Hugendubel.info - Die B2B Online-Buchhandlung 

Merkliste
Die Merkliste ist leer.
Bitte warten - die Druckansicht der Seite wird vorbereitet.
Der Druckdialog öffnet sich, sobald die Seite vollständig geladen wurde.
Sollte die Druckvorschau unvollständig sein, bitte schliessen und "Erneut drucken" wählen.

Die Hüter von Gonelore

E-BookEPUBePub WasserzeichenE-Book
384 Seiten
Deutsch
Penguin Random Houseerschienen am12.05.2014
Das geheimnisvolle Reich Gonelore wird Nacht für Nacht von Dämonen bedroht. Die Mitglieder der Bruderschaft bewachen in ihren Grenzfestungen das Reich, denn sie sind die Einzigen, die in der Lage sind, die Dämonen zu sehen und wieder hinter den magischen Schleier, der die Welten trennt, zu verbannen. Als sich die Angriffe der Ungeheuer häufen, wird schnell klar, dass es einen Verräter innerhalb der Bruder schaft geben muss. Und dann ist da noch Jona, der Meisterschüler der Bruderschaft, der die Gabe besitzt, mit den Dämonen zu kommunizieren ...

Pierre Grimbert, 1970 in Lille geboren, arbeitete einige Zeit als Bibliothekar, bevor er in Bordeaux Buchwissenschaften und Publizistik studierte. Die 'Magier'-Saga wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem 'Prix Ozone' als bester französischer Fantasy-Roman. Der Autor lebt im Norden Frankreichs.
mehr

Produkt

KlappentextDas geheimnisvolle Reich Gonelore wird Nacht für Nacht von Dämonen bedroht. Die Mitglieder der Bruderschaft bewachen in ihren Grenzfestungen das Reich, denn sie sind die Einzigen, die in der Lage sind, die Dämonen zu sehen und wieder hinter den magischen Schleier, der die Welten trennt, zu verbannen. Als sich die Angriffe der Ungeheuer häufen, wird schnell klar, dass es einen Verräter innerhalb der Bruder schaft geben muss. Und dann ist da noch Jona, der Meisterschüler der Bruderschaft, der die Gabe besitzt, mit den Dämonen zu kommunizieren ...

Pierre Grimbert, 1970 in Lille geboren, arbeitete einige Zeit als Bibliothekar, bevor er in Bordeaux Buchwissenschaften und Publizistik studierte. Die 'Magier'-Saga wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem 'Prix Ozone' als bester französischer Fantasy-Roman. Der Autor lebt im Norden Frankreichs.
Details
Weitere ISBN/GTIN9783641139247
ProduktartE-Book
EinbandartE-Book
FormatEPUB
Format HinweisePub Wasserzeichen
FormatE101
Erscheinungsjahr2014
Erscheinungsdatum12.05.2014
Reihen-Nr.1
Seiten384 Seiten
SpracheDeutsch
Dateigrösse2265 Kbytes
Artikel-Nr.1382419
Rubriken
Genre9200

Inhalt/Kritik

Leseprobe


1

Behutsam legte die junge Frau ihre flache Hand in den Abdruck. Die beiden Umrisse unterschieden sich deutlich voneinander. Selbst wenn sie die Finger spreizte, berührte sie die Ränder nicht. Dasselbe galt für seine Tiefe: Gut daumenlang hatte er sich in die gefrorene, steinharte Erde hineingebohrt. Welche riesige Kreatur konnte eine solche Spur hinterlassen haben, ausgerechnet hier, in dieser sonst so beschaulichen Gegend? Und noch wichtiger: Wo trieb sich dieses Ungeheuer jetzt herum?

Der Fährtenleserin lief ein Schauer über den Rücken. Hastig zog sie die Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt. Sogleich zwang sie sich zu einer würdigen Haltung, schließlich verfolgte ein Dutzend Augenpaare jede ihrer Bewegungen aufmerksam. Doch zu spät: Der kritischste Beobachter runzelte die Stirn.

»Und, Sohia?«, fragte er. »Was sagt uns die Spur?«

Sie holte tief Luft. Dadurch gewann sie ein wenig Zeit, um ihre Gedanken zu ordnen und die beste Einschätzung zu formulieren, denn obwohl ihnen womöglich akute Gefahr drohte, nutzte ihr Lehrmeister die Gelegenheit, um sie auf die Probe zu stellen. Wie schon seit über einem Jahrzehnt und damit länger als die Hälfte ihres Lebens.

»Der Abdruck ist von gestern Abend«, begann sie, »oder aus den frühen Nachtstunden. Auf jeden Fall wurde er vor Tagesanbruch hier hinterlassen. Sonst wäre er nicht mit so viel Raureif bedeckt.«

»Vor Tagesanbruch, schön und gut, aber wann genau?«, wollte ihr Lehrer wissen. »Vor drei Tagen, einem Monat, einem Jahr?«

»Das kann nicht länger als zwei Tage her sein«, erwiderte Sohia. »Die Ränder des Abdrucks sind noch klar erkennbar, und das wäre nicht der Fall, wenn er lange Zeit Wind und Regen ausgesetzt gewesen wäre.«

»Aber wir befinden uns an einem Berghang«, entgegnete der Alte, »und hier hat es womöglich schon länger nicht mehr geregnet. Das können wir nicht mit Sicherheit sagen. Der Abdruck blieb vielleicht wochenlang erhalten, weil er gefroren ist.«

»Das ist möglich«, gab die junge Frau zu, »aber dann wäre er von einer dünnen Eisschicht überzogen. So wie die Pfütze da drüben.«

Als ihr Lehrer nickte, unterdrückte sie einen Seufzer der Erleichterung. Sie hatte keine Angst davor, sich zu irren, aber sie wollte dem Mann, der ihr alles beigebracht hatte, keine Schande machen. Ermutigt ließ sie abermals den Blick schweifen. Sie waren umringt von Tälern und mehr oder weniger verschneiten Gipfeln. Es gab nur wenige Spuren menschlichen Lebens. Auf einmal kam es ihr geradezu unwirklich vor, dass sie überhaupt hier waren, sie, ihr Lehrer, die zehn Kinder, die in den Planwagen warteten, und die drei Dorfbewohner, die tapfer genug gewesen waren, sie in dieses unwegsame Gebiet zu führen.

»Es ist der einzige Abdruck, den wir finden konnten«, fuhr Sohia fort, »dabei müsste es in so einem Boden weitere geben. Also gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens könnte es sich um einen schlechten Scherz handeln.«

Bei diesen Worten drehte sie sich zu den Dorfbewohnern um und musterte sie argwöhnisch. Ihr Lehrmeister tat es ihr gleich, nur dass sein Blick noch drohender war.

Zwei Hirten schüttelten heftig die Köpfe und schlugen die Augen nieder. Der dritte, der kühner und vorlauter war als seine Nachbarn, trat einen Schritt vor und fuchtelte nervös mit seiner Lanze herum.

»Ein Scherz!«, rief er empört. »Allein in der vergangenen Woche hab ich vier Tiere verloren. Glaubt Ihr, ich finde das lustig? Im ganzen Tal wurden mindestens fünfzig Lämmer von dem Ungeheuer gefressen. Denkt Ihr etwa, das macht uns Spaß?«

»Beruhigt Euch«, brummte der Alte. »Ihr müsst verstehen, dass wir einen weiten Umweg gemacht haben, um Euch zu Hilfe zu kommen. Und das, obwohl wir Kinder dabeihaben. Und Ihr konntet uns kein einziges gerissenes Lamm zeigen.«

»Wie denn auch?«, brüllte der Mann zornig. »Wo der Dämon sie doch verschwinden lä…«

»Beruhigt Euch!«

Diesmal war der Ton gebieterischer. Die junge Frau zuckte zusammen. Ihr Lehrer hob nicht allzu oft die Stimme, aber wenn er es tat, verschlug es den größten Draufgängern die Sprache. Er gehörte zur alten Generation der Weltwanderer und hatte seine Ausbildung vor über vier Jahrzehnten durchlaufen, und so strahlte er die Würde der alten Garde aus. Jeder spürte das. Selbst ein tölpelhafter Hirte aus einem gottverlassenen Tal, dessen Namen sie längst vergessen hatte.

»Weiter, Sohia. Was ist die zweite Möglichkeit?«

Sie wartete kurz ab, um sich zu vergewissern, dass der Hirte seinen vorlauten Mund hielt. Dann fuhr sie fort: »Die andere Schlussfolgerung, und die Einzige, die noch übrig bleibt, ist, dass wir es mit einer fliegenden Kreatur zu tun haben. Sie hat nur einen einzigen Abdruck hinterlassen, weil sie hier nur kurz aufgesetzt und sich gleich wieder in die Luft geschwungen hat. Das würde auch erklären, wieso die Tiere in dieser Gegend so rasch verschwinden und warum man ihre Kadaver nicht findet.«

»Und was würde eine solche Kreatur dazu veranlassen, an dieser Stelle einen Halt einzulegen?«

Die junge Frau sah sich erneut um und ging ein paar Schritte bergauf. Ihre Befürchtung bestätigte sich, und ihr Magen schnürte sich vor Schreck zusammen.

»Blut«, sagte sie und wies auf den Boden. »Nur wenig, aber es ist eindeutig Blut.«

Sie kehrte zu dem Abdruck zurück und untersuchte das Gelände darum herum, während ihr Lehrer und der vorwitzige Hirte die Blutspur betrachteten. Kurz darauf fand sie ein weiteres Indiz, das ihre Theorie belegte, und zwar auf einem Granitfelsen, der ihr bis zu den Schultern reichte.

»Ein zweiter Abdruck«, rief sie. »Er stammt von einem anderen Fuß desselben Wesens.«

Bei diesen Worten erbleichte sie. Die Krallen des Wesens, was auch immer es war, hatten so tiefe Spuren im Stein hinterlassen, dass ein Mensch einen halben Finger hineinstecken konnte. Und dabei hatte sich die Kreatur hier nur kurz mit dem Fuß abgedrückt. Sicher hätte es den ganzen mannshohen Felsbrocken hochheben können, wenn es gewollt hätte.

Als sie sich zum Rest der Gruppe umwandte, sah sie, dass die anderen ebenso entsetzte Gesichter machten wie sie selbst. Die Kinder verpassten kein Wort der Unterhaltung, auch wenn es ihnen strengstens verboten war, von den beiden Planwagen herunterzusteigen. Ein paar spuckten große Töne, aber Sohia hörte die Angst aus ihrem schrillen Kichern heraus. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie sie sich fühlten.

Die Hirten rangen um Fassung. Ihre Blicke huschten zwischen den beiden Abdrücken hin und her. Vermutlich stellten sie sich den riesigen Körper der Kreatur vor, die ihre Schafe stahl. Jetzt schien es, als wären sie jederzeit bereit, der Bestie ihre gesamte Herde zu überlassen und in ein anderes Tal zu fliehen. Selbst dem vorlauten Kerl hatte es die Sprache verschlagen. Er stand reglos vor den gefrorenen Blutstropfen, als warte er auf ein Wunder.

Nur der Alte blieb ungerührt. Allerdings hatte sich auf seiner Stirn eine tiefe Furche gebildet, die die junge Frau noch nie zuvor gesehen hatte. Stumm lief er mehrere Male zwischen den beiden Abdrücken hin und her und blieb dann neben seiner Schülerin stehen. Sohia begriff, dass die Zeit der Lektionen und Ratespiele vorbei war, und dieser Gedanke war äußerst beunruhigend.

»Das Wesen kam mit einem Lamm in den Klauen angeflogen«, erklärte er. »Es landete kurz, um seine Beute zu töten. Kurz bevor es den Boden berührte, ließ es das Tier los, biss ihm den Hals durch und hob gleich wieder ab. Das alles hat nur einen Augenblick gedauert.«

Sohia nickte. Sie war zu demselben Schluss gelangt. Die Bestätigung ihres Lehrers beruhigte sie allerdings nicht. Sie hatte keinerlei Erfahrung mit so mächtigen Wesen, und schlimmer noch: Bisher hatte sie nur in einem zweihundert Jahre alten Buch von deren Existenz gelesen!

»Wisst Ihr … Wisst Ihr, was das für eine Kreatur ist?«

»Eine Chimäre«, antwortete der Meister. »Das ist klar, da die Hirten die Bestie nicht gesehen haben. Sie hat nur wenige Spuren hinterlassen. Sie taucht auf, schlägt ihre Beute und verschwindet gleich wieder.«

»Ja, natürlich, aber … welche Art von Chimäre?«

Der Alte zögerte kurz. Das verhieß nichts Gutes.

»Ein Kokatrus«, sagte er schließlich. »Wenn wir Glück haben. Oder aber ein Drakonid.«

Sohia nickte, doch sie war noch blasser geworden. Diese Namen kannte sie nur aus alten Manuskripten, die sie während ihrer Ausbildung studiert hatte, und hin und wieder hatte ein ergrauter Lehrer sie erwähnt. Solche Bestien waren ihres Wissens höchst selten, jedenfalls auf der Erde. Schon seit mehreren Jahrzehnten war keine mehr gesehen worden. Sie bezweifelte sehr, dass ihr eigener Lehrmeister schon einmal eine gesehen hatte, aber sie fragte ihn lieber nicht danach. Zum einen hatte sie viel zu großen Respekt vor ihm, zum anderen wollte sie unbedingt weiterhin glauben, dass er die Lage im Griff hatte.

»Nimm dein Prisma«, sagte er. »Such die Umgebung ab und konzentrier dich auf Berghänge und Felsvorsprünge.«

Die junge Frau gehorchte, auch wenn sie bei dem Gedanken, dass sie die Chimäre finden könnten, eine Gänsehaut bekam. Sie öffnete eine Tasche des Bandeliers, das sie quer über der Brust trug, und holte eine Art Edelstein hervor. Er sah aus wie ein kostbares Monokel und bestand aus einer dicken, geschliffenen Linse, die in einen prächtig verzierten Ring aus edlem Metall eingefasst war. Es war zweifellos Sohias wertvollster Besitz und ein Zeichen ihrer Zugehörigkeit zur Bruderschaft der Weltwanderer.

Nach kurzem Zaudern schloss sie die...

mehr

Autor

Pierre Grimbert, 1970 in Lille geboren, arbeitete einige Zeit als Bibliothekar, bevor er in Bordeaux Buchwissenschaften und Publizistik studierte. Die "Magier"-Saga wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem "Prix Ozone" als bester französischer Fantasy-Roman. Der Autor lebt im Norden Frankreichs.