor kurzem ein Ortsteil gewesen war. Seit undenklichen Zeiten standen die beiden Ortschaften in erbittertem Wettstreit, und wo die Oberpioppicaner die größere Altstadt und mehr ständige Einwohner für sich verbuchen konnten, brüsteten sich die Unterpioppicaner mit der größeren Grundfläche, auf der es nicht nur zahlreiche schöne Ferienvillen gab, sondern auch einige illustre Sommergäste, die seit Jahrzehnten dieses winzige Fleckchen im süditalienischen Cilento zu ihrem Feriendomizil erklärt hatten.

Die Carabinieri jedoch waren über jedes lokalpatriotische Schachern erhaben. Dank der Regel, dass Carabinieri stets fern ihrer Heimatstadt eingesetzt werden, zählte Santomauro eine bunte Mischung aus allen möglichen Regionen Italiens zu seinem Trupp. Trotzdem war Kampanien gut vertreten, nicht zuletzt durch ihn.

Es war schon eine Weile her, dass der Maresciallo als Erster am Fundort einer Leiche eingetroffen war. Um den Tod festzustellen - reine Formsache, aber unabdingbar -, musste er unter den Schaulustigen am Geländer nur den örtlichen Arzt ausfindig machen; danach blieb ihm nichts weiter übrig, als zu warten. Zuerst würden seine Männer kommen, dann das Einsatzkommando der Carabinieri aus dem nächstgrößeren Vallo della Lucania, schließlich der Rechtsmediziner, der in der Gegend Urlaub machte und nicht mehr Eile als nötig an den Tag legen würde. Der Staatsanwalt, ebenfalls aus Vallo, bemühte sich in den Sommermonaten für Todesfälle normalerweise gar nicht erst her, da es sich fast immer um Ertrunkene handelte.

Dieser Fall lag allerdings anders.

Peppenuzzo war noch auf seinem Posten, die Leiche ebenso. Santomauro ging in die Hocke und dankte innerlich dem Himmel, dass er keine besseren Sachen als seine Badehose und ein altes Poloshirt anhatte. Der Verwesungsgeruch schien in tausend kleinen Tröpfchen von der Leiche aufzusteigen und sich in Kleidern und Haaren, auf Händen und Zunge festzusetzen. Doch er musste dichter ran, um das, was bis vor einigen Tagen ein Mensch gewesen war, aus der Nähe zu betrachten. Wahrscheinlich eine Frau, überlegte Santomauro, auch wenn sich das wegen der fortgeschrittenen Zersetzung nicht mit Sicherheit sagen ließ. Die Ratten und Krebse hatten ihre Arbeit bereits begonnen; die Augenhöhlen waren zwei dunkle Löcher, an Händen und Füßen fehlten die Glieder, ebenso das Gewebe an Wangen, Nase, Kinn sowie große Stücke aus den Leisten und der Brust. Die schlimmsten Verletzungen jedoch waren ihr ohne Zweifel von Menschenhand zugefügt worden. Tiefe und zahlreiche Wunden klafften in ihrem Oberkörper, im Unterleib, in den verdrehten und aufgedunsenen Beinen und Armen. Trotz der Zerstörung sah man, dass es ein gut gebauter Körper gewesen sein musste, die dichten, schwarzen Haare lagen wie ein Kranz um ihren Kopf, die Beine waren lang und schlank. Ein Gedanke nahm im Geiste des Maresciallo Gestalt an.

»Seit wann liegen die Algen hier?«, wandte er sich an den Baggerführer, der neugierig und beinah misstrauisch jede seiner Bewegungen verfolgte.

»Mal sehen ... heute ist Donnerstag ... Seit Sonntag. Sonntagnachmittag wurden sie am ganzen Strand zusammengekehrt, und heute sollte ich alles wegschaffen, fürs Wochenende. Das machen wir zwei oder drei Mal in der Hochsaison.«

Santomauro nickte, während er gedankenverloren den in der Ferne heulenden Sirenen lauschte. Der Rechtsmediziner würde das Seine dazu sagen, doch in einem war er sich schon sicher: Die Frau in den Algen war seit mindestens zehn Tagen tot.

 

»Vierzehn Tage, über den Daumen gepeilt.«

Professor Leandro de Collis streifte sich die Schutzhandschuhe ab und warf sie angeekelt hinter sich. Untadelig wie immer, selbst im flaschengrünen Lacoste-Hemd und gleichfarbigen Shorts, überragte er mit seinen ein Meter neunzig die Carabinieri, die sich wie Kakerlaken um den Leichnam zu schaffen machten. Der Blick, mit dem er sie bedachte, war kaum freundlicher als der, mit dem er eine Ansammlung von Schaben gemustert hätte.

»Hoffentlich richten sie keinen Schaden an. Der Abtransport fällt nicht in mein Ressort, aber ich will nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Ihre Männer etwas verbocken. Mit dem Material tue ich selbstverständlich mein Möglichstes, aber erwarten Sie bitte keine Wunder. Sie hören von mir.«

Ein Nicken des aristokratischen Hauptes mit dem schlohweißen, sorgsam gepflegten Haar, und weg war er. Erst als das Brummen des sich entfernenden Ferraris an sein Ohr drang, hörte Santomauro auf, die Zähne zu fletschen. Ganz abgesehen davon, dass der Professore die Toten, die das Pech hatten, auf seinem Seziertisch zu landen, als Material bezeichnete, woran der Maresciallo sich niemals gewöhnen würde, war es sein ganzes Gehabe, das bei ihm ein Gefühl von Schmirgelpapier auf nackter Haut auslöste. Bis vor wenigen Jahren hatte de Collis den Lehrstuhl für Rechtsmedizin an der Universität Rom innegehabt, woran er jedermann unaufhörlich erinnerte. Und das, obwohl er den Lehrstuhl hatte abgeben müssen, als er ziemlich überstürzt die Demission eingereicht hatte, um einen aufkeimenden Skandal um den illegalen Handel mit Augenhornhäuten und Sperma von Leichen zu vertuschen.

Nun arbeitete er im Krankenhaus von Vallo della Lucania und schmückte sich immer noch mit dem Professorentitel, der wie gottgegeben an ihm hängengeblieben war, und obwohl er unbestritten der beste Rechtsmediziner der Gegend war, empfand Santomauro den Umstand, mit ihm zusammenarbeiten zu müssen, immer wie einen Tritt in die Eier. Im Sommer nun residierte der Professore leider in einer wunderschönen Villa in der Nähe von Pioppica, so dass seine Präsenz - und mit ihr der Tritt ins Gemächt - garantiert war.

»Maresciallo, die Spurensicherung ist abgeschlossen. Der Leichnam wird jetzt weggebracht. Soll ich Sie zur Wache mitnehmen?« In Habachtstellung und diensteifrig wie immer stand der Gefreite Cozzone vor ihm. Santomauro seufzte. »Nein, danke, Pasquale, ich komme mit meinem Wagen nach, dann kann ich im Anschluss an meinen Bericht gleich nach Hause fahren.« Es widersprach all seinen Prinzipien, einen Untergebenen mit dem Vornamen anzureden, doch bei Pasquale Cozzone war er gezwungen, eine Ausnahme zu machen. Klein gewachsen, fast an der Grenze des für das Heer vorgeschriebenen Mindestmaßes, dazu geplagt von einer außergewöhnlich großen Anzahl an Muttermalen, die sich dick und haarig über sein Gesicht verteilten, hatte Cozzone - im Übrigen ein hervorragender Mitarbeiter, diszipliniert und intelligent - noch ein weiteres Kreuz zu tragen, das um einiges schwerer wog als seine Statur und die Leberflecken.

Er hatte sich um Abhilfe bemüht, indem er ein hochkompliziertes Verfahren einleitete, um offiziell seinen Nachnamen zu ändern, doch nach langen, mühevollen und schmiergeldintensiven Jahren hatte er lediglich erreicht, dass ein Vokal ausgetauscht wurde. Santomauro, der sich noch nicht daran gewöhnt hatte, wollte kein Risiko eingehen und nannte ihn beim Vornamen. Die weniger mildtätigen Kollegen spielten oft und gerne die Vergesslichen, so dass der arme Cozzone nach wie vor innerhalb und außerhalb der Carabinieriwache der »Megaschwanz« Cazzone...

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Autor

Diana Fiammetta Lama, geb. 1960 in Neapel, von Haus aus Herzchirurgin, muss nach eigener Aussage über Blut schreiben, seit sie nicht mehr täglich mit echtem in Berührung kommt. Für ihren ersten Roman "Rossi come lei" erhielt sie den Premio Tedeschi, seitdem hat sie zahlreiche Kurzgeschichten und Kriminalromane veröffentlicht sowie die Krimi-Plattform www.napolinoir.it mitbegründet.
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Lama, Diana Fiammetta