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Herzensgut

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
382 Seiten
Deutsch
FISCHER E-Bookserschienen am28.09.20181. Auflage
Der angebliche Suizid einer jungen Frau bringt Barbara Pross auf die Spur eines Serienmörders, der Kinder tötet. Die Profilerin aus Kaffkes Debütroman ?Messerscharf? ermittelt auf eigene Faust. Je tiefer sie gräbt, desto deutlicher wird, dass Mord nicht das Schlimmste ist, was einem Opfer widerfahren kann. Ein spannender Fall für die eigenwillige Heldin Barbara Pross. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Silvia Kaffke, geboren 1962 in Duisburg, studierte Publizistik und Germanistik in Bochum und arbeitete u.a. als Texterin, Lektorin, Sekretärin und PR-Referentin. Ihr Erstling ?Messerscharf? mit der Heldin Barbara Pross erschien 2000 im Fischer Taschenbuch Verlag. Der Roman wurde 2001 verfilmt und für den FrauenKrimiPreis 2001 nominiert. Silvia Kaffke ist Trägerin des Kulturförderpreises der Stadt Düsseldorf. Sie lebt in Duisburg.
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Produkt

KlappentextDer angebliche Suizid einer jungen Frau bringt Barbara Pross auf die Spur eines Serienmörders, der Kinder tötet. Die Profilerin aus Kaffkes Debütroman ?Messerscharf? ermittelt auf eigene Faust. Je tiefer sie gräbt, desto deutlicher wird, dass Mord nicht das Schlimmste ist, was einem Opfer widerfahren kann. Ein spannender Fall für die eigenwillige Heldin Barbara Pross. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Silvia Kaffke, geboren 1962 in Duisburg, studierte Publizistik und Germanistik in Bochum und arbeitete u.a. als Texterin, Lektorin, Sekretärin und PR-Referentin. Ihr Erstling ?Messerscharf? mit der Heldin Barbara Pross erschien 2000 im Fischer Taschenbuch Verlag. Der Roman wurde 2001 verfilmt und für den FrauenKrimiPreis 2001 nominiert. Silvia Kaffke ist Trägerin des Kulturförderpreises der Stadt Düsseldorf. Sie lebt in Duisburg.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783105622056
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2018
Erscheinungsdatum28.09.2018
Auflage1. Auflage
Seiten382 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.3983179
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

1

Barbara hatte trotz des Nachmittagsstaus keinen Blick für die eindrucksvolle Kulisse zu beiden Seiten der A 59, die mit einer kilometerlangen Brücke den Süden Duisburgs mit dem Norden verband. Nur flüchtig fiel ihr Blick auf die bunten Bögen über der Ruhr und den Kanälen. Bald würde es dunkel sein. Sie erinnerte sich, diese Strecke schon einmal gefahren zu sein. Damals hatte Thomas ihr die Lichtkunst am Hochofen des alten Hüttenwerks im Landschaftspark Nord zeigen wollen. Auf den Hochofen waren sie nicht geklettert. Thomas wusste gut, wo seine Grenzen lagen.

Der Gedanke an Thomas ließ ihre Stimmung noch tiefer sacken. Was sie vorhatte, war Verrat, feige und unehrlich, und bis jetzt hatte sie immer noch keine Vorstellung davon, wie sie ihm das sagen sollte. »Thomas, ich suche mir eine Wohnung« wäre eine Möglichkeit gewesen. »Ich habe viele auswärtige Bewerbungen laufen, ich würde ohnehin weggehen ...« war eine andere. Am liebsten hätte sie nur still und heimlich ihre Sachen gepackt und wäre verschwunden. Sie fürchtete den Schmerz in seinem Blick. Sie fürchtete, seinem schwachen Herzen zu schaden. Und am meisten fürchtete sie sein Schweigen.

Jetzt rollte sie im Schritttempo zu ihrer ersten Wohnungsbesichtigung. Auf Duisburg hatte sie ein Kommilitone aus dem Doktorandenseminar gebracht. Es sei billiger dort und längst nicht so hässlich, wie immer behauptet wurde. Vor allem im Norden. Nun, schön musste es auch nicht sein. Sie wollte nur ein Plätzchen, an dem sie die Ergebnisse ihrer Bewerbungen abwarten konnte. Eine Zwischenstation.

Endlich hatte sie die Abfahrt erreicht. Am nahen Horizont ragten Industrieanlagen auf. Aber die Nebenstraßen waren fast hübsch: sorgfältig renovierte Altbauten, Kinderspielstraßen mit Grünanlagen. Sie fand das Haus, der Vermieter war auch schon da, ein Yuppie-Typ mit Aktentasche.

»Sind Sie Frau Dr. Pross?«, fragte er. Barbara zuckte immer noch zusammen, wenn sie jemand mit ihrem frisch erworbenen Titel ansprach. »Brücker mein Name. Dann gehen wir mal rauf.«

Die Gardine im Erdgeschoss bewegte sich. Kaum hatten sie den Hausflur betreten, schoss eine ältere Frau aus ihrer Wohnung. »Herr Brücker, gut, dass Sie da sind. Ich hätte Sie sonst heute noch angerufen. Diese Katze, die Frau Wehling hält ...«

»Wehling?«

»Sie wissen doch, die junge Frau im zweiten Stock. Sie hält eine Katze. Und die Hausordnung sagt klar, dass keine Haustiere ...«

Brücker seufzte. »Ich werde mit ihr reden, Frau Reimer. Obwohl eine Katze ...«

»Die Mülltonnen sind schon voll genug. Bei drei Babys im Haus fallen eine Menge Windeln an. Und dann noch die Katzenstreu!« Die Alte war ganz so, wie Barbara sich einen Hausdrachen vorstellte. »Und außerdem stinkt es seit Tagen bestialisch aus der Wohnung.«

»Ich werde mich darum kümmern, Frau Reimer. Wir müssen ja ohnehin in den zweiten«, sagte Brücker.

»Wissen Sie, die macht einfach nicht auf, wenn ich da anschelle. Egal zu welcher Tageszeit. Aber das kenne ich schon von ihr - selbst wenn das Radio läuft, tut sie so, als wäre sie nicht zu Hause ...« Den letzten Satz rief die Alte hinter ihnen her, denn Brücker hatte es eilig, die Treppe hinaufzukommen.

»Diese Haustierregelung ... wir wollen keine Hunde hier, das stimmt, die machen Lärm ... aber gegen Katzen haben wir nichts.«

»Ich habe keine Haustiere«, sagte Barbara.

»Umso besser.«

Schon auf der Treppe zum zweiten Stock mussten sie aber feststellen, dass Frau Reimer Recht hatte. Irgendetwas stank hier. Es war noch nicht sehr stark, aber deutlich zu bemerken. Barbara blieb auf der letzten Stufe stehen. Das war ein Geruch, den sie nur zu gut kannte.

»Haben Sie starke Nerven, Herr Brücker?«, fragte sie.

»Starke Nerven ... wieso denn?«

»Wir sollten diese Wohnung aufbrechen, und zwar sofort.« Sie ging zur Tür und besah sich das Schloss. »Nicht gerade der neueste Stand der Sicherheitstechnik. Können Sie mir einen Schraubendreher besorgen?«

»Aber ...«

»Ich war früher bei der Polizei. Und ich weiß, was dieser Geruch bedeutet.«

Brücker sah sie entsetzt an. »Sie meinen ...?« Er wurde blass. Barbara nickte. »Wir können natürlich auch den Schlüsseldienst ...«

»Nein, ich frage Herrn Reimer nach dem Schraubendreher.« Er rannte fast die Treppe hinunter und stand wenige Minuten später mit dem Schraubendreher und Herrn Reimer vor der Tür. Frau Reimer war auf der Treppe stehen geblieben.

Reimer bestand darauf, die Schrauben des Schlosses selbst zu entfernen, wahrscheinlich traute er es einer Frau nicht zu. Dann war die Tür offen. Drinnen war der Geruch stärker.

Barbara trat in den Flur, Brücker und Reimer folgten ihr. Noch bevor Barbara ihn zurückhalten konnte, öffnete Brücker die Küchentür und schreckte zurück. In der Ecke bei den beiden Fressnäpfen lag eine verendete Perserkatze. Barbara ging näher heran und betrachtete sie genau. »Es wäre besser ...«, begann sie.

»So eine elende Schweinerei«, fluchte Brücker, rannte mitten durch die Küche und riss das Fenster auf.

»... wenn Sie hier nicht so viel anfassen würden«, beendete Barbara ihren Satz. Die Katze musste sich in ihrer Todesangst wie tollwütig aufgeführt haben. Es gab tiefe Kratzer an den Schränken, jeder erreichbare Streifen Tapete war zerfetzt, die Gardinen zerrissen.

»Ich habe ja gesagt, die Katze ...«, das kam von Frau Reimer, die in der Küchentür stand.

»Sie ist verhungert und verdurstet«, sagte Barbara. Sie beugte sich über das Tier. Es ging nur ein leichter Verwesungsgeruch von ihm aus. Sie schätzte, dass die Katze seit ein paar Tagen tot war. Und das erklärte nicht den Geruch im Hausflur.

Barbara ließ Brücker, der mit leicht grünstichigem Gesicht am Fenster nach Luft schnappte, stehen und ging zurück in den Flur. Hier hatte sich der Geruch regelrecht festgesetzt. Sie hatte den Eindruck, er wurde stärker, je weiter sie in die Nähe des nach hinten heraus gelegenen Schlafzimmers kam.

»Ich meine, ich bin ja gegen die Katze, aber so ein Tier verhungern zu lassen und sich einfach aus dem Staub zu machen!« Frau Reimer blickte angeekelt auf den Kadaver.

»Wenn sie weg ist«, sagte Barbara langsam.

»Wie meinen Sie das - wenn sie weg ist ...?« Brücker wurde noch ein wenig blasser. »Sie ... sie ist doch sicher auf und davon und hat die Katze ...«

Barbara schüttelte den Kopf. Sie drehte sich zu Reimer und seiner Frau um. »Sie sollten jetzt besser gehen. Und fassen Sie bitte nichts an ...«

Die beiden traten widerwillig den Rückzug an. Barbara zog ein Taschentuch heraus. »Ich werde allein dort hineingehen, Herr Brücker. Ich sehe so etwas nicht zum ersten Mal.«

»Was ... was ...« Brücker verstummte, denn Barbara öffnete, das Taschentuch in der Hand, die Schlafzimmertür. Dann presste sie es sich vor Mund und Nase und betrat den Raum.

Der Geruch war unerträglich, selbst durch das Taschentuch. Er schlug Barbara wie in einer Welle entgegen. Das Schlafzimmer war dunkel, das Rollo war heruntergelassen. Barbara zog ihren Sweatshirt-Ärmel über die Hand und drückte den Lichtschalter.

Christina Wehlings Leiche lag auf dem Bett, die Gesichtszüge, obwohl verschwommen durch die beginnende Verwesung, schienen entspannt zu sein. Auf dem Nachttisch stand ein Glas mit einem dicken weißen Bodenbelag, daneben lagen ein Tablettenröhrchen und eine Schachtel Valium. Barbara, das Taschentuch immer noch vor dem Mund, beugte sich herunter, um das Röhrchen näher zu betrachten, es war ein starkes Schlafmittel.

»Was ist?«, fragte Brücker mit gepresster Stimme aus dem Flur. »Der Gestank ist ja entsetzlich ...«

Barbara kam zurück in den Flur und schloss die Tür hinter sich. »Sie ist tot. Schätzungsweise drei bis vier Wochen.«

»Woher ...« Brücker hielt inne. »Ach ja, Sie sagten ja, dass Sie mal bei der Polizei waren. Und Sie haben so etwas schon öfter gesehen?«

»Ja. Leider.«

»Hat sie denn jemand umgebracht?«

Barbara schüttelte den Kopf. »Es sieht nach Selbstmord aus. Die Tabletten ... Genaueres wird allerdings erst die Polizei sagen können.«

»Ist das denn nötig? Reicht nicht ein Arzt?«

Barbara schüttelte nur den Kopf und schob ihn aus der Wohnung. Die Tür lehnte sie an.

»Was für ein Gestank ... Werde ich den je wieder aus der Wohnung bekommen?«

Ja, Brücker, du bist eine Seele von Mensch, dachte Barbara, machst dir Sorgen, ob du die Wohnung schnell wieder vermieten kannst ...

 

Innerhalb der nächsten zwei Stunden rollte die gesamte Polizeimaschinerie in Meiderich an. Barbara hatte Brücker klargemacht, dass sie eine Weile dableiben mussten. Herr und Frau Reimer baten sie in ihre Wohnung. Dort musste Brücker sich erst einmal übergeben. Danach hatte er sein Handy gezückt und lautstark ein paar wichtig klingende Telefonate geführt. Als er in die Küche kam, wo Frau Reimer gerade Kaffee kochte (Viel Kaffee, hatte Barbara gesagt, die Jungs von der Spurensicherung, die ich kenne, leben davon.), saß Barbara bereits seit einer Viertelstunde auf der rustikalen Eckbank und betrachtete sich die übrige Einrichtung. Alles penibel sauber, alles ein bisschen altmodisch, bis auf die zahlreichen elektrischen Küchengeräte, die Barbara manchmal nicht einmal identifizieren konnte. Es gab Sandwich-Toaster, Waffeleisen, eine Joghurtmaschine und tatsächlich zwei Mikrowellengeräte.

Herr Reimer hatte sich verabschiedet und war in den Keller gegangen, wo er eine kleine...
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