Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Fresko in Schwarz

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
277 Seiten
Deutsch
Aufbau Verlage GmbHerschienen am26.05.20171. Auflage
Avvocato Scalzis fünfter Fall.

Ein Archivar wird in einer Florentiner Bibliothek ermordet aufgefunden. Was hatte er in jenem Buch aus dem 17. Jahrhundert gefunden, in dem er seit Monaten las - überzeugt, dass seine Entdeckung ihn zum Millionär machen werde? Corrado Scalzi gelangt rein zufällig auf die Spuren dieses seltsamen Mordes und stößt schließlich auf ein Geheimnis, das Jahrhunderte weit in die Geschichte der Stadt zurückreicht. Bis zu Masaccio, dem großen Maler der Renaissance, der mit nur 27 Jahren, eines vermutlich nicht ganz natürlichen Todes starb ...

Ein Toskana-Krimi für Florenz- und Kunstliebhaber.

'Das vielfarbige Flair von Florenz, der kritische Blick des Florentiners auf Beschränktheit und Filz, hell blitzender Alltagswitz und dunkel wallende Mystik - das sind die markanten Zutaten dieses Krimis.' Jens-Uwe Sommerschuh im Magazin der Sächsischen Zeitung.

'Filastò führt eine leichte, elegante Feder; er ist ein überdurchschnittlicher Erzähler mit sicheren Instinkten für die Erwartungen des Lesers.' FAZ.



Nino Filastò, geboren 1938, lebte in Florenz als Rechtsanwalt. In der literarischen Tradition von Leonardo Sciascia schrieb er Romane um die Figur des Anwalts Corrado Scalzi, in denen eine kriminalistische Fabel immer auch zum Instrument der Gesellschaftskritik wird. Über den mit Donna Leon und Andrea Camilleri bekanntesten Autor italienischer Kriminalromane schreibt die FAZ: 'Filastò führt eine leichte, zeitweise elegante Feder; er ist ein überdurchschnittlicher Erzähler mit sicherem Instinkt für die Erwartungen des Lesers.' In der Aufbau Verlagsgruppe sind von ihmerschienen: 'Der Irrtum des Dottore Gambassi', 'Alptraum mit Signora', 'Die Nacht der schwarzen Rosen', 'Swifts Vorschlag' und 'Forza Maggiore'. Nino Filastò starb am 29. Dezember 2021.
mehr

Produkt

KlappentextAvvocato Scalzis fünfter Fall.

Ein Archivar wird in einer Florentiner Bibliothek ermordet aufgefunden. Was hatte er in jenem Buch aus dem 17. Jahrhundert gefunden, in dem er seit Monaten las - überzeugt, dass seine Entdeckung ihn zum Millionär machen werde? Corrado Scalzi gelangt rein zufällig auf die Spuren dieses seltsamen Mordes und stößt schließlich auf ein Geheimnis, das Jahrhunderte weit in die Geschichte der Stadt zurückreicht. Bis zu Masaccio, dem großen Maler der Renaissance, der mit nur 27 Jahren, eines vermutlich nicht ganz natürlichen Todes starb ...

Ein Toskana-Krimi für Florenz- und Kunstliebhaber.

'Das vielfarbige Flair von Florenz, der kritische Blick des Florentiners auf Beschränktheit und Filz, hell blitzender Alltagswitz und dunkel wallende Mystik - das sind die markanten Zutaten dieses Krimis.' Jens-Uwe Sommerschuh im Magazin der Sächsischen Zeitung.

'Filastò führt eine leichte, elegante Feder; er ist ein überdurchschnittlicher Erzähler mit sicheren Instinkten für die Erwartungen des Lesers.' FAZ.



Nino Filastò, geboren 1938, lebte in Florenz als Rechtsanwalt. In der literarischen Tradition von Leonardo Sciascia schrieb er Romane um die Figur des Anwalts Corrado Scalzi, in denen eine kriminalistische Fabel immer auch zum Instrument der Gesellschaftskritik wird. Über den mit Donna Leon und Andrea Camilleri bekanntesten Autor italienischer Kriminalromane schreibt die FAZ: 'Filastò führt eine leichte, zeitweise elegante Feder; er ist ein überdurchschnittlicher Erzähler mit sicherem Instinkt für die Erwartungen des Lesers.' In der Aufbau Verlagsgruppe sind von ihmerschienen: 'Der Irrtum des Dottore Gambassi', 'Alptraum mit Signora', 'Die Nacht der schwarzen Rosen', 'Swifts Vorschlag' und 'Forza Maggiore'. Nino Filastò starb am 29. Dezember 2021.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783841212603
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
Erscheinungsjahr2017
Erscheinungsdatum26.05.2017
Auflage1. Auflage
Seiten277 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2193 Kbytes
Artikel-Nr.2393546
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe
1
Grau

Bereits auf dem Hinweg zur Bar war Olimpia mit ihrem Regenschirm kurz im Rahmen des Schaufensters aufgetaucht, zwischen den spinnenförmigen Armen der Göttin Kali und einem vom Regenwasser geschwärzten, verwitterten Wächter der Nepalbrücke. Dabei hatte der Ruf zur Pflicht sich noch auf einen flüchtigen Seitenblick beschränkt. Auf dem Rückweg von der Kaffeepause jedoch überquerte sie zielstrebig die Straße, ließ sich aus der linken Faust eine Erdnuß in den Mund fallen, während die rechte den Schirm hielt, dann stieß das wandelnde Gewissen der Anwaltskanzlei mit dem Knie die gläserne Tür des Geschäfts einen Spaltbreit auf und steckte den Kopf herein:

»Ich grüße die Herrenrunde vom Borgo Santa Croce. Du kannst dich ja kaum retten vor Arbeitswut, was, Avvocato?«

Corrado Scalzi fühlte sich ertappt. Heute nachmittag waren ihm die Akten, die sich auf seinem Schreibtisch stapelten, noch dröger vorgekommen als sonst. Das Klingeln des Telefons hatte ihn so genervt, daß es ihn kaum auf dem Stuhl hielt, unter dem Tisch scharrte er nervös mit den Beinen, die innere Unruhe ließ ihm keinen Frieden. Wenn er aus dem Fenster sah, fiel sein Blick auf einen bleiernen Himmel, der sich in der Scheibe spiegelte und die Blätter der Steineiche mit einem grauen Schleier überzog.

So hatte Avvocato Scalzi die Kanzlei mit einer dahingebrummelten Ausrede verlassen, nachdem er sich davon überzeugt hatte, daß heute keine Termine mehr anstanden - zumindest keine, die sich nicht verschieben ließen.

Ein graues Florenz war gar nicht lustig. Bei Sonnenschein spielten die Steine des Zentrums leicht ins Bläuliche. Doch an diesem Februartag war der Himmel dicht und trist wie das Fell einer Maus, und die Sträßchen im Viertel Santa Croce wirkten in ihrem trostlosen Grau wie aus Rauch gemacht.

Die Leuchtschrift der kleinen Bar neben der Kanzlei war erloschen. Die Straßenlaternen schienen eine gelbliche Schleimspur auf die Mauern zu zeichnen. Die Feuchtigkeit breitete sich aus und trieb den durchdringenden Geruch des Hochwasserschlamms vom Arno durch die in einem Oval verlaufenden Gassen, die zu Römerzeiten die Laufgräben des Amphitheaters gewesen waren. Scalzi mußte bei dem Geruch in den menschenleeren Straßen an den Muff unter den Röcken einer ungepflegten Alten denken. Die kleinen, auch in der Hochsaison von Touristen vernachlässigten Geschäfte strahlten einen Hauch von Melancholie aus. In den seltenen Pausen des Mopedgeknatters, das aus der Via de´ Benci herüberkam, hörte er das gleichmäßige Rauschen des feinen, fast unsichtbar strömenden Regens.

Scalzi hatte die hundert Meter zwischen der Kanzlei und der kleinen Kreuzung zurückgelegt, von welcher der Borgo Santa Croce abzweigte. Giuliano saß in seinem Laden hinter dem Telefontischchen und sprach leise mit Signor Palazzari, der fröstelnd in Mantel und Schal gewickelt war, auf dem Kopf einen breitkrempigen Hut.

Giuliano war also von seiner Indienreise zurück. Scalzi betrat das Geschäft für orientalische Antiquitäten, das den beziehungsvollen Namen »Homo Sapiens« trug.

Die Glastür hatte sich automatisch wieder geschlossen, und Olimpias Stimme war nicht mehr zu vernehmen, so daß der Avvocato seiner Irritation nur mit einem fragenden Blick Ausdruck verleihen konnte.

Olimpia stieß nochmals die Tür auf, blieb aber draußen im Regen stehen:

»Im Büro warten Leute auf dich.«

»Laß sie warten«, schnaubte Scalzi.

Das Gespräch der beiden Männer wandte sich gerade einem neuen Thema zu.

»Dieses Männlein, das immer wie eine Maus hier vorbeihuschte und dabei fast mit den Mauern verschmolz ...«, setzte Giuliano an.

»Der mit dem Bart?« erkundigte sich Signor Palazzari.

»... der immer irgendwie wütend aussah, immer in Eile war, als hätte er wahnsinnig wichtige Dinge zu erledigen«, präzisierte Giuliano.

Ein Gefühl der Langeweile überkam Scalzi. Jetzt würden sie wieder über jemanden herziehen. Er hatte gehofft, daß seine Laune sich beim Anblick der farbenfrohen tibetanischen Tankas und des japanischen Porzellans bessern würde. Daß der Handelsreisende vielleicht ein paar exotische Abenteuer zum besten geben oder ihnen einen ungewöhnlichen Gegenstand zeigen würde, den er auf seiner Reise erstanden hatte.

Doch auch im »Homo Sapiens« glich die Atmosphäre dem Tag dort draußen. Als Scalzi hereingekommen war, beendete Signor Palazzari gerade seinen Klagegesang über einen Anflug von Grippe. Giuliano wiederum schien deprimiert. Seine Neuerwerbungen würden erst in einer Woche per Kurier aus Nepal eintreffen; außerdem war sowieso nichts Besonderes darunter, der Markt gab zur Zeit nicht viel her, die Reise war langweilige Routine gewesen, die nur von den Ausläufern eines schrecklichen Erdbebens unterbrochen wurde, das die Region Gujarat heimgesucht hatte.

Das indische Fernsehen hatte laut Giulianos dramatischem Bericht von Opferzahlen gesprochen, die an die »zweieinhalb Lakh« heranreichten, wobei das indische Wort lakh gleichbedeutend sei mit hunderttausend und das Erdbeben folglich zweihundertfünfzigtausend Tote und Vermißte gefordert hatte.

Scalzi versuchte die Unterhaltung noch einmal auf die Naturkatastrophe zu lenken:

»Ich sehe darin geradezu etwas metaphysisch Böses. Die Schulkinder zum Beispiel. Wie viele verfluchte Zufälle mußten zusammenkommen, damit dieses Beben der Stärke acht just in dem Augenblick losbrach, als eine Prozession von über zweihundert singenden und irgendeinen Gedenktag feiernden Kindern in die Gasse zwischen den baufälligen Häusern einbog? Als hätte eine böse Macht das genaustens geplant und ausgetüftelt. Alle unter den Trümmern begraben, nicht eines gerettet! Wir werden von da oben regiert, aus dem Weltraum, von einem allmächtigen Außerirdischen, der ganz entschieden ein Sadist ist ...«

Aber niemand ging auf Scalzis eschatologische Provokation ein.

»Den kenne ich gut«, fuhr Signor Palazzari unbeirrt fort, ohne den Einwurf des Avvocatos zu beachten. »Ich habe ihn sogar schon mal für ein Gespenst gehalten.«

»Wen?« fragte Giuliano, abgelenkt durch Olimpia, die mit plattgedrückter Nase den im Schaufenster ausgestellten Schmuck begutachtete und in der er eine potentielle Kundin vermutete.

»Na, diesen Typ, von dem du redest. Ich meine, man könnte ihn geradezu für ein Gespenst halten ...«

Signor Nino Palazzari liebte Geschichten, die auf irgendeine Art mit dem Übersinnlichen zu tun hatten. Immer wieder erzählte er von einer Vorfahrin seiner Familie, die vom Papst in aller Form seliggesprochen worden war und deren Leichnam in einem Kloster in Messina ruhte; er dachte nie daran, daß diese Stadtlegende den Besuchern des »Homo Sapiens« nur zur Genüge bekannt war. Die Leiche der frommen Frau sei noch völlig intakt, so seine Überzeugung, und das, obwohl sie bereits im siebzehnten Jahrhundert verstorben war. Palazzari zufolge hörten die Fingernägel der alten Tante nicht auf zu wachsen, so daß die Klosterschwestern sie ihr immer wieder schneiden mußten und die Späne anschließend den Gläubigen als Reliquien verkauften.

Das Prasseln des nun heftiger strömenden Regens überlagerte allmählich das entfernte Rauschen der Autos auf dem nassen Asphalt der Via de´ Benci.

Signor Palazzari kicherte, indem er seine Nase zwischen Mantelkragen und Schal vergrub:

»Calogero Catanese, kennst du den?«

»Den Trickspieler? Aber natürlich!« Giuliano nickte mit angewiderter Miene.

»Der hat es geschafft, deinem huschenden Männlein eine bedeutende Briefmarkensammlung abzuluchsen, im Wert von rund zweihundert Millionen Lire. Die hatte sich die graue Maus nach und nach aus den Familienarchiven des Florentiner Adels zusammengesammelt. Im Gegenzug erhielt er von Catanese eine Leibrente: eine halbe Million monatlich, schriftlich vereinbart und alles. Der edle Signor Catanese zahlte drei oder vier Monate lang, dann stellte er alle Zuwendungen ein. Unser gespenstischer Alter ... wie heißt er doch gleich ...«

»Jacopo Brancas«, ergänzte Giuliano, »Spitzname Ticchie.«

»Stimmt. Ticchie. Warum er wohl so genannt wird? Florentinische Spitznamen sind häufig sehr rätselhaft. Ich, zum Beispiel, wurde als junger Mann an der Universität Nino Grappino genannt. Warum?«

»Vielleicht vom Grappa, weil du in deiner Jugend hin und wieder einen gebechert hast?« vermutete Giuliano.

»Also, dieser arme Ticchie ... Wenn ich so darüber nachdenke, vielleicht ist der Name eine Abkürzung von lenticchie , Linsen. Da Brancas sich Tag und Nacht die Augen über den Manuskripten ruiniert, ist er blind wie ein Maulwurf. Und hat immer eine Brille mit Metallgestell auf, so eine kleine, altmodische, mit kreisrunden Gläsern ... Ach, das muß ich euch erzählen ...«

Wieder mußte Palazzari sein Lachen im Mantelkragen ersticken.

»Ticchie wußte, daß ich mit Catanese befreundet war, ich kannte ihn noch von der Universität. Auch seine Freunde kann man sich ja nicht immer aussuchen. Mit Tränen in den Augen kam Ticchie also zu mir, der Ärmste. Er bat mich, den Betrüger Mores zu lehren. Daß er die Briefmarkensammlung zurückbekommen würde, war ausgeschlossen, damit hatte er sich abgefunden. Aber Catanese sollte ihm doch zumindest einen Teil der Leibrente zahlen, wenn schon nicht jeden Monat, dann doch wenigstens jeden dritten, und wenn nicht die ganze Summe, so doch zumindest die Hälfte ... Er tat mir leid, und ich nahm mir vor, mit Catanese zu reden. Ticchie hatte nicht mal genug Geld fürs Essen....
mehr