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You make my dreams

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
400 Seiten
Deutsch
Moon Noteserschienen am02.06.2022
Die 19-jährige Audrey will unbedingt Schauspielerin werden. Für ein Studium an der renommierten Juilliard School of Performing Arts war sie sogar bereit, ihr geliebtes Zuhause in Florida zu verlassen. Dabei hasst sie New York - schon deshalb, weil ihre Mutter hier lebt, die für ihre Karriere die Familie verlassen hat. Doch dann lernt Audrey den rätselhaften Bennett29 in dem anonymen Mailprogramm NewInYork kennen. Obwohl er anfangs fast abweisend ist, wird ihr Nachrichtenaustausch schnell intensiver. Und viel zu persönlich. Schon bald ist Audrey sich sicher, dass sie nicht die Einzige ist, die etwas verheimlicht ...

Gabriella Santos de Lima, geboren 1997 in São Paulo, studiert Kreatives Schreiben in Hildesheim und arbeitet nebenberuflich als Flugbegleiterin.
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Verfügbare Formate
BuchKartoniert, Paperback
EUR15,00
E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
EUR9,99

Produkt

KlappentextDie 19-jährige Audrey will unbedingt Schauspielerin werden. Für ein Studium an der renommierten Juilliard School of Performing Arts war sie sogar bereit, ihr geliebtes Zuhause in Florida zu verlassen. Dabei hasst sie New York - schon deshalb, weil ihre Mutter hier lebt, die für ihre Karriere die Familie verlassen hat. Doch dann lernt Audrey den rätselhaften Bennett29 in dem anonymen Mailprogramm NewInYork kennen. Obwohl er anfangs fast abweisend ist, wird ihr Nachrichtenaustausch schnell intensiver. Und viel zu persönlich. Schon bald ist Audrey sich sicher, dass sie nicht die Einzige ist, die etwas verheimlicht ...

Gabriella Santos de Lima, geboren 1997 in São Paulo, studiert Kreatives Schreiben in Hildesheim und arbeitet nebenberuflich als Flugbegleiterin.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783969810101
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2022
Erscheinungsdatum02.06.2022
Seiten400 Seiten
SpracheDeutsch
Artikel-Nr.8238543
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1 #Eternalsummer

And it feels so real from the outside looking in


Gefühlt zwei Leben davor

Sie starrten mich an.

Fünf Augenpaare.

Ohne ein einziges Mal zu blinzeln.

Die Profs wirkten wie Roboter, die alle zehn Sekunden mechanisch auf ihr Blatt kritzelten. Sie verzichteten auf wohlwollendes Lächeln, während mein Herz raste, meine Beine zitterten, meine Kehle trocken wurde und ich ganz einfach im Erdboden versinken wollte. In meinem Bauch brodelte radioaktive Panik, die Angst zu versagen, es herrschte meine ganz eigene Art von Weltuntergangsstimmung. Außerdem war mir übel. Kotzübel. Ich wollte weinen, wegrennen, einfach nicht mehr hier sein.

Nicht so. Nicht jetzt.

»Also schließen wir unsere Lider.« Elizabeth Feldman legte den Stift beiseite. »Das ist Ihre nächste Zeile.«

Neben ihr klappte Professor Baker seine Mappe zu, weil er mich schon während meines Shakespeare-Monologs aufgegeben hatte. Doch Feldman sah mich noch immer an, als wollte sie mir ein »Bringen Sie es einfach zu Ende« zuflüstern. Völlig egal, dass sie mich niemals zum Recall einladen würden.

Und vergessen Sie nicht, was auch immer heute passiert, Sie dürfen das tun, was Sie lieben: Sie dürfen spielen. Also spielen Sie, verflucht noch mal!

Der Schluss ihrer morgendlichen Begrüßungsrede hallte in mir wider, während sie mich weiterhin beobachteten. Jede meiner kleinsten Regungen, wie meine Stirn sich in Falten legte und der Kloß in meinem Hals anschwoll. Wenn man für diese Art Studiengang vorsprach, schlüpfte man in keine Rolle. Man musste sein wahres Ich entblößen, sich verletzlich zeigen und dabei am besten lässig, cool und nicht ganz so verzweifelt wirken. Aber mein wahres Ich war wenig bühnenwürdig, sondern eher trashiges Sitcom-Niveau. Trotzdem, ich konnte das.

Ich kann das, ich kann das, ich kann das.

Mein Mantra war heuchlerisch, weil ich es offensichtlich nicht konnte. Ich stand vor dem Dozentenstab der angesehensten Kunsthochschule der Welt. Und hatte meinen Text vergessen. Ein Anfängerinnenfehler, der mir noch nie passiert war. Doch ich hatte keine Zeit, mich damit aufzuhalten.

Ich konzentrierte mich auf das Monolog-Ende, auf Allegra, die wütend, traurig und verzweifelt zu ihrer Mutter sprach, kurz nachdem sie ihrem Vater »ICH HOFFE, DU STIRBST, DU SELBSTSÜCHTIGER BASTARD!« entgegengeschrien hatte.

»A-also schließen wir unsere Lider und schlafen, bis wir von verschiedenen, doch denselben Albträumen aufschrecken«, sagte ich und senkte den Kopf, um das Ende des Monologs zu unterstreichen.

»Vielen Dank.«

Knapp lächelnd nickte Feldman mich aus dem Saal. Mit meinen quietschenden Docs wandte ich mich in Richtung Tür, während auch die anderen Jurymitglieder ihre Notizbücher zuschlugen. Das dumpfe Geräusch klang in meinen Ohren nach einem erleichterten, und ich wusste, was sie da hingeschmiert hatten.

Summers, Audrey: Falsche Atmung, zu wenig »Spiel«, ausdruckslos und eindimensional.

Sobald ich den Saal verlassen hatte, begann ich zu beschleunigen. Schnell, nur weg. Ich rannte, damit meine Gedanken es nicht taten. Auf dem Weg zur Toilette stolperte ich fast über meine eigenen Füße und hielt den Blick nach unten gerichtet. Schuhe, Schrammen, seegrünes Linoleum. Ich musste einfach â¦ ja, keinen Plan, was ich musste. Ich wusste bloß, dass ich plötzlich gegen etwas Hartes stieß.

»Pass doch auf, Mann.«

Meine Schulter pochte, ich presste die Zähne vor Schmerz zusammen. Anschließend hob ich den Blick.

Sein Mund.

Es war das Erste, was mir an dem Typen auffiel. Seine Lippen waren voll, wobei sein Mund insgesamt einen Tick zu groß für sein Gesicht wirkte. Und zu der genervtesten Linie überhaupt zusammengepresst war. Kopfschüttelnd beugte er sich zu dem Handy hinunter, das ihm bei dem Zusammenstoß aus der Hand gefallen war.

»Boah, nein.« Sein britischer Akzent vibrierte. »Ich glaub s nicht.«

Wenn Blicke töten könnten, konnte seine unverschämt tiefe Stimme das definitiv auch. Ich sah in seine hasserfüllten Augen, ehe ich das Display inspizierte.

Scheiße.

Da war ein Riss. Fürchterlich schief, groß, unübersehbar.

»I-ich bezahle dir das.«

»Du bezahlst mir das?«

Aufgebrachte Fältchen gruben sich in seine Stirn, während er schnaubte. Dabei fühlte ich mich wie die dümmste Heuchlerin auf Erden, weil ich natürlich hoffte, dass er mein Angebot ausschlug. Irgendwie hatte ich tatsächlich Glück. Denn als sein Spider-Display aufleuchtete, blieb er wie hypnotisiert an der Uhrzeit hängen, machte Anstalten zu gehen und â¦ verharrte trotzdem kurz. Mit seinem Blick blieb er an mir hängen, die Lider bedrohlich geschlitzt. Ich hielt ihm stand, indem ich ihn ebenfalls musterte. Sein Haar war laubblätterrot, an den Seiten kurz geschoren und in der Mitte verwuschelt. Er war hochgewachsen, trug ein rundes Brillengestell und seinen Pullover hipstermodern durchlöchert. Er hatte was von einem mürrischen Helden, perfekt für undurchschaubare Indie-Streifen mit polarisierenden Kritiken.

Dann zuckte seine Halsschlagader.

»Halt die Augen doch nächstes Mal einfach offen. Wie wär s, Arabella, hm?«

Das war der Moment, in dem ich beschloss, ihn ein bisschen zu hassen. Wie wär s, Arabella, hm? Wie konnte man einen Satz so vornehm und angepisst zugleich aussprechen? Als wäre ich absichtlich gegen ihn gerannt. Als wäre ihm das noch nie passiert. Als hätte ich es ihm erlaubt, mein Arctic-Monkeys-Shirt anzusprechen.

Arschloch.

Wenigstens ging er endlich weiter, obwohl hechten besser gepasst hätte. Schließlich kämpfte er sich manisch durchs Gewusel, vielleicht sprach er auch vor und war spät dran. Ich hingegen stolperte in Richtung Toiletten, riss die Tür auf und hielt bei meinem Anblick im Spiegel inne.

Meine Augen waren glasig.

Hastig öffnete ich eine Kabine, ließ mich auf den Klodeckel sinken und umarmte mich selbst. Läge mein Jutebeutel nicht im Spind, hätte ich nach meinem Handy gegriffen. Ich hätte Moms drängende WhatsApps ignoriert und stattdessen den Chat mit Elle geöffnet. Ich hätte überlegt, ihr eine Sprachnachricht zu schicken, und sie wahrscheinlich sogar aufgenommen. Ich hätte gesagt: »Hi, Elle, sorry für den folgenden Rant, aber ich habe mein ganzes Leben einfach verkackt. Seitdem wir nicht mehr reden, ist zu viel passiert, und ich lebe zur Untermiete bei einer Influencerin, die ihren Follower*innen weismacht, sie würde ein perfektes Leben in Manhattan führen. Dass wir unseren Abschluss gemacht haben, ist über ein Jahr her, aber ich bekomme nur Rollen in Laientheatern, die niemanden interessieren, und jetzt habe ich das Vorsprechen an der Juilliard komplett verhauen. So sehr, dass sie mich nicht mal dazu aufgefordert haben, einen Song zu singen, was ja schon alles sagt. Mal ganz davon abgesehen, dass ich das Monologende einfach vergessen habe. Und wenn wir schon reden, ganz ehrlich? Ich vermisse dich so sehr, du hast keine Ahnung. Wenn ich deine Texte lese, weine ich die Nacht so laut durch, dass Heather mir am nächsten Morgen immer ihre PR-Augencreme anbietet.«

Aber ich hatte mein iPhone nicht zur Hand, und wenn doch, hätte ich die Nachricht sowieso in den Papierkorb befördert. Während ich der vergilbten Decke entgegenblinzelte, umarmte ich mich eine Spur fester. Ich war neunzehn Jahre alt, mein Bauch knurrte, meine beste Freundin war unerreichbar, und ich wusste ganz genau, was Einsamkeit war. Großartig, oder?

Ich wollte Mut sammeln, mein Toilettenversteck verlassen und Milad in einer Nachricht beichten, dass ich es vermasselt hatte. Vielleicht konnte ich mir danach ja einreden, dass es doch nur um die Erfahrung gehe, was natürlich wahr und gelogen zugleich war. Doch genau dann hörte ich jemanden kreischen.

»ICH HOFFE, DU STIRBST, DU SELBSTSÜCHTIGER BASTARD! ICH HOFFE â¦« Ein tiefes Durchatmen. »Scheiße!«

Als ein heftiges Schluchzen ertönte, trat ich instinktiv aus der Kabine.

»Das war voll gut«, sagte ich.

Ein fremdes Mädchen starrte mich aus riesigen Pupillen an. Ihre Wangen wirkten gerötet, das Haar trug sie in einem strengen Knoten, dazu Shirt und Boots, kombiniert mit einer Anzughose. Clevere Kleidungswahl, artsy und seriös zugleich, um zu zeigen, wie sehr sie in die Künstlersekte passte, doch auch, wie wichtig ihr dieser Tag war.

»Voll gut? Wen willst du verarschen? Das war schlecht. Nein, grottig. Zu laut, aufgesetzt und alles. Nimm s mir nicht übel, aber ich bin gegen Lügen allergisch.«

Ich wollte erwidern, dass sie übertrieb, denn so übel war es auch nicht gewesen, aber es hätte nichts gebracht. Sie war kurz vorm Durchdrehen.

»Es ist gar nicht so schlimm da drin.«

Vorausgesetzt, man kriegt es hin, sich an seinen Text zu erinnern.

»Du warst schon dran?«

»Yes.«

»Und?«

Ich zuckte die Achseln.

»Oh«, flüsterte sie, weil mein Gesicht wahrscheinlich alles sagte, weil ich eine miserable Schauspielerin auf der Bühne und eine miserable Schauspielerin im echten Leben war.

»Ich hab auch Allegra vorbereitet.« Ich versuchte mich an einem Lächeln, weil Small Talk bei Aufregung half. Tipp Nummer neun vom Podcast How To Get Into Drama School.

»Welchen Monolog?«

»Alle wichtigen.«

»Äh, wir müssen nur zwei in Versform und zwei Contemporary-Stücke mitbringen. Das wusstest du,...
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