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Der Sonderling

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am31.03.2015
Teddy und Francine sind weltfremde Einzelgänger. Teddy wuchs im Londoner Vorstadtmilieu ohne Wärme und Nähe auf. Seine Eltern interessierten sich nie für ihn, der Einzige, der sich mit ihm beschäftigte, war ein Nachbar. In dessen Werkschuppen entdeckte Teddy seine Liebe zu Holz und wurde zu einem hochbegabten Schreiner. Francine wiederum musste als Siebenjährige den Mord an ihrer Mutter mit ansehen. Seither lebt sie wie unter einer Glasglocke, abgeschnitten von der Welt - bis sie Teddy begegnet und sich in ihn verliebt. Auch Teddy entwickelt schnell Gefühle für die schöne junge Frau, und bald wird klar: Er, der nie etwas Eigenes besessen hat, muss Francine besitzen - selbst wenn er dafür morden muss ...

Ruth Rendell wurde 1930 in London geboren und lebte dort bis zu ihrem Tod 2015. Sie arbeitete als Journalistin, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. 1997 wurde sie mit dem Grand Master Award der Crime Writers' Association of America, dem renommiertesten Krimipreis, ausgezeichnet und darüber hinaus von Königin Elizabeth II. in den Adelsstand erhoben. Ruth Rendell ist auch unter dem Pseudonym Barbara Vine bekannt.
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Produkt

KlappentextTeddy und Francine sind weltfremde Einzelgänger. Teddy wuchs im Londoner Vorstadtmilieu ohne Wärme und Nähe auf. Seine Eltern interessierten sich nie für ihn, der Einzige, der sich mit ihm beschäftigte, war ein Nachbar. In dessen Werkschuppen entdeckte Teddy seine Liebe zu Holz und wurde zu einem hochbegabten Schreiner. Francine wiederum musste als Siebenjährige den Mord an ihrer Mutter mit ansehen. Seither lebt sie wie unter einer Glasglocke, abgeschnitten von der Welt - bis sie Teddy begegnet und sich in ihn verliebt. Auch Teddy entwickelt schnell Gefühle für die schöne junge Frau, und bald wird klar: Er, der nie etwas Eigenes besessen hat, muss Francine besitzen - selbst wenn er dafür morden muss ...

Ruth Rendell wurde 1930 in London geboren und lebte dort bis zu ihrem Tod 2015. Sie arbeitete als Journalistin, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. 1997 wurde sie mit dem Grand Master Award der Crime Writers' Association of America, dem renommiertesten Krimipreis, ausgezeichnet und darüber hinaus von Königin Elizabeth II. in den Adelsstand erhoben. Ruth Rendell ist auch unter dem Pseudonym Barbara Vine bekannt.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641151423
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2015
Erscheinungsdatum31.03.2015
SpracheDeutsch
Dateigrösse1722 Kbytes
Artikel-Nr.1597496
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


2

_____

An einem kalten Samstag unternahmen Jimmy Brex und Eileen Tawton eine Busreise nach Broadstairs. Das war im Sommer des Jahres 1966. Es war das erste Mal, dass die beiden so einen Ausflug zusammen machten. Ihre sonstigen Aktivitäten - Eileen nannte es »sich den Hof machen«, und Jimmy hatte gar keinen Ausdruck dafür - bestanden darin, ins White Rose and Lion zu gehen, und gelegentlich schaute Jimmy bei Eileens Mutter zum Abendbrot vorbei. Doch dann bekam das Pub einen neuen Pächter, und für die Stammgäste wurden an den Wochenenden Veranstaltungen organisiert. Eine davon war der Ausflug nach Broadstairs.

Es regnete. Ein scharfer Nordwind brauste die Küstenstreifen von Suffolk, Essex und Kent entlang, bevor er irgendwo auf den Kanalinseln schließlich zum Erliegen kam. Jimmy und Eileen saßen unter einem Unterstand am Wasser und aßen ihre mitgebrachten Sandwiches. Sie kauften Zuckerstangen und schauten in einem vergeblichen Versuch, die französische Küste zu erspähen, durch ein Fernrohr. Am späten Nachmittag beschlossen sie, etwas Richtiges zu essen, und betraten Popplewell´s Restaurant mit Meerblick.

Wie die meisten Restaurants und Cafés damals hatte das Lokal keine Schankkonzession, und Jimmy verzehrte sich nach einem Drink. Er musste mit Tee vorliebnehmen, denn die Kneipen machten erst um halb sechs auf. Als sie ihre Eier mit Pommes frites, Erbsen und Pilzen, ihren Apfelkuchen mit Vanillesauce und ein paar Scheiben Dundee-Kuchen aufgegessen hatten, war immer noch eine halbe Stunde herumzubringen. Während Jimmy noch eine Kanne Tee bestellte, ging Eileen auf die Damentoilette.

Es war ein winziges, fensterloses und - wie damals üblich, verschmuddeltes - Kabuff mit nacktem Betonboden und einer einzigen Kabine. Ein Waschbecken hing - gefährlich locker - an der Wand, aber Seife, Handtuch oder Papiertücher gab es nicht und natürlich auch keinen Händetrockner. Aus einem Wasserhahn tropfte es. Als eine Frau aus der Kabine kam, konnte Eileen hineingehen. Sie hörte, wie draußen das Wasser lief, und dann hörte sie, wie die Tür zuging.

Eileen hatte nicht die Absicht, sich die Hände zu waschen. Sie hatte sie heute Morgen vor der Abfahrt gewaschen, und im Übrigen gab es ja sowieso keine Handtücher. Doch sie warf einen kurzen Blick in den angeschlagenen Spiegel, zupfte ihr Haar ein wenig zurecht, schürzte die Lippen und konnte dabei schwerlich vermeiden, dass ihr Blick auf die kleine Ablage unter dem Spiegel fiel. In deren Mitte lag ein Brillantring.

Die Frau, die gerade vorhin hier gewesen war, musste ihn zum Händewaschen abgelegt und dann vergessen haben. Da konnte man doch wieder mal sehen, wozu übertriebener Wascheifer führte. Eileen war an der Frau nichts weiter aufgefallen, außer dass sie mittleren Alters war und einen Regenmantel trug. Sie betrachtete den Ring. Dann nahm sie ihn in die Hand.

Selbst für jemanden, der sich absolut nicht damit auskennt oder keinen Sinn für guten Schmuck hat, ist ein Brillantring sofort als solcher erkennbar. Bei diesem hier handelte es sich um einen Solitär, bei dem auf jeder Seite ein Saphir eingelassen war. Eileen steckte ihn sich an den rechten Ringfinger. Er passte wie angegossen.

Mit dem Ring am Finger hineinzuspazieren wäre keine gute Idee. Sie steckte ihn in ihre Handtasche. Jimmy saß da und wartete auf sie und rauchte gerade die dreißigste Zigarette an diesem Tag. Er gab ihr auch eine, und dann gingen sie zum Anchor hinüber, wo er für sich ein Bier und für sie ein Glas Cidre bestellte. Nach einer Weile öffnete sie ihre Tasche und zeigte ihm den Brillantring.

Auf die Idee, den Ring ins Restaurant zurückzubringen, ihn dem Geschäftsführer zu geben oder damit zur Polizei zu gehen, kam keiner der beiden. Wer was findet, darf´s behalten. Doch andere Ideen kamen ihnen durchaus in den Sinn. Eigentlich war es ein und dieselbe Idee. Eileen steckte sich den Ring wieder an, diesmal jedoch an den linken Ringfinger, und hielt die Hand hoch, um ihn Jimmy vorzuführen. Wieso sollte sie ihn wieder ablegen? Obwohl sie es nicht laut sagte, übertrug sich ihr Gedanke irgendwie auf ihn.

Er besorgte sich noch ein Bier und dazu eine Tüte Kartoffelchips und sagte, als er wieder an den Tisch trat: »Behalt ihn doch gleich an.«

»Meinst du?« Ihre Stimme klang unsicher. Sie spürte den Ernst der Situation. Es war ein erhabener Augenblick.

»Verloben wir uns eben«, meinte Jimmy.

Eileen nickte, lächelte aber nicht. Ihr Herz klopfte heftig.

»Wenn es dir recht ist.«

»Ich hab´ mir das schon länger überlegt«, sagte Jimmy. »Hab´ auch daran gedacht, dir einen Ring zu kaufen. Ich hab´ nicht damit gerechnet, dass der jetzt hier auftaucht. Ich hol´ mir noch was zu trinken. Willst du noch einen Cidre?«

»Warum nicht?« sagte Eileen. »Also, feiern wir - warum eigentlich nicht? Gib mir noch´ ne Kippe, ja?«

Eigentlich hatte Jimmy bis zu diesem Augenblick überhaupt nicht an Verlobung gedacht. Er hatte keinerlei Absicht zu heiraten. Wieso auch? Seine Mutter versorgte ihn und seinen Bruder. Sie war erst achtundfünfzig und hatte noch viele Jahre vor sich. Doch die Entdeckung des Rings war eine Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen durfte. Angenommen, er hätte nichts getan und Eileen den Ring einfach behalten lassen. Wenn er dann eines Tages beschlossen hätte, sich doch zu verloben, hätte er ihr einen Ring kaufen müssen, und zwar einen neuen. Außerdem war verlobt nur verlobt und konnte sich jahrelang hinziehen; es hieß ja nicht, dass man gleich morgen heiraten musste.

Eileen war in Jimmy nicht verliebt. Hätte sie darüber nachgedacht, so hätte sie wahrscheinlich gesagt, sie mochte ihn ganz gut leiden. Sie mochte ihn lieber als die anderen Männer, die sie kannte, aber eigentlich kannte sie gar keine anderen. Kein Mann verirrte sich je in das Wollgeschäft, in dem sie Miss Harvey, der Besitzerin, zur Hand ging und einer ältlichen, weiblichen Kundschaft doppelfädige, kuschelweiche Wolle verkaufte. Jimmy hatte sie kennengelernt, als er mit seinem Chef gekommen war, um Miss Harveys Wohnung oben zu streichen und ein neues Waschbecken einzubauen. Das war vor fünf Jahren gewesen.

Obwohl sie Rechtshänderin war, bediente Eileen ihre Kundinnen während der nächsten Wochen mit der linken Hand; oft hielt sie sie sich ans Kinn, um den bisweilen im Licht aufblitzenden Brillanten vorzuführen. Er wurde ausgiebig bewundert. Sie ging mit Jimmy weiterhin ins Pub, und er kam weiterhin zum Abendbrot zu Mrs. Tawton. Dann hatte Eileen ihren fünfunddreißigsten Geburtstag. Sie fuhren noch auf mehrere vom White Rose and Lion organisierte Ausflüge mit, entweder zu zweit oder mit Mrs. Tawton und ihrer Freundin Gladys.

Wenn Eileen manchmal das Thema Heirat ansprach, sagte Jimmy jedes Mal: »Wir haben uns doch gerade erst verlobt«, oder »Das können wir uns in ein paar Jahren immer noch überlegen.« Außerdem würden sie sich niemals eine eigene Wohnung leisten können. Sie hatte nicht vor, zu ihrer Mutter zu ziehen, und zu seiner auch nicht. Ihre Beziehung war nicht sexueller Natur. Obwohl er sie manchmal küsste, hatte Jimmy nie angedeutet, dass er mehr wollte, und Eileen redete sich ein, sie hätte in dem Fall sowieso nicht eingewilligt, und respektierte ihn dafür, dass er es nicht von ihr verlangte. Das konnten sie sich in ein paar Jahren immer noch überlegen.

Dann starb Jimmys Mutter. Sie fiel auf der Straße tot um, in jeder Hand eine vollbepackte Einkaufstasche. Brotlaibe, Halbpfundpäckchen Butter, Kekspackungen, große Cheddarstücke, Orangen, Bananen, Speck, zwei Hähnchen, Konservendosen mit Bohnen und Spaghetti in Tomatensauce kullerten über den Gehweg oder fielen in den Rinnstein. Betty Brex war einem schweren Schlaganfall erlegen.

Ihre beiden Söhne hatten von Geburt an im Haus gewohnt, und keiner kam auf den Gedanken auszuziehen. Als nun niemand mehr da war, um sie zu versorgen, fand Jimmy es an der Zeit zu heiraten. Schließlich war er schon fünf Jahre verlobt. An diese Tatsache erinnerte ihn der Ring, den Eileen tagein, tagaus trug. So viel Glück, einen Ehering auf der Damentoilette zu finden, würde sie wohl nicht haben, doch zum Glück hatte er den, den er seiner toten Mutter vom Finger gezogen hatte. Auf dem Standesamt in Burnt Oak heirateten sie.

Das Brexsche Haus war eine kleine, zweistöckige Doppelhaushälfte mit oben und unten je zwei Zimmern, einem kleinen Bad und einer Küche. Außen war es gipsverputzt und ockergelb gestrichen und lag inmitten ganzer Reihen solcher Häuser in der Nähe der North Circular Road in Neasden. Als Eckhaus hatte es von der Straße her eine Zufahrt zum Garten, und dort stellte Keith Brex immer seinen Wagen ab, der dann den Großteil der verfügbaren Fläche einnahm. Eigentlich war es eine Abfolge von Autos, wobei es sich zum Zeitpunkt der Vermählung seines Bruders um einen rotsilbernen Studebaker mit Heckflossen handelte.

Keith war älter als Jimmy und nicht verheiratet. An Frauen oder jeglicher Spielart von Sex nicht interessiert, Nichtleser und Nichtsportler, war ihm im Grunde alles gleichgültig außer Trinken und Autos. Dabei interessierte er sich nicht so sehr dafür, sie zu fahren, als an ihnen herumzubasteln, sie auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen. Sie zu putzen und zu polieren und zu bewundern. Vor dem Studebaker hatte er einen Pontiac gehabt und davor einen Dodge.

Für den täglichen Gebrauch und um zur Arbeit zu fahren hatte er ein Motorrad. Wenn sein Auto perfekt hergerichtet war und nur so glänzte, holte er es heraus und fuhr auf der North Circular Road nach Brent Cross, den Hendon Way hinauf, die Station Road hinunter und den Broadway entlang...

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Autor

Ruth Rendell wurde 1930 in London geboren und lebte dort bis zu ihrem Tod 2015. Sie arbeitete als Journalistin, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. 1997 wurde sie mit dem Grand Master Award der Crime Writers' Association of America, dem renommiertesten Krimipreis, ausgezeichnet und darüber hinaus von Königin Elizabeth II. in den Adelsstand erhoben. Ruth Rendell ist auch unter dem Pseudonym Barbara Vine bekannt.