Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Hexenringe

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Piper Verlag GmbHerschienen am10.07.2013Auflage
Schweden zu Beginn der Gründerzeit: Am Ende des 19. Jahrhunderts dringt die neue Zeit auch in die hintersten Winkel des Landes, dorthin, wo Tora Lans in ärmlichsten Verhältnissen zur Welt kommt. Ihr Leben als Dienstmädchen scheint ebenso vorherbestimmt wie das ihrer Mutter Edla und der Großmutter Sara, bei der Tora nach dem Tod der Mutter aufwächst. Doch das erwachende Selbstvertrauen und der trotzige Lebenswille des jungen Mädchens helfen ihr, sich gegen ein Schicksal in Armut und Abhängigkeit aufzulehnen. - »Der Roman ist kein Elendspanorama, denn Kerstin Ekman setzt auf Ironie und Humor. Immer bleibt Spannung und Leselust erhalten.« (taz)

Kerstin Ekman, 1933 in Risinge (Östergötland) geboren, zählt zu den wichtigsten schwedischen Autorinnen unserer Zeit. Ihr umfangreiches literarisches Werk ist vielfach preisgekrönt, es wurde verfilmt und in 28 Sprachen übersetzt. Mit Wolfslichter kehrt Ekman nach über zehn Jahren zur Romanform zurück. Das Buch stieg in Schweden mit Erscheinen auf Platz 1 der Bestsellerliste ein und wurde u.a. mit dem Norrlands litteraturpris 2022 sowie dem Kulturpreis der Stiftung Natur & Kultur 2023 ausgezeichnet. Am 27. August 2023 feiert Kerstin Ekman ihren 90. Geburtstag.
mehr

Produkt

KlappentextSchweden zu Beginn der Gründerzeit: Am Ende des 19. Jahrhunderts dringt die neue Zeit auch in die hintersten Winkel des Landes, dorthin, wo Tora Lans in ärmlichsten Verhältnissen zur Welt kommt. Ihr Leben als Dienstmädchen scheint ebenso vorherbestimmt wie das ihrer Mutter Edla und der Großmutter Sara, bei der Tora nach dem Tod der Mutter aufwächst. Doch das erwachende Selbstvertrauen und der trotzige Lebenswille des jungen Mädchens helfen ihr, sich gegen ein Schicksal in Armut und Abhängigkeit aufzulehnen. - »Der Roman ist kein Elendspanorama, denn Kerstin Ekman setzt auf Ironie und Humor. Immer bleibt Spannung und Leselust erhalten.« (taz)

Kerstin Ekman, 1933 in Risinge (Östergötland) geboren, zählt zu den wichtigsten schwedischen Autorinnen unserer Zeit. Ihr umfangreiches literarisches Werk ist vielfach preisgekrönt, es wurde verfilmt und in 28 Sprachen übersetzt. Mit Wolfslichter kehrt Ekman nach über zehn Jahren zur Romanform zurück. Das Buch stieg in Schweden mit Erscheinen auf Platz 1 der Bestsellerliste ein und wurde u.a. mit dem Norrlands litteraturpris 2022 sowie dem Kulturpreis der Stiftung Natur & Kultur 2023 ausgezeichnet. Am 27. August 2023 feiert Kerstin Ekman ihren 90. Geburtstag.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783492957656
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2013
Erscheinungsdatum10.07.2013
AuflageAuflage
Reihen-Nr.01
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse3049 Kbytes
Artikel-Nr.1288848
Rubriken
Genre9201

Inhalt/Kritik

Leseprobe

Eines Tages zu Beginn der siebziger Jahre ging Sara Sabina Lans, die Frau des Soldaten, zu Isakssons Laden und Gasthaus, um dort Kümmel zu verkaufen. Es war an einem Septembernachmittag in Sörmland, als sie sich aufmachte. Die Sonne stand bereits so tief, daß ihre Strahlen von den Spiegelscherben, die gegen den Nachtmahr im Stallfenster lagen, reflektiert wurden. Der Liebstöckel an der Hausecke war verblüht und roch nicht mehr so widerlich. Die Bäume verfärbten sich schon, alle, außer der großen Birke, unter die sich die Hütte duckte. Sie verlor selten ein Blatt vor Allerheiligen. Das kam daher, daß unter ihrer Wurzel eine weiße Schlange lebte.

Im großen Moor zwischen Äppelrik und Jettersberg sprang die Frau des Soldaten von Stein zu Stein, einen Kissenbezug mit frischgedroschenem Kümmel im Arm. Hinter ihr ging Frans, der bald darauf Halsweh bekam und im Winter, der diesem ungewöhnlich späten und milden Herbst folgte, starb. Hinter ihnen hüpfte Edla.

Es war ein klarer und sonniger Tag, doch unter den Erlen im Moor wehte es kühl, und aus den schwarzen, glänzenden Löchern roch es sauer nach fauligem Wasser. Frans fand es schrecklich, sich umzusehen, und noch schlimmer, nach vorne zu schauen, denn seine Mutter hatte die Röcke hochgerafft und am Schürzenband festgemacht. Wenn sie sprang, konnte er ihre dünnen, knotigen Beine bis zu den Schenkeln hinauf sehen. Sie waren weiß wie die einer Leiche und über und über von dem Geschlängel bläulicher Adern durchzogen. Edla kam als letzte; sie hatte Mühe mit ihren kurzen Beinen, von einem Stein zum nächsten zu gelangen.

Dies war der direkteste Weg zur Bahnstation. Dorthin war Isaksson aus Backe gleich nach der Einweihung der Eisenbahn mit seiner Frau, dem Ladenburschen und zwei Dienstmädchen gezogen. Er hatte vor, seinen ganzen Betrieb vom alten Gerichtsplatz herzuholen, und in seinem Stall standen bereits zwölf Kutschpferde. Mehrere Jahre lang hatten die Bahngleise zwischen Stockholm und Göteborg dagelegen, ohne daß sie gestohlen worden waren. Nun war es nicht mehr lange hin bis zum fünften Jahrestag der Einweihung, die mit knatternden Fahnen und furzenden Hörnern und mit einer den Eisenbahnwaggons entstiegenen, lächelnden und steifbeinigen Königlichen Hoheit begangen worden war. Der bedächtige schwedische Arbeiter hatte sich an jenes Mittelmaß gewöhnen können, das zur Bedienung der Eisenbahn erforderlich ist, im großen und ganzen jedenfalls. An dieser Bahnstation, der bei der Einweihung elf Minuten königlicher Anwesenheit zuteil geworden war und die gut einhundertzwanzig Kilometer von Stockholm entfernt und siebenundzwanzig Meter über dem Meer lag, stand bereits eine Viertelstunde vor Ankunft des Zuges der Pumper Oskar Edvin Johansson, die Mütze auf dem Kopf und die Knopfreihe des Uniformrockes von oben bis unten zugeknöpft, mit gefülltem Wasserbehälter und glänzenden Ölkannen in der ersten kühlen Herbstsonne.

Das Bahnhofsgebäude stand auf sumpfigem Grund zwischen zwei schilfreichen Seen. Die Landschaft war eben, und die Bäume, die aus dem wäßrigen Boden emporragten, rangen um ihr Leben. Der Elch fühlte sich wohl hier. In unmittelbarer Umgebung lagen drei Höfe: Jettersberg, Löskebo und Malstugan, eine 99-Jahre-Pachtung des Stammgutes.

Vor Isakssons Laden standen drei Wagen, ein Phaeton und zwei Ackerwagen, einer davon mit Roggensäcken beladen. Zwei Bauern und ein Jungbauer standen drinnen bei Isaksson und unterhielten sich gemächlich. Der Jungbauer hatte die Peitsche nicht in das Futteral am Kutschbock gesteckt, sondern mit hineingenommen. Die Peitschenschnur ließ er über der Siruptonne kreisen, wo zwei Fliegen tanzten. Er sah Sara Sabina Lans als erster aus dem Wäldchen am Rand des Moores kommen. Er sagte, daß dort das widerwärtige und knickrige Weib des Soldaten komme, hol's der Teufel. Er wollte ausspucken, stand aber zu weit vom Napf weg und traute sich nicht. Breitbeinig, doch unsicher stand er da in dieser Gesellschaft und spielte mit der Peitsche.

»Ja, knickrig«, bestätigte Malstuger, der dem Fenster am nächsten stand, und beobachtete die Frau, wie sie mit dem gestreiften Kissenbezug vor der Brust und den zwei Kindern im Schlepp vom Moor heraufkam. »Se hat bloß nix, womit se knickern könnt.«

»Wenn se aber was zu fassen kriegt«, meinte Abraham Krona, »is se wie 'ne Füchsin. Die läßt nix los.«

Sie lachten.

Draußen lief Edla hinter der Mutter und Frans her und spürte den Schweiß auf ihrem Rücken. Die Mutter entzog sich jetzt dem Blickfeld des Ladens. Sie ging nicht beiseite, um wie die anderen Leute die Schuhe zu wechseln, denn sie besaß nur das eine Paar. Doch sie wechselte das Kopftuch und putzte den Kindern die Nasen.

In diesem Augenblick fuhr der Zug ein, und Edla glaubte, dies sei das Ende. Sie glaubte, dies sei der Tod, der von einem hohen Berg herabgestürzt komme. Sie war noch nie zuvor am Bahnhof gewesen. Jetzt kreischte sie los wie eine Signalpfeife. Die Mutter mußte ihr einen Arm um den Rücken legen und sie mit der anderen Hand tätscheln. Auch Frans wurde etwas blaß, doch sobald das erste schrille Getöse vorüber war, lachte er. Es gab noch eine Menge Geräusche, ehe alles in ein gleichmäßiges, kurzen Ächzen überging. Als würde da ein Riese sitzen und sein Geschäft machen, fuhr es Edla durch den Kopf, und sie schnappte glucksend nach Luft.

Dann stand der Zug. Quietschend ging ein Klappgitter auf, und ein junger Mann in einer Uniform aus dunkelblauem Tuch und einer Mütze mit Goldlitze und geflügeltem Rad ergriff zwei Reisetaschen und stieg aus. Er sah sich um. Es war eben und sumpfig hier. Der glänzende Schienenstrang verlor sich in einem kümmerlichen Kiefern- und Birkenwäldchen. Zögernd hob er die Hand zum Gruß, den der Stationsvorsteher am Ende des hölzernen Bahnsteigs erwiderte. Nachdem dieser begriffen hatte, daß da soeben der neue Buchhalter angekommen war, ging er ihm entgegen.

Stationsbuchhalter und Freiherr Graf Adolf Cederfalk betrachtete das gelbe Bahnhofsgebäude, dessen Giebelseite von herbstlich dunklem Geißblatt überwuchert war. In einem Fenster erschien kurz ein schwarzglänzender Kopf mit Mittelscheitel. Das war die Frau Stationsvorsteher. Nach einer Weile, wenn ihr Mann dem Zug freie Fahrt gegeben haben würde, würde sie die Katze hinauslassen. Der Septemberhimmel war blau, als Cederfalk hinaufblickte. Siebenundzwanzig Meter über dem Meer. Das ist nicht viel, dachte er genau in dem Moment, da er seinen neuen Vorgesetzten mit einem kräftigen Handschlag begrüßte.

Während er darauf wartete, daß der andere die Signalscheibe in Richtung Lok heben würde, ging er um das Bahnhofsgebäude herum. Der dunkle Scheitel der Frau tauchte in einem Fenster nach dem anderen um das ganze Haus herum kurz auf. Auf dessen Rückseite nahm man den Geruch des Steinkohlerauchs und des fetten Schmieröls nicht wahr. Dort lag der holprige Platz mit den Kühen von Jettersberg, die jetzt bis an das Gattertor herangekommen waren und ihn anglotzten. Und dort stand auch das Haus des Gastwirts mit den drei Wagen davor. Am Querbaum dösten die Pferde mit den Zügeln um die Vorderbeine. Das von Malstuger hatte einen Futtersack um. Ein Weilchen war es in der kühlen Septemberluft so still, daß Cederfalk hören konnte, wie das Tier den Hafer zwischen den Zähnen zermalmte. Drei Männer traten nun auf die Treppe vor dem Laden, spuckten Tabak aus und guckten. Sie drängelten sich ein wenig; hinter ihnen in der Tür stand der Händler. In einem Fliedergebüsch neben dem Gasthaus stand ein graues Weiblein und putzte einem Kind mit dem Ärmel die Nase. Ein zweites Kind klammerte sich an den Rock der Alten und starrte laut schluchzend dem abfahrenden Zug nach. Cederfalk machte nun kehrt und ging zum Bahnhofsgebäude zurück. Auf der Treppe war man mit dem Ausspucken fertig, und Sara Sabina Lans ging hinter den Männern in den Laden hinein. Sie öffnete ihren Kissenbezug, zeigte den Kümmel und verlangte im Tausch dafür Salz, Soda, Kaffee und Brasilholz.

Es heißt, daß Genügsamkeit der wahre Reichtum derer sei, die ständig Armut und Mangel zu Gast hätten, doch die Frau des Soldaten besaß diese Tugend nicht. Sie war vielmehr überall für ihre Beharrlichkeit und Gier bekannt. Isaksson drehte die Handflächen nach oben und erklärte, daß sie unverschämt sei. Doch die Frau gab nicht nach, und die Männer suchten zwischen Tonnen und Fäßchen nach Sitzplätzen, denn nun versprach es hier unterhaltsam zu werden. Sie hatte ein loses Mundwerk, wenn man sie reizte, und konnte dann mit ganzen Tiraden grober Flüche loslegen.

Dieses mal jedoch blieb sie ruhig und meinte, daß Isaksson ihr, wenn der Kümmel abgewogen sei, Salz, Soda und Kaffee nach gemeinsamen Berechnungen geben könne. Das Brasilholz wolle sie dagegen umsonst haben. Er habe sie das letzte Mal geprellt. Als sie es zum Färben der Kettfäden für einen Teppich hernehmen wollte, sei es ihr recht leicht vorgekommen, und sie habe es auf der Küchenwaage nachgewogen. Und richtig, es hätten eineinhalb Pfund gefehlt.

Isaksson setzte ihr auseinander, was es mit dem Brasilholz auf sich habe. Nach dem Wiegen trockne es und verliere an Gewicht. Es müsse ausgeschüttet, eingeweicht, mit frischem Brasilholz aus dem Faß gemischt, ausgepreßt und wieder gewogen werden. Er rief den Ladenburschen herein, der die Sache bestätigen sollte. Das Weib schien endlich nachzugeben, verlangte dann aber ein Pfund der billigsten Kissenfüllung, und als der Junge, nachdem er im Magazin das Seegras abgewogen hatte, struppig wie eine nasse Katze zurückkam, war er überzeugt, daß sie sich nur hatte rächen wollen.

Jetzt ließ Isaksson den Kümmel durch die Finger rieseln und prüfte ihn mit übertriebener Sorgfalt. Er gab ihr zu verstehen, daß er dazwischen sowohl Insekten als auch...
mehr