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Cards of Love 1. Die Magie des Todes

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Moon Noteserschienen am05.11.2021
Giulietta ist gerade mit der Schule fertig und weiß nicht, was sie mit ihrem Leben anstellen soll. Einzig das Legen von Tarotkarten bereitet ihr Freude. Sie ist am Boden zerstört, als ihr Vater, den sie über alles liebt, angeblich bei einem Unfall in Venedig ums Leben kommt. Ausgerechnet in der Stadt, von der ihr Vater sie immer fernhalten wollte. Giulietta zieht trotz seiner Warnungen nach Venedig. Sie kommt im Grand Hotel ihres Onkels Vincenzo unter und merkt schnell, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Wer sind die seltsamen Schauspieler, die so großes Interesse an ihrer Tarotkunst haben? Und wer der mysteriöse Malvolio, der ihr seine Hilfe anbietet?

Nena Tramountani, geboren 1995, liebt Kunst, Koffein und gute Geschichten. Am liebsten feilt sie in Cafés an ihren Romanen und hat dabei ihre Lieblingsplaylist im Ohr.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextGiulietta ist gerade mit der Schule fertig und weiß nicht, was sie mit ihrem Leben anstellen soll. Einzig das Legen von Tarotkarten bereitet ihr Freude. Sie ist am Boden zerstört, als ihr Vater, den sie über alles liebt, angeblich bei einem Unfall in Venedig ums Leben kommt. Ausgerechnet in der Stadt, von der ihr Vater sie immer fernhalten wollte. Giulietta zieht trotz seiner Warnungen nach Venedig. Sie kommt im Grand Hotel ihres Onkels Vincenzo unter und merkt schnell, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Wer sind die seltsamen Schauspieler, die so großes Interesse an ihrer Tarotkunst haben? Und wer der mysteriöse Malvolio, der ihr seine Hilfe anbietet?

Nena Tramountani, geboren 1995, liebt Kunst, Koffein und gute Geschichten. Am liebsten feilt sie in Cafés an ihren Romanen und hat dabei ihre Lieblingsplaylist im Ohr.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783969810088
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2021
Erscheinungsdatum05.11.2021
Reihen-Nr.1
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2771 Kbytes
Artikel-Nr.7138626
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


KAPITEL 2 Die schönste Stadt der Welt


»Du kannst es dir immer noch anders überlegen, Giulietta. Es ist nicht zu spät.«

Ich ließ mich in eine feste Umarmung ziehen und legte mein Kinn für einen Augenblick auf Noemis knochiger Schulter ab. Rovigos Bahnhof war wie ausgestorben. Nur zwei Backpacker standen neben uns am Gleis und machten den Eindruck, als bereuten sie bereits ihren Entschluss, mitten im Januar ausgerechnet in dieses jämmerliche Abbild einer norditalienischen Stadt gekommen zu sein. Aus den Lautsprechern tönte eine knarzende Ansagestimme, die es einem unmöglich machte, mehr als ein paar Fetzen zu verstehen.

»Es ist alles in Ordnung«, versicherte ich Noemi. »Ich werde es mir nicht anders überlegen.«

Speranza strich mir über den Rücken. Ich drehte das Gesicht in ihre Richtung und versuchte ein Lächeln, versuchte, nicht vor ihrer Berührung zurückzuzucken.

»Sobald es einen Termin für die Beerdigung gibt, rufst du uns an und wir setzen uns in den nächsten Zug, ja?«

Ich rang mir ein Nicken ab.

»Und danach nehmen wir dich wieder mit nach Hause«, fügte Noemi mit zitternder Stimme hinzu.

Sosehr sie mir immer eingebläut hatte, ich dürfte nicht auf ewig in unserem Dorf vor mich hin vegetieren, so sehr sträubte sie sich jetzt gegen meine Abreise.

Ich erwiderte nichts, sondern löste mich aus ihrer Umarmung und umfasste den Griff meines Koffers. Wir führten diese Diskussion nicht zum ersten Mal. Eigentlich waren es nur die beiden, die diskutierten. Natürlich hatte auch ich einiges zu dem Thema zu sagen und das tat ich auch - zu Papa. In meinen Gedanken schrie ich ihn mehrmals täglich an. Von der Nachricht wussten Noemi und Speranza nichts. Sie hätte sie nur unnötig beunruhigt.

Drei Tage waren seitdem vergangen. Drei Tage, in denen mein Plan sich verfestigt hatte.

Aus irgendeinem Grund gab es immer noch keine Neuigkeiten zu Papas Leichnam. Ich schämte mich für die Erleichterung, die mich jeden Abend durchflutete, wenn weitere vierundzwanzig Stunden vergangen waren. Papa und ich standen gerade auf Kriegsfuß, aber das bedeutete nicht, dass ich bereit war, mich zu verabschieden.

»Es tut mir leid«, flüsterte ich in Speranzas weiches Haar. Wenn ich eines von meinem Vater gelernt hatte, dann das. Niemals, unter keinen Umständen, durfte man mit einem geliebten Menschen im Streit auseinandergehen. »Dass ich so unausstehlich war. Ich wollte nicht ... also, es hatte nichts mit dir zu tun.«

Speranza schob mich ein Stück von sich weg. Ich wich ihrem Blick aus. »Hey. Schau mich an.«

Widerstrebend gehorchte ich. Zu meiner Überraschung glänzten ihre Augen hinter der Hornbrille nicht. Ihr Blick war klar und fest. »Du musst dich für überhaupt nichts entschuldigen, ist das klar?«

Ich nickte, auch wenn ich anderer Meinung war.

Sie kramte etwas aus ihrer Jackentasche hervor und hielt es mir hin. »Ich weiß nicht, ob du noch etwas damit zu tun haben möchtest. Wir verstehen, wenn du sie verbrennen oder wegschmeißen willst. Das ist dein gutes Recht, vor allem, weil Lorenzo ...« Ihre Stimme verlor sich im Donnern des näher kommenden Zuges.

Noemi räusperte sich. »Wir haben gedacht, sie könnten dir eines Tages Trost spenden. Falls das nicht der Fall sein sollte, steht es dir selbstverständlich frei, sie zu entsorgen.«

Halte dich von Venedig und Tarotkarten fern.

Meine Finger fuhren über die pastellblaue Seide. Ein paar Sekunden lang hatte ich Angst, meine Beine würden nachgeben. Hastig wandte ich den Blick ab, bevor ich die Illustrationen unter dem Stoff erkennen konnte.

Seit jener Nacht hatten wir kein Wort mehr über die Karten verloren. Es reichte, dass sie mich in meinen Träumen heimsuchten.

Wenn ich schon gegen Papas ersten Wunsch verstieß, würde der zweite Verstoß auch keinen großen Unterschied mehr machen, nicht wahr?

Ich nickte und beugte mich hinunter, um das Bündel in meinem Lederrucksack zu verstauen. Als ich mich wieder aufrichtete, hatte ich meine Mimik unter Kontrolle und brachte ein Nicken zustande. »Danke.« In dem Wort lag alles, was ich niemals ausdrücken konnte. Es war nicht annähernd genug. »Ich weiß nicht, was ich ohne euch tun würde. Ich ...«

»Du kannst uns jederzeit anrufen«, unterbrach mich Noemi. Ihre Finger strichen fahrig über den Reißverschluss ihrer Jacke, und sie konnte mir nicht richtig in die Augen sehen. »Ich versuche diesen Vincenzo seit Tagen zu erreichen, aber er ist wohl schwer beschäftigt. Wir werden nie zu beschäftigt für dich sein, merk dir das. Auch wenn du mitten in der Nacht das Bedürfnis hast, mit jemandem zu sprechen - ruf einfach an.«

»Okay.«

»Versprochen?«

»Versprochen.«

Ratternd kam der Zug vor uns zum Stehen. Mit einem lang gezogenen Quietschen öffneten sich die Türen im vorderen Abteil, heraus traten nur fünf Leute.

Ein letztes Mal die Wärme ihrer Umarmungen, ein letztes Mal der vertraute Geruch von Lavendel, Jasmin und Orangenblüten. Ich blinzelte, aber keine Chance: Meine Augen blieben trocken. Selbst als ich mit ihrer Hilfe den großen Koffer in den Zug hievte und mir einen Fensterplatz suchte, nachdem mir ein schlaksiger Kerl Mitte zwanzig geholfen hatte, ihn über den Sitzen zu verstauen. Oder als ich meine Nase an das angelaufene Fensterglas presste und jedes Detail aufsaugte. Speranza, klein und rundlich, mit Sorgenfalten auf der Stirn und nichts als Liebe im Blick. Noemi, schlank und zwei Köpfe größer, das sonst so ernste Gesicht von Wehmut weichgezeichnet. Ohne sich anzusehen, tasteten sie nach der Hand der anderen, während der Zug sich nach einer kurzen Durchsage in Bewegung setzte. Ihre ineinander verschlungenen Finger waren das Letzte, was ich sah, bevor das Grau des Bahnsteigs und die Farbtupfer ihrer bunten Winterjacken vor meinen Augen verwischten.

Ich lehnte mich im Sitz zurück und schlang die Arme um mich selbst. In meiner Tasche befand sich das Zugticket, das mein Onkel mir zukommen lassen hatte.

Mein Onkel, bei dem ich mir selbst jetzt noch nicht ganz sicher war, ob er wirklich existierte. Ich hatte bisher kein einziges Wort mit ihm gewechselt, obwohl sowohl ich als auch Noemi versucht hatten, ihn unter der Nummer zu erreichen, die der Notar uns hinterlassen hatte. Einmal hatten wir seine Sekretärin erwischt, die mir ihr herzliches Beileid aussprach und versicherte, dass mein Onkel sich sehr auf meine Ankunft in Venedig freute und mich am Bahnhof abholen würde.

Speranza und Noemi waren beide überrascht gewesen, dass ich mich widerstandslos dazu bereit erklärte, meinen Vater in Venedig zu beerdigen, doch sie hüteten sich, mir Zweifel einzureden. Die beiden wollten nur mein Bestes. Sie ahnten nicht, dass die Beerdigung die kleinste meiner Sorgen war. Ich hatte einen Plan. Er war nicht besonders durchdacht, doch er war meine einzige Chance.

Schritt eins: meinen Onkel zur Rede stellen und so viele Informationen wie möglich aus ihm herauspressen.

Schritt zwei: die Polizei aufsuchen und Neuigkeiten fordern.

Mein trüber Blick fiel auf das Schild vor mir - Venezia Santa Lucia -, während die Türen mit einem Ächzen aufsprangen. Mein Abteil war komplett verlassen, die Übriggebliebenen hatten eine Traube im Gang gebildet. Hastig sprang ich auf, schulterte meinen Rucksack und machte mich daran, den Koffer von der Gepäckablage zu ziehen. Erst als er mir um ein Haar mit voller Wucht auf den Kopf geknallt wäre, fiel mir ein, dass dies die Endstation war. Mit zusammengebissenen Zähnen startete ich einen zweiten, etwas weniger hektischen Versuch. Mein Gott, wie schwer konnten ein paar Klamotten sein?

»Kann ich dir helfen, bellina?«

Ohne meine Antwort abzuwarten, packte der Kerl von vorhin den Griff und beförderte den Koffer in den Gang. Er war gefühlt aus dem Nichts gekommen, trug nun eine ockerfarbene Schiebermütze und ein dunkles Jackett und grinste mich verschmitzt an.

»Danke«, brachte ich davor.

Er zog den Koffer bis zu den Türen, hob ihn auf die Plattform und reichte mir dann eine Hand, die ich etwas verdattert entgegennahm, um mich nach draußen ziehen zu lassen.

»Keine Ursache. Herzlich willkommen in der schönsten Stadt der Welt. Pass auf dich auf. Und besonders auf dein Zeug.« Mit diesen Worten zwinkerte er mir zu und verschwand im Getümmel.

Eine Weile konnte ich nur dastehen und ihm hinterherstarren, wobei ich von mehreren Passanten angerempelt wurde, die mich entweder mit ihren Blicken erdolchten oder mich beschimpften.

Die schönste Stadt der Welt.

Objektiv betrachtet war es wahrscheinlich ein Privileg, hier zu sein. All die Jahre hatte ich es mir gewünscht. Nur leider war es mir momentan vollkommen egal, an welchem Ort ich mich befand. Mein Zuhause war kein Ort. Diese Gewissheit war mit jedem Tag in mein Inneres gesickert, an dem ich in meiner gewohnten Umgebung aufgewacht war. Speranza und Noemi hatten bei mir übernachtet, und trotzdem war das Haus genau wie ich eine leere Hülle. Noch nie war mir aufgefallen, wie sehr sich Menschen in ihren Geräuschen unterschieden. Und in der Stimmung, die sie mit sich trugen und überall versprühten. Ich konnte so oft mit ihm reden, wie ich wollte, seine Atmosphäre konnte ich nicht heraufbeschwören. Mein Zuhause bestand aus einem dunkelbraunen Augenpaar und zwei Armen, die mich hielten, wenn alles auseinanderfiel.

»Die schönste Stadt der Welt«, murmelte ich vor mich hin und musterte die Umgebung. »Und davon wolltest du mich so lange fernhalten?«

Ich knöpfte meine gefütterte Jeansjacke auf, da es mir mit den zwei Pullovern darunter zu warm wurde.

Inzwischen bildeten alle Leute...
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Nena Tramountani, geboren 1995, liebt Kunst, Koffein und gute Geschichten. Am liebsten feilt sie in Cafés an ihren Romanen und hat dabei ihre Lieblingsplaylist im Ohr.