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Forza Maggiore

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
352 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am26.05.20171. Auflage
Avvocato Scalzis vierter Fall.

Pisa, Anfang der 70er Jahre. Der Wirt einer heruntergekommenen Trattoria wird ermordet aufgefunden. Die Schuldigen scheinen schnell ausgemacht: Witwe und Tochter des Ermordeten sollen sich des krankhaft eifersüchtigen Trunkenbolds entledigt haben. Doch der Florentiner Anwalt Corrado Scalzi, der die Verteidigung der beiden Frauen übernommen hat, ist von ihrer Unschuld überzeugt. Zu viele Lücken in der Beweisaufnahme, zu viele Unstimmigkeiten deuten darauf hin, dass die Frauen geopfert werden sollen, um kriminelle Machenschaften weit größeren Ausmaßes zu vertuschen ...

Der Leser darf sich darauf freuen, einem ungleichen Paar wiederzubegegnen -Scalzi, dem 'melancholischen Aufklärer' (FAZ), mit einem Faible für die toskanische Küche, und seiner lebhaften Begleiterin Olimpia, deren Intuition seiner Erkenntnis nicht selten eine Nasenlänge voraus ist.

'Filastòs Können besteht darin, egal ob es sich um Mafia-Intrigen, um Morde an Transsexuellen oder um Kunstfälschungen handelt, seine Texte nicht nur mit den unabdingbaren Spannungselementen auszustatten, sondern gleichzeitig einen subtilen Blick auf die menschlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse Italiens zu werfen.' Hamburger Abendblatt.



Nino Filastò, geboren 1938, lebte in Florenz als Rechtsanwalt. In der literarischen Tradition von Leonardo Sciascia schrieb er Romane um die Figur des Anwalts Corrado Scalzi, in denen eine kriminalistische Fabel immer auch zum Instrument der Gesellschaftskritik wird. Über den mit Donna Leon und Andrea Camilleri bekanntesten Autor italienischer Kriminalromane schreibt die FAZ: 'Filastò führt eine leichte, zeitweise elegante Feder; er ist ein überdurchschnittlicher Erzähler mit sicherem Instinkt für die Erwartungen des Lesers.' In der Aufbau Verlagsgruppe sind von ihmerschienen: 'Der Irrtum des Dottore Gambassi', 'Alptraum mit Signora', 'Die Nacht der schwarzen Rosen', 'Swifts Vorschlag' und 'Forza Maggiore'. Nino Filastò starb am 29. Dezember 2021.
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Produkt

KlappentextAvvocato Scalzis vierter Fall.

Pisa, Anfang der 70er Jahre. Der Wirt einer heruntergekommenen Trattoria wird ermordet aufgefunden. Die Schuldigen scheinen schnell ausgemacht: Witwe und Tochter des Ermordeten sollen sich des krankhaft eifersüchtigen Trunkenbolds entledigt haben. Doch der Florentiner Anwalt Corrado Scalzi, der die Verteidigung der beiden Frauen übernommen hat, ist von ihrer Unschuld überzeugt. Zu viele Lücken in der Beweisaufnahme, zu viele Unstimmigkeiten deuten darauf hin, dass die Frauen geopfert werden sollen, um kriminelle Machenschaften weit größeren Ausmaßes zu vertuschen ...

Der Leser darf sich darauf freuen, einem ungleichen Paar wiederzubegegnen -Scalzi, dem 'melancholischen Aufklärer' (FAZ), mit einem Faible für die toskanische Küche, und seiner lebhaften Begleiterin Olimpia, deren Intuition seiner Erkenntnis nicht selten eine Nasenlänge voraus ist.

'Filastòs Können besteht darin, egal ob es sich um Mafia-Intrigen, um Morde an Transsexuellen oder um Kunstfälschungen handelt, seine Texte nicht nur mit den unabdingbaren Spannungselementen auszustatten, sondern gleichzeitig einen subtilen Blick auf die menschlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse Italiens zu werfen.' Hamburger Abendblatt.



Nino Filastò, geboren 1938, lebte in Florenz als Rechtsanwalt. In der literarischen Tradition von Leonardo Sciascia schrieb er Romane um die Figur des Anwalts Corrado Scalzi, in denen eine kriminalistische Fabel immer auch zum Instrument der Gesellschaftskritik wird. Über den mit Donna Leon und Andrea Camilleri bekanntesten Autor italienischer Kriminalromane schreibt die FAZ: 'Filastò führt eine leichte, zeitweise elegante Feder; er ist ein überdurchschnittlicher Erzähler mit sicherem Instinkt für die Erwartungen des Lesers.' In der Aufbau Verlagsgruppe sind von ihmerschienen: 'Der Irrtum des Dottore Gambassi', 'Alptraum mit Signora', 'Die Nacht der schwarzen Rosen', 'Swifts Vorschlag' und 'Forza Maggiore'. Nino Filastò starb am 29. Dezember 2021.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841212597
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum26.05.2017
Auflage1. Auflage
Seiten352 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2261 Kbytes
Artikel-Nr.2392640
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1
Neujahrsnacht 1971

Giuseppe Malsito glaubte die Umrisse eines Hundes zu erkennen, der versuchte, die Straße zu überqueren. Er nahm den Fuß vom Gaspedal; der Porsche gab ein schnurrendes Geräusch von sich und zog dann wieder kräftig an. Das Licht der Straßenlaternen, die unter den heftigen Windstößen schwankten, warf helle Flecken auf den dunklen Asphalt. Es war vier Uhr morgens, und der 1. Januar 1971 versprach ein stürmischer Tag zu werden. Die Strandpromenade war menschenleer. Niemand bemerkte den übermüdeten jungen Mann im Smoking am Steuer seines blitzenden Porsche, die Fliege gelockert über dem offenen Hemdkragen, eine Zigarette zwischen Zeigefinger und Mittelfinger der linken Hand, mit der er nachlässig das Lenkrad hielt, an seiner Seite die schlafende, in ihren Nerzmantel gekuschelte Gattin.

Die Feiertage waren so gut wie vorüber. Die Silvesterparty im »La Bussola« am Strand von Camaiore hatte ihn zu Tode gelangweilt. Wenig Publikum, mäßige Show. Nini il Rosso an seiner Trompete war wie immer hervorragend gewesen, aber allein hatte er die Gala auch nicht herausreißen können. Die Sängerin Caterina Caselli, allgemein bekannt als »Goldschopf«, hatte kurzfristig abgesagt. Wenn man pro Person 50000 Lire Eintritt zahlte, Essen und Getränke extra, sollte man doch eigentlich erwarten dürfen, über eine Änderung des Abendprogramms rechtzeitig informiert zu werden. An Stelle von Caterina war ein junger französischer Sänger aufgetreten, an dessen Namen er sich beim besten Willen nicht erinnern konnte. Von den Liedern hatte Giuseppe vor allem eines der langsameren gefallen, »Après l´amour«, dem Moment nach der Liebe gewidmet, wenn man sich entspannt eine Zigarette anzündet. Als eine Rockband aus sehr jungen Musikern die Bühne betrat - allesamt in Jeanshosen, und das am Silvesterabend! -, waren Giuseppe und seine Frau ein Stockwerk höher geflüchtet, in den »Bussolotto«, um dort dem Cool Jazz Romano Mussolinis zu lauschen, Sohn des berühmten Verblichenen, der im Profil genauso aussah wie sein Vater in jungen Jahren, so daß man an eine Erscheinung glauben konnte. Giuseppe, der Rockmusik verabscheute, hatte auch für Cool Jazz nicht viel übrig, diesen Intellektuellenkram. Doch zumindest litten die Ohren in dem etwas kleineren Saal des »Bussolotto« weniger unter der Lautstärke, und man konnte bei einem Drink in aller Ruhe seinen Gedanken nachhängen, außerdem gab es dort keine Jugendlichen, die sich ab einem bestimmten Zeitpunkt völlig vergaßen, sich die Hemden vom Leib rissen, nach Schweiß stanken und zu den hämmernden Beats unanständige Bewegungen vollführten. Diese jungen Wilden schienen in letzter Zeit in Mode gekommen zu sein. Giuseppe hatte bereits eine Kostprobe von ihnen erhalten, die ihm voll und ganz genügt hatte, zwei Jahre zuvor auf der Party zum Jahreswechsel 1968 auf 1969, als eine erhitzte Menge ihm und anderen »Kapitalistenschweinen« nachts vor dem Ausgang der »Bussola« aufgelauert und sie mit Abfällen und Beleidigungen beworfen hatte.

Versunken in die Betrachtung des römischen Profils des Jazzers, hatte Giuseppe fast auf eine Wiederholung des Vorfalls gehofft. Noch einmal die Schreie, die Sprachchöre, die rhythmisch skandierten Beschimpfungen, die Tomaten und faulen Eier, das Eingreifen der Polizei, das Tränengas, die Sirenen der Einsatzwagen, die Flucht im Porsche, der sich unter bedrohlichem Aufheulen durch die Menge schob. Er hätte nichts dagegen gehabt, die Langeweile des Abends mit einer Neuauflage der »Bussola ´68«, wie die Zeitungen das Spektakel damals getauft hatten, zu vertreiben. Das im übrigen damit geendet hatte, daß einer der Aufrührer, getroffen von einer Tränengaspatrone, mit gebrochener Wirbelsäule auf der Straße liegenblieb. Selbst schuld, dachte Giuseppe, wäre er mal lieber tanzen gegangen, oder in einer Trattoria frittierten Aal essen, oder an den Strand, um dort in einer Umkleidekabine im Stehen zu bumsen, dann wäre er jetzt nicht querschnittsgelähmt. Auf jeden Fall war der diesjährige Silvesterabend derartig öde verlaufen, daß Malsito ihnen geradezu dankbar gewesen wäre, diesen Hungerleidern und ihren Mädchen, die aussahen, als würden sie nicht lange fackeln, bevor sie einen ranließen, dankbar, wenn sie wieder vor dem Eingang gestanden hätten. Die Nachtlokale der Versilia waren im Winter sterbenslangweilig. Ein Zusammenstoß wie jener im Jahr 68 hingegen erinnerte an die USA, als auf den Campus der amerikanischen Universitäten das allgemeine Chaos ausbrach. Dann hatte es auf Paris übergegriffen. In der Lichterstadt dasselbe Bild: Ströme von schlecht gekleideten Jugendlichen besetzten Straßen und Plätze, errichteten brennende Barrikaden auf den Boulevards, zündeten Autos an, schlugen Schaufenster ein und verwüsteten Geschäfte.

In jener Neujahrsnacht vor zwei Jahren war die Versilia einmal zum Mittelpunkt des Weltgeschehens geworden, wie Paris oder New York. Zumindest hatte Giuseppe sich so gefühlt, als er damals die »Bussola« verlassen hatte und, einen Arm schützend um die Schultern seiner Frau gelegt, mit dem anderen die herabprasselnden Geschosse abwehrend, durch den von Polizisten gebildeten Korridor geeilt war, alles junge Kerle, die ungefähr im gleichen Alter wie die Angreifer sein mußten, aber unter ihren Helmen älter aussahen. Im Mittelpunkt des Weltgeschehens.

Der dumpfe Schlag zerbarst in ein wildes Knattern wie von einem Maschinengewehr. Der Blitz entlud seine Energie in die metallene Brüstung, die den Strand säumte. Elektrische Schlangen züngelten bläulich auf und ließen einen hellen Flammenschein vor dem Gesichtsfeld zurück. Die Apuanischen Alpen zeichneten sich in ihrer ganzen Majestät gegen den Himmel ab, als würden hinter der Bergkette Kanonen abgefeuert. Der Donner grollte noch immer in der Ferne, als die Scheinwerfer auf die hundertjährigen Linden fielen, die die Abfahrt nach Viareggio säumten. Das Gewitter entlud sich. Die Baumkronen bogen sich unter heftigen Böen, und mit den ersten Tropfen klatschten kleine Zweige auf die Windschutzscheibe und verfingen sich in den Scheibenwischern. Das Meer kam wieder in Sichtweite, Blitze erleuchteten die weißen Schaumkronen der Sturzwellen, die sich in der Mündung des Flusses auftürmten und den Fischerhütten auf beiden Ufern bedrohlich nahe kamen. Giuseppe kurbelte das Fenster herunter, und ein eisiger Regen traf seine linke Gesichtshälfte. Während er es wieder schloß, atmete er tief den Geruch von Harz, Wasser und Ozon ein. Er mochte solches Wetter, das fahle Licht, das nun hinter den schneebedeckten Höhen der Berge aufschimmerte. Bald würden sie das Sommerhaus erreichen, wo er und Giovanna die letzten Tage der Weihnachtsferien verbringen wollten, in der Stille der Pinienhaine, abgeschirmt von der Außenwelt, das Telefon ausgestöpselt, weit genug von der Stadt entfernt, um Abstand von den Angelegenheiten ihrer drei Geschäfte zu bekommen, und doch nah genug, um innerhalb einer halben Stunde zurück zu sein, falls sie sich zu sehr langweilen sollten. Er würde sich die Zähne putzen und den sauren Whiskygeschmack aus dem Mund spülen; er würde eine heiße Dusche nehmen und danach in dem Zimmer schlafen, durch dessen Fenster man über das intensive Grün der Pinien hinweg aufs Meer sehen konnte, in der Nase den Duft nach frischen Leinenlaken. Er freute sich darauf, draußen den Sturm toben zu hören und sich vom Tosen der Brandung und dem leisen Knistern des über den Sand zurückströmenden Wassers in den Schlaf wiegen zu lassen. Das neue Jahr brauste auf einem kräftigen Südwestwind heran. Es hatte aufgehört zu regnen, aber noch immer trieben dunkle Wolkenmassen mit hoher Geschwindigkeit auf die Küste zu.

Giovanna neben ihm schlief. Nur sie brachte es fertig, einen solchen Tagesanbruch zu verschlafen. Eine wirklich schöne Frau, Giovanna, außer wenn sie schlief. Ihr Gesicht nahm dann einen etwas angewiderten Ausdruck an, als ob ein lästiges Geräusch oder ein unangenehmer Geruch sie störe.

Giuseppe fiel ein, daß er bei diesem Wetter nicht auf der Küstenstraße weiterfahren konnte. Denn nun begann jener Abschnitt, in dem das Meer wanderte, sich vom Land zurückzog, dann wieder alles verschlingend herankam, vor und zurück seit Jahrhunderten. Wo früher Jugendstilvillen dicht am Strand gestanden hatten, bemühte sich nun eine lange Reihe künstlicher Felsen aus Stahlbeton, häßlicher grauer Quader wie riesenhafte Bauklötze, die Straße vor den Wellen zu schützen. Sie hatten keine Zukunft, die heruntergekommenen Gärtchen mit ihren vom Brackwasser vergilbten Tamarisken vor den kleinen Villen, die selbst im Brackwasser verfaulten und, vom näherrückenden Meer bedroht, im Winter verlassen dalagen und im Sommer von Urlaubern ohne Klasse bewohnt wurden.

Der Libeccio blies stärker. Sturzwellen sprangen über die Felsen, brachen sich an den Mäuerchen am Straßenrand, liefen über den Asphalt und leckten an den Gittertoren der Gärten. Beim Zurücklaufen hinterließen sie tiefe, breite Pfützen, in denen sich das schwankende Licht der Laternen spiegelte.

Giuseppe hielt an: Wenn er in dieser Richtung weiterfuhr, riskierte er, von einer Welle überrollt zu werden. Er bog in eine Straße ein, die ins Ortsinnere führte, um den Weg durch das Dorf zu nehmen. Kurz hinter der Abzweigung weckte auf der anderen Straßenseite etwas seine Aufmerksamkeit. Aus den Maschen des Eisengitters vor einem Geschäft stieg ein feiner Streifen Rauch auf.

»Da brennt es doch«, sagte er. Giovanna schüttelte sich leicht und blinzelte ihn an.

»Warum hältst du an?«

»Da brennt was.«

»Laß uns nach Hause fahren. Wieviel Uhr ist es?«

»Fast fünf. Da drinnen in dem Geschäft ist ein Brandherd. Ein Kurzschluß...
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