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Die Tochter des Leuchtturmwärters

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
253 Seiten
Deutsch
Verlag Freies Geisteslebenerschienen am04.10.20221. Auflage
Krabbe und ihr Bruder Alastair wachsen unter extremen Bedingungen auf. Paradiesisch schön, aber höllisch einsam ist es auf Lizzie Island, nur zusammen mit den Eltern, ohne wirklichen Kontakt nach außen. Die Situation spitzt sich verhängnisvoll zu, als beide aus der Kindheit heraustreten. - Einige Jahre später kehrt Krabbe als junge Frau auf die Insel zurück. Nicht nur für sie bedeutet ihre Rückkehr eine Reise in die Vergangenheit und eine Suche nach dem Sinn des Lebens.

Iain Lawrence war nach dem Publizistikstudium in Vancouver für verschiedene Zeitungen tätig. Dann ließ er sich in der Küstenregion nieder, wo er zuerst in der Hafenstadt Prince Rupert lebte und später als Wärter eines abgelegenen Sendeturms arbeitete. Heute lebt Iain Lawrence auf den Gulf Islands in British Columbia.
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Verfügbare Formate
BuchGebunden
EUR20,00
TaschenbuchKartoniert, Paperback
EUR10,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR14,99

Produkt

KlappentextKrabbe und ihr Bruder Alastair wachsen unter extremen Bedingungen auf. Paradiesisch schön, aber höllisch einsam ist es auf Lizzie Island, nur zusammen mit den Eltern, ohne wirklichen Kontakt nach außen. Die Situation spitzt sich verhängnisvoll zu, als beide aus der Kindheit heraustreten. - Einige Jahre später kehrt Krabbe als junge Frau auf die Insel zurück. Nicht nur für sie bedeutet ihre Rückkehr eine Reise in die Vergangenheit und eine Suche nach dem Sinn des Lebens.

Iain Lawrence war nach dem Publizistikstudium in Vancouver für verschiedene Zeitungen tätig. Dann ließ er sich in der Küstenregion nieder, wo er zuerst in der Hafenstadt Prince Rupert lebte und später als Wärter eines abgelegenen Sendeturms arbeitete. Heute lebt Iain Lawrence auf den Gulf Islands in British Columbia.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783772540592
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum04.10.2022
Auflage1. Auflage
Seiten253 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse1325 Kbytes
Artikel-Nr.9928073
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
Danksagung
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Leseprobe
1. Kapitel

Im Bug des Schiffs, hoch über dem Meer, steht ein siebzehnjähriges Mädchen - wie eine Galionsfigur aus Holz, die Arme regungslos, das Haar fein geschnitzt und golden bemalt.

Das Schiff trägt das Mädchen mit dem Wind nach Norden, in scheinbar immerwährender Ruhe. Die Flaggen hängen, zu Stofffetzen verknotet, schlaff vom Mast, der Rauch steigt wie eine graue Säule aus dem Schornstein. Das Meer, nicht das Schiff, scheint sich fortzubewegen. Es bricht sich am Bug und tost schäumend den Rumpf entlang. Es spült Seetangreste und auf den Wellen tanzendes Treibholz mit sich. Möwen und Alken flattern davon, doch die junge Frau blickt starr geradeaus.

Neben ihr kauert, ganz in Rot, ihre Tochter. Sie ist zu klein, um über die Reling zu blicken. Sie guckt durch die ovale Trossenklüse, die kleinen Hände am Metall festgeklammert. Wie eine Katze auf der Fensterbank starrt sie zwischen beiden Händen hindurch aufs Meer hinaus und zwischen den Knien hat sie ein rotes Plastiktäschchen eingeklemmt, dessen Lasche über einer Barbiepuppe zugeknöpft ist. Auf der einen Seite ragt ein Wuschelkopf, auf der anderen Seite ein rosa Beinpaar heraus.

Das Meer fegt vorbei, hämmert gegen den Bug und versprüht feine Gischttröpfchen, die wie Käfer über das Wasser huschen. Die Wassermassen branden in die Höhe, fast bis zu dem immer noch regungslos dastehenden Mädchen empor, um sich gleich wieder in die Tiefe zu stürzen, als das Schiff von einem Brecher hochgestemmt wird und dann den Wellenkamm durchschneidet. Ganz weit vorne am Horizont taucht jetzt eine winzige leuchtende Kappe auf. Ein einzelnes weißes Auge blinzelt ihr über Meilen von Wasser hinweg zu.

Und schon ist es wieder verschwunden, versunken in den Wogen, während das Schiff vom Wellenberg in die See hinabtaucht und die am Bug aufschäumende Gischt bis zu ihr hinaufsprüht. Doch sie blickt unentwegt geradeaus, bis sie wieder auftauchen, die kleine rote Kappe und das aufblitzende Licht. Seit die Darby vor einer Stunde bei den Kinahan Inseln den Kurs wechselte, hat sie danach Ausschau gehalten. Jetzt regt sie sich erstmals. Sie legt eine Hand auf den Mund.

Die Insel erhebt sich wie ein auftauchender Wal aus dem Meer. Hinter einem silbernen Schleier aus Gischt und Dunst zeichnen sich Bäume und Felsen ab. Unter der roten Kappe nimmt ein Turm Gestalt an, zuerst so klein und weiß, dass er sie an einen Grabstein erinnert. Dann tauchen Gebäude auf, rote Dächer und weiße Mauern. Grüne Rasenquadrate. Dunkle Streifen von Salalbüschen.

Jeder neue Mosaikstein erfüllt sie mit einem neuen Gefühl, mit einem Bild aus ihrer Erinnerung, einem Geruch oder einem Klang. Sie ist auf dieser Insel geboren. Sie ist die Tochter des Leuchtturmwärters. Sie heißt Elizabeth McCrae, doch seit sie auf der Welt ist, wird sie Krabbe genannt.

«Tatiana, schau», sagt sie. «Da vorne ist Lizzie Island.»

Die Tochter antwortet nicht. Sie spricht selten. Ihre kleinen Schultern sind gebeugt, ihr Kopf ist nach vorne gereckt. Winzig und zerbrechlich sieht sie aus, eher zwei als drei Jahre alt. Krabbe lässt sich neben ihr auf dem grauen Stahl des Decks nieder. Sie hält Tatiana fest, als habe sie Angst, das Kind würde durch das Loch ins Meer verschwinden.

Tatiana blickt auf, ihre Augen sind unstet, ihr Grinsen entblößt alle ihre Zähne.

«Alles in Ordnung?», fragt Krabbe.

Tatiana nickt.

«Gleich sind wir da. Du wirst deine Oma und deinen Opa kennen lernen. Sie haben ein Boot mit einem Glasboden und einen Traktor mit einem Anhänger, auf dem du spazieren fahren kannst.»

Krabbe will ihr von allem erzählen: von Old Glory, dem kleinen geflügelten Pferd, von Gomorrha und der Klagemauer; von Alastairs Flöte und dem Gesang der Wale. Doch Tatiana hört nicht zu. Das Kind blickt schon wieder durch die Trossenklüse auf das am Schiff vorbeirauschende Wasser.

Auf der Insel geht ein frischer Wind. Er peitscht die Wellen gegen das Ufer und zerstäubt sie zu einem feinen Sprühnebel. Er weht böig über die Felsen und den durchnässten Rasen, auf dem in khakifarbenen Shorts Murray McCrae, der Leuchtturmwärter, steht.

«Die Darby kommt rein», sagt er, als wäre es ihm gleichgültig, als hätte er nicht seit Tagesanbruch nach dem Schiff Ausschau gehalten. In den Händen hält er Dinge, die das Meer an den Strand gespült hat: Algenstränge, Borkenstücke und Äste, die wie die warzigen Finger alter Männer mit Seepocken gespickt sind.

Zwei Meter hinter ihm blickt Hannah zum Himmel auf und wendet ihr Gesicht der Sonne zu. So spät im September steht sie schon tief im Süden. Sie glitzert auf den Wellen und den gischtnassen Felsen. Hannah blinzelt, legt die Hände über ihr Gesicht und schaut durch den herzförmigen Tunnel, den sie mit ihren Fingern gebildet hat, auf die See hinaus.

Die Darby ist weit draußen. Eine braune Rauchfahne, der Rumpf ein roter Fleck. Dort draußen ist ihre Tochter, eine Stunde von ihr entfernt.

Murray geht mit den Holzstecken bis an den Rand des Rasens und wirft sie dorthin zurück, wo sie hergekommen sind, über die Klippe ins Meer hinab. Er klatscht in die Hände und zieht seine Shorts hoch. «Volle Kraft voraus», sagt er. «Hab ne Menge zu tun. Sand holen.»

Einen Augenblick später ist er weg, ein viel zu großer Zirkusbär auf seinem kleinen Traktor. Ein rostiger Anhänger klappert und quietscht hinter ihm her, während er über den Plankenweg in den Wald hineinrattert.

Hannah geht in die andere Richtung über die Brücke in den Turm, hinauf bis zur Rundplattform. Seit bald einer Woche ist ein einsamer Buckelwal im seichten Uferwasser auf Futtersuche. Nun hält sie nach ihm Ausschau, so wie man von einer Veranda aus nach einem Freund Ausschau hält. Das lange, dunkle Kleid der Frau des Leuchtturmwärters und ihr purpurroter, um den Kopf geschlungener Schal flattern im Wind.

Früher einmal war das ihr liebster Platz, hoch über den Häusern und dem smaragdgrünen Rasenfleck. Vom Geländer umgeben brauchte sie keine Angst vor der Höhe zu haben, selbst wenn sie so hoch über dem Meer stand, dass die Vögel tiefer waren als sie und die Brandung weit draußen am Riff von Devil Rock weiß glitzernd aufschäumte. Früher war der Herbst ihre liebste Jahreszeit, das Ende des Sommers, wenn die Wale und die Vögel auf ihrem Zug in den Süden hier Halt machten. Doch jetzt ist die Insel ein Gefängnis, das Meer eine unüberwindliche Mauer. Der Herbst ist der Vorbote des Winters und des Totengräbers. Selbst der Wind macht ihr Angst.

Jetzt weiß sie, dass er eine Stimme hat. Sie hat ihn oft genug gehört in den letzten drei Jahren, als Atemzug im hohen Sommergras, als Flüstern in den moosbärtigen Bäumen. Er hat ihren Namen gerufen in den Stürmen, die von Süden kommen, wenn die Möwen wie Papierfetzen durch die Luft geschleudert werden. Sie hat Murray nichts davon erzählt, doch die Stimme im Wind ist die Stimme ihres Sohnes.

Gestern war er hier. Als der Sturm seinen Höhepunkt erreichte und das Haus durchschüttelte, als die kanadische Flagge in rote und weiße Fetzen gerissen wurde, blickte sie hinaus und sah ihn im aufblitzenden Licht. Dann wurde es wieder dunkel, und er war weg. Mit einem Mal weg. Armer Alastair, seit vier Jahren ertrunken, im Sturm vom Meer an die Oberfläche gespült.

Ein Schaudern geht durch Hannah, als sie daran denkt, dass er ihr erschienen ist. Sie weicht vom Geländer zurück und lehnt sich gegen das Glas. Obwohl das Wasser fünfundzwanzig Meter tiefer liegt, ist die Scheibe mit Salzkrusten überzogen. Der Sturm der vergangenen Nacht hat seine Spuren hinterlassen. Hannah reibt über die Salzflecken, erst mit der Hand, dann mit dem Schal. Sowie sie ihn vom Kopf nimmt, wehen die Strähnen ihres Haars im Wind. Alle fünf Sekunden blitzt das Leuchtfeuer in der Kuppel auf.

Heutzutage ist es ein armseliges Ding, dieses Leuchtfeuer, eine Halbkugel aus Plastik auf einer jämmerlichen Stange. Die alte Lampe hat längst ausgedient, die alte Lampe in ihrem Quecksilberbad, die sich drehte und drehte und eine Leuchtkraft hatte, die stärker war als das Sonnenlicht.

«Sie dürfen nicht direkt hineinblicken», sagte Murray, als er sie zum ersten Mal mit auf den Turm nahm. «Das Licht kann Ihnen die Augen verbrennen», sagte er. Noch eine ganze Woche lang ging sie mit zusammengekniffenen Augen über den Rasen, bis ihr Murray lachend sagte, dass das Leuchtfeuer weit oben über sie hinausstrahlte. Dennoch warf es ihren Schatten auf das Gras, einen grauen Umriss, der beim Gehen neben ihr her hüpfte. Es leuchtete durch die Fenster und verfolgte sie bis in den Wald hinein. Es war wie ein kolossales Auge, das sie von hoch oben ständig beobachtete. Und sie war froh, als die neue...
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Autor

Iain Lawrence war nach dem Publizistikstudium in Vancouver für verschiedene Zeitungen tätig. Dann ließ er sich in der Küstenregion nieder, wo er zuerst in der Hafenstadt Prince Rupert lebte und später als Wärter eines abgelegenen Sendeturms arbeitete. Heute lebt Iain Lawrence auf den Gulf Islands in British Columbia.

Bei diesen Artikeln hat der Autor auch mitgewirkt