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Ich aber schlafe allein

E-BookEPUB0 - No protectionE-Book
464 Seiten
Deutsch
Edel Elements - ein Verlag der Edel Verlagsgruppeerschienen am08.11.20131. Auflage
Eine Frau findet auf Lesbos zu ihren Jugendträumen zurück. Dorothea Ravensborg ist auf Lesbos, der Insel der Sappho, aufgewachsen. Nach vielen Jahren - sie ist inzwischen 40 und Mutter von fünf Kindern - kommt sie auf einer Urlaubsreise dorthin zurück. Plötzlich ist alles wieder da: die Geschichten und Legenden, der Glaube und Aberglaube ihrer Jugend. Dorothea, gefangen in einer mysthischen Welt, gerät in einen Strudel von Ereignissen, in denen sich Traum und Wirklichkeit vewrwischen. Sie begegnet dem zynischen Richter Dimitri, der alle Fäden in der Hand zu halten scheint - bis er sich in Dorothea verliebt und selbst zum Objekt ihrer Phantasien wird.

Helga Hegewisch, geb. 2. Februar 1931, in Hamburg, ist eine deutsche Schriftstellerin und Kunstsammlerin. Helga Hegewisch studierte Theologie und Germanistik an den Universität Lausanne und der Universität Hamburg. Sie schrieb Fernsehspiele und Kinderbücher und baute ab 1954 mit ihrem ersten Ehemann Klaus-Bernt Hegewisch eine Kunstsammlung auf. 1976 verließ sie Deutschland und fing als Journalistin ein neues Leben an. Von 1977 bis 1985 war sie mit ihrem Ehemann Melvin Lasky Mitherausgeberin der Zeitschrift Der Monat. Von 1999 bis 2006 veröffentlichte sie Historische Romane.
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Produkt

KlappentextEine Frau findet auf Lesbos zu ihren Jugendträumen zurück. Dorothea Ravensborg ist auf Lesbos, der Insel der Sappho, aufgewachsen. Nach vielen Jahren - sie ist inzwischen 40 und Mutter von fünf Kindern - kommt sie auf einer Urlaubsreise dorthin zurück. Plötzlich ist alles wieder da: die Geschichten und Legenden, der Glaube und Aberglaube ihrer Jugend. Dorothea, gefangen in einer mysthischen Welt, gerät in einen Strudel von Ereignissen, in denen sich Traum und Wirklichkeit vewrwischen. Sie begegnet dem zynischen Richter Dimitri, der alle Fäden in der Hand zu halten scheint - bis er sich in Dorothea verliebt und selbst zum Objekt ihrer Phantasien wird.

Helga Hegewisch, geb. 2. Februar 1931, in Hamburg, ist eine deutsche Schriftstellerin und Kunstsammlerin. Helga Hegewisch studierte Theologie und Germanistik an den Universität Lausanne und der Universität Hamburg. Sie schrieb Fernsehspiele und Kinderbücher und baute ab 1954 mit ihrem ersten Ehemann Klaus-Bernt Hegewisch eine Kunstsammlung auf. 1976 verließ sie Deutschland und fing als Journalistin ein neues Leben an. Von 1977 bis 1985 war sie mit ihrem Ehemann Melvin Lasky Mitherausgeberin der Zeitschrift Der Monat. Von 1999 bis 2006 veröffentlichte sie Historische Romane.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783955302801
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format Hinweis0 - No protection
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum08.11.2013
Auflage1. Auflage
Seiten464 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.1724172
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
Erstes Kapitel

Dr. Karl Ravensborg kam aus dem Büro nach Hause und betrat sein Wohnzimmer. Er versicherte sich seiner guten Laune, auf deren Ausstrahlung er heute abend dringend hoffte, und setzte, obgleich ihn noch niemand sah, vorsichtshalber jetzt schon ein Lächeln auf. Wie immer irritierte ihn der Zustand dieses Raumes, dessen oberflächliche Ordnung, das wußte er genau, einzig seinetwegen hergestellt worden war. Würde er eines Tagen für immer verschwinden, dann würde sie die umgekippten Stühle nur aufheben, wenn sich jemand draufsetzen wollte, und Spinnweben würde sie als hübsche Dekoration ansehen. Mit dem Rücken zur Tür hockte Karls Frau auf dem Sofa vor dem Fernseher und gab mit weit offenen, blicklosen Augen vor, sich für die Acht-Uhr-Nachrichten zu interessieren. Er trat von hinten an sie heran, küßte sie auf die Haare und ließ ihr über die Schulter ein Buch in den Schoß gleiten.

»Wir sind urlaubsreif, Johanna«, sagte er.

»Um Gottes willen«, sagte seine Frau, die eigentlich Dorothea hieß.

Karl war ein sehr großer, blonder, breitschultriger Mann mit Bürstenhaarschnitt und einem vollen Oberlippenbart. Seine blauen Augen blickten freundlich aufmerksam. Er hatte zwar keine engen Freunde, doch war er allgemein beliebt. Um seinen Mund lag oft ein neutral höfliches Lächeln. Manchmal konnte er jedoch auch laut auflachen, aus der Schulter heraus, wobei er die Nasenflügel blähte und die Oberlippe hochzog über schmalen, langen, bläulichweißen gepflegten Zähnen. Das Nasenblähen und das Zeigen der Zähne wirkten oft ein wenig wie Verachtung. Einen ähnlichen Gesichtsausdruck zeigte er, wenn er sich seinem Sexualbedürfnis hingab, zu Anfang der Verbindung jeden Morgen und Abend, später nur noch einmal täglich und jetzt, im zwanzigsten Jahr ihrer Ehe, immer noch einmal wöchentlich, vorzugsweise an den Abenden vor Sonn- und Feiertagen.

Dorothea empfand die sexuellen Aktivitäten ihres Mannes als eine Art Verpflichtung, der sie sich zu stellen hatte, weil dies nun einmal Teil eines normalen ehelichen Arrangements war. Gelegentlich neigte sie zu gewisser Resistenz, jedoch nicht aus bewußter Auflehnung, sondern eher aus Unkonzentriertheit und Ermattung. Ihren Mann störte ein solches Verhalten nicht, ganz im Gegenteil, es schien ihn eher anzuregen, weil er sich durch die zielstrebige Überwindung ihres Widerstandes seiner physischen Überlegenheit versichern konnte.

Dorothea nahm Karl die Benutzung ihres Körpers keineswegs übel, sie war ihm immer noch liebevoll zugetan. Männer sind halt so, dachte sie, die brauchen ihr regelmäßiges Purgativ, und daß sie dabei sogar Lust empfinden können, ist eine große Freundlichkeit der Natur. Ihr selbst war diese Freundlichkeit auch geschehen, wenn auch keineswegs beim Geschlechtsakt, sondern bei dessen verspäteter Folge: Tatsächlich hatte sie lustvoll geboren, fünfmal binnen zwölf Jahren, und trotz der unvermeidlichen Schmerzen hatte sie die Geburten in einem absoluten Hingerissensein erlebt, als gewaltige orgiastische Sturzbäche, denen gegenüber sich die Lustbemühungen ihres Mannes eher als ein lasches Geplätscher ausnehmen mußten. Dorothea war sehr zierlich gebaut und wohlproportioniert. Wenn sie im Sommer barfuß ging oder im Winter statt Schuhen Wollsocken trug - beides tat sie im Haus fast ausschließlich -, wirkte sie kindlich klein. Wenn sie ihre hochhackigen Schuhe anzog und den Hals streckte, konnte man sie für gut mittelgroß halten. Am liebsten trug sie kindhafte Kleidung, ausgewachsene Overalls, die an Strampelhosen erinnerten, oder baumwollene, überlange T-Shirts mit Strumpfhosen darunter. Für die Öffentlichkeit jedoch konnte sie sich, da Karl manchmal daran gelegen schien, aufmachen wie eine Grande Dame und sich auch so verhalten. Zwischen Kinderzimmer und Salon lagen weite, bunte, halblange Röcke und schwarze Pullover oder Baumwollhemden. Ihre Haut war leicht bräunlich und konnte im Gegenlicht einen Olivschimmer annehmen. Im landläufigen Sinne war sie sicher nicht hübsch, der Mund zu breit, die Nase zu lang. Das Auffallende an ihr waren ihre hellblauen Augen unter einer üppigen, sehr dunklen Mähne. Zu Hause band sie sich die Haare meist nachlässig mit einem Gummiband im Nacken zusammen. Wenn sie ausging, türmte sie sie passend zu den Hackenschuhen hoch und ließ nur ein paar Strähnen ins Gesicht hängen, gegen die sie, wenn etwas sie irritierte, stoßhaft und wirkungslos zu blasen pflegte.

Obgleich Dorothea jede Art von Sport oder gar Gymnastik verachtete, war sie äußerst gelenkig, sie amüsierte ihre Kinder gelegentlich damit, sich wie eine Schlange zwischen Stuhlbeinen durchzuwinden oder sich, wie die Eingeborenen der Karibik, ohne mit Kopf und Oberkörper die Erde zu berühren, rückwärts unter einem niedrig gespannten Seil durchzuschieben. Als Karl, der Große, Schwere, Ungelenke, zufällig einmal bei einer solchen Vorführung zugegen war, hatte er anschließend die Nasenflügel gebläht und die Oberlippe hochgezogen und gesagt, er fände es ausgesprochen obszön, wenn sie sich den Kindern gegenüber derartig zur Schau stellte. In einer ersten Reaktion hatte Dorothea sich gekränkt gefühlt, hatte sich dann jedoch trotzig zu der Gegenrede aufgerafft, daß der Fehler hier wohl eher im Auge des Beschauers läge und daß ihre Gelenkigkeit für die Kinder nichts weiter als ein unschuldiges Spiel darstellte. Danach jedoch hatte sie Sorge getragen, daß er es nie wieder mitansehen mußte. Dorothea erfüllte fast immer die Wünsche ihres Mannes, oder zumindest machte sie es ihn glauben, womit er sich zufriedengab. Sie war sehr gut im Verheimlichen.

Karls plötzliche Ankündigung einer dringend fälligen Reise geschah ein-, zweimal pro Jahr, und die Anstrengungen, die seine Frau hierfür zu machen hatte, standen ihrer Meinung nach keineswegs für den darauffolgenden angeblichen Genuß. Wohin diesmal? Hier ein eingefrorenes Devisenguthaben, dort ein Akkreditiv zu öffnen und gelegentlich sogar die ganz wichtige neue oder alte Geschäftsverbindung, alles willkommene Ausreden, die in bezug auf Zeit und Ort die Qual der Wahl erleichterten (Karl lächelte listig). Auf diese Weise hatte Dorothea viele Länder gesehen und für vielerlei Kulturen Interesse gezeigt, meist außereuropäische. Seitdem Dorothea mit Karl zusammenlebte, hatte sie sich nie mehr entscheiden müssen, hatte seine Entscheidungen auch nie in Frage gestellt, sei es aus Trägheit, Dankbarkeit oder aus Mangel an Energie. Sowie Karl wieder einmal seine Urlaubsreise verkündete, machte sie sich kommentarlos daran, den äußerst komplizierten Haushalt für ihre Abwesenheit zu organisieren. Ohnehin war sie meist zu müde, um sich zu engagieren, was ihr recht gut zupaß kam. Denn kaum etwas fürchtete Dorothea so sehr wie ihr eigenes Engagement. Sie reiste mit Karl, weil er es von ihr erwartete. Ihr schlechtes Gewissen gegenüber den Kindern, welches sie auch ohne besonderen Anlaß plagte, wog leichter als die Aussicht auf Mißbilligung eines urlaubsreifen Gatten. Sie reiste aber auch mit Karl, weil sie ihm dankbar war für seine Fürsorge und seine Entschlußfreudigkeit. Weil sie nun einmal ja gesagt hatte und dabei bleiben mußte. Weil sie an ihn gewöhnt war. Weil sie gelernt hatte, auf die schützende, einlullende Kraft der Rituale zu vertrauen, weil sie sich in seinen Armen, wenn diese auch gelegentlich etwas grob mit ihr umgingen, sicher fühlte. Weil sie den Druck seines übergewichtigen, ganz auf das Hier und Jetzt und die momentanen Bedürfnisse angelegten Körpers leichter ertragen konnte als die Schwerelosigkeit ihrer beschämenden Wolkenkuckucksmentalität. Und vor allem, weil er sie einstmals von ihrer eigenen Freiheit gerettet hatte.

»Diesmal geht´s endlich nach Griechenland«, sagte Karl. Dorothea zuckte zusammen. »Nein«, sagte sie, »auf gar keinen Fall.« Karl lachte sehr herzlich, als hätte sie einen Witz gemacht. »Wo sind die Kinder?«

»Welche zum Beispiel?«

»Da sich die großen um diese Zeit draußen herumtreiben, wie ich sehr wohl weiß, meine ich die kleinen.«

Dorothea deutete mit spitzem Finger auf den Bildschirm: »Wenigstens einmal am Tag sachliche Information, aktuelle Bezüge, das war doch dein Rezept für mich, oder? Also sind die beiden Kleinen jetzt im Bad, von wo aus sie meine Informationspflicht nicht stören können.«

»Bist du schlecht gelaunt?«

»Nein«, antwortet Dorothea, »nur müde und etwas überdrüssig.«

»Meiner überdrüssig?«

»Nicht daß ich wüßte. Gehst du jetzt zu den Kleinen?«

»Nein«, sagte Karl, »ich bleibe bei dir.«

Er setzte sich neben seine Frau, die die Augen nicht vom Bildschirm nahm, platzierte den Aktenkoffer auf seinen Knien und ließ den Deckel aufklappen.

»Ich habe noch mehr mitgebracht, weißt du. Der Baedeker ist natürlich etwas obsolet, aber doch sehr hübsch geschrieben, so kulturbeflissen und korrekt. Zur Komplettierung etwas Lockeres, Modernes, dies hier sei das Vernünftigste, meinte der Buchhändler. Und dann haben wir den historischen Überblick und das angemessene Quantum Lyrik, Von Sappho bis Elytis , klingt sehr umfassend. Und noch ein paar Short stories für die Wartezeiten auf dem Flugplatz oder während meiner Besprechungen, Frauen in Griechenland . Alles in allem ein guter Querschnitt für deine Vorbereitung.«

»Sei doch mal still«, unterbrach sie, »jetzt kommt der Wetterbericht.«

Ein paar Minuten lang saßen Mann und Frau einträchtig nebeneinander und ließen sich von der Wetterfrau darüber aufklären, wieso und warum der Septemberanfang diesmal so ungewöhnlich kühl sei.

Danach drückte Dorothea die Off-Taste und fragte in die entstandene Stille hinein: »Welche...
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